# taz.de -- Erste Klimaschutzregelung auf hoher See: Klimapiraten drehen bei | |
> Die UN-Schiffsorganisation IMO will CO2-Emissionen bis 2050 halbieren. | |
> Jahrzehntelang hatte sie sich gegen so eine Regelung gewehrt. | |
Bild: Auch Containerschiffe müssen sich künftig abgasmäßig zusammenreißen | |
Berlin taz | Das Ende einer Odyssee: 21 Jahre lang hat sich die | |
UN-Organisation für die Schifffahrt IMO geweigert, den Ausstoß von | |
Treibhausgasen zu begrenzen. Nun hat die IMO-Versammlung von über 170 | |
Staaten in London beschlossen, die CO2-Emissionen des Seeverkehrs bis 2050 | |
um mindestens die Hälfte gegenüber 2008 zu reduzieren. Bis zum Jahr 2023 | |
sollen dazu Maßnahmen gefunden werden. | |
Damit hat nach der Luftfahrtorganisation ICAO nun auch der letzte | |
Gesetzlose der internationalen Klimapolitik seinen Widerstand gegen | |
Grenzwerte aufgegeben. Fast alle Staaten und alle Branchen sind damit nun | |
zum Klimaschutz verpflichtet. | |
Der Beschluss der IMO sei „ein Kompromiss, der nicht alle zufriedenstellt, | |
aber alle an Bord behält“, sagte IMO-Generalsekretär Kitack Lim. Eine | |
Klimaallianz unter anderem von EU und Marshall Islands hatte dafür | |
plädiert, die Emissionen bis 2050 um 70 bis 100 Prozent zu verringern. | |
Damit soll das Ziel aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz eingehalten | |
werden, die Erwärmung der Erde möglichst bei 1,5 Grad Celsius bis 2100 zu | |
stoppen. Der 50-Prozent-Kompromiss reiche aber nur für 2 Grad, kritisierten | |
Umweltgruppen. | |
## „Fairer Deal“ | |
Auch der Umweltminister der Marshall Islands, David Paul, hatte mehr | |
erhofft, zeigte sich aber mit dem „fairen Deal“ zufrieden. „Mit dieser | |
Obergrenze kann die Schifffahrt nachhaltig weiterwachsen.“ | |
Eine schärfere und schnellere Reglementierung war am Widerstand wichtiger | |
Staaten gescheitert. Vor allem die USA, Saudi-Arabien und Brasilien wehrten | |
sich nach Angaben von Teilnehmern anfangs gegen eine Obergrenze. Manche | |
Länder fürchten um ihre Ausfuhren, wenn Schiffstransporte teurer werden. | |
Reedereien und die Industrieländergruppe OECD dagegen hatten für Regeln | |
geworben, um langfristig Planungssicherheit zu haben. Eine OECD-Studie fand | |
außerdem, dass Seetransport auch mit CO2-freiem Antrieb, effizienteren | |
Schiffen und besserer Planung schon bis 2035 möglich sei. Die Regelung | |
jetzt bedeute, dass ab 2030 die meisten neuen Meeresschiffe mit Antrieb aus | |
erneuerbarem Treibstoff gebaut würden, hieß es. | |
## So viel Klimagase wie Deutschland | |
Der Seeverkehr wickelt über etwa 50.000 Schiffe 80 Prozent des weltweiten | |
Handels ab. Dafür verursacht er knapp 3 Prozent der weltweiten | |
CO2-Emissionen, etwa so viel wie Deutschland. Ohne Begrenzung könnte dieser | |
Anteil bis 2050 bis auf 17 Prozent der weltweiten Emissionen steigen, | |
warnen Experten. Der internationale Verkehr auf See und in der Luft war | |
sowohl 1997 im Kioto-Protokoll als auch 2015 im Pariser Abkommen von einer | |
Regelung ausgenommen worden. | |
Für den Fall eines unzureichenden CO2-Ziels bei der IMO hatte die EU | |
gedroht, den Schiffsverkehr in den Emissionshandel aufzunehmen. Mit dem | |
Kompromiss habe sich die IMO nun „Zeit gekauft“, sagte der grüne | |
Europa-Abgeordnete Bas Eickhout der taz. „Das ist ein großer Schritt für | |
die IMO. Jetzt müssen sie zeigen, dass sie möglichst schnell konkrete | |
Maßnahmen ergreift.“ | |
13 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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