# taz.de -- Kulturpolitik in Berlin: Alte Münze wird aufpoliert | |
> Bis vor Kurzem stritten sich Berlins Kreative noch um die Alte Münze in | |
> Mitte. Nun soll es mehr Transparenz und Partizipation geben. | |
Bild: Von außen repräsentativ. von innen funktional: Die Alte Münze am Molke… | |
Sie ist eine der letzten großen Perlen, die das arme Berlin beim großen | |
Ausverkauf in den nuller Jahren nicht geschafft hat zu verschachern: | |
Insofern war es vielleicht nicht allzu verwunderlich, dass letzten Winter | |
eine Art Kreativkampf um die Alte Münze am Molkenmarkt in Mitte entbrannte. | |
Sollte dort mit Mitteln des Bundes unter Federführung des ehemaligen | |
Kulturstaatsministers Tim Renner (SPD) und Trompeters Till Brönner ein | |
„House of Jazz“ entstehen? Oder vielleicht doch lieber ein „Haus of | |
Berlin“, eine Zusammenarbeit der Riversidestudios mit den derzeitigen | |
Zwischennutzern, den Spreewerkstätten, die das Haus seit 2013 erschließen? | |
Auch wenn nach wie vor unklar ist, was mit der Alten Münze geschehen soll: | |
Aus einem prominent besetzten Podium am Mittwochmittag ging hervor, dass | |
nun zumindest Schluss ist mit dem Gemauschel um das heiß begehrte Objekt. | |
Ab sofort wird es partizipativer und transparenter zugehen, hieß es vor | |
allem von Seiten der Koalition der Freien Szene, die bereits Mitte Juni | |
eine AG zum Thema gegründet und nun auch dieses Podium initiiert hat. | |
Selbst Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der noch kurz zuvor auf dem | |
Podium gesagt hatte, auch er würde in der Alten Münze einen Standort für | |
die zeitgenössischen Musik präferieren, gab zu: Anders als seine Bezirke | |
ist die Stadt Berlin in puncto Beteiligungsverfahren kein Experte. Gut | |
möglich also, dass die Alte Münze zu einer Art Vorzeigeprojekt der Stadt | |
werden wird, in dem am Ende alle Sparten ihren Ort erhalten. | |
## Alte Münze wird Kulturstandort | |
Greifbarer in seinen Konsequenzen ist aber noch, was am Ende des Podiums | |
Klaus Lederer und Regina Kittler, kulturpolitische Sprecherin der Linken im | |
Abgeordnetenhaus, dem Publikum versprachen: Egal ob „House of Jazz“ oder | |
„Haus of Berlin“ – es wird eine Absichtserklärung des Senats geben. Die | |
Alte Münze, 1935 von den Nazis erbaut und bis zum Jahreswechsel 2005/06 | |
Produktionsstätte für Münzen, soll Kulturstandort werden. Und zwar nicht | |
nur Standort für kommerziell erfolgreiche Kultur, die sich die Mieten an | |
diesem zentralen Standort aus eigener Tasche wird leisten können. Sondern | |
auch für solche Kultur, mit der die Spreewerkstätten die Alte Münze bereits | |
seit vier Jahren bespielen. | |
Wer die Alte Münze noch nicht kennt, dem sei ein Besuch des Gebäudes, | |
dessen Gelände öffentlich zugänglich ist, ans Herz gelegt. Was von außen | |
klassizistisch wirkt, entpuppt sich von ihnen als klobige, aber funktionale | |
und darum moderne Stahlbeton-Architektur. Eine Besonderheit ist die | |
Unterkellerung des gesamten Geländes auch unterm Hof – insofern leuchtet | |
hier sofort ein, was Denkmalschützer oft betonen: Kultur kann schwierige | |
Gebäude oft eleganter bespielen, weil sie nichts zerschneidet, sich eher | |
mit Vorgefundenem auseinandersetzt, als es zu verkleistern. | |
Sehr schön machen das die bereits erwähnten Zwischennutzer vor, die | |
Spreewerkstätten, die auch derzeit im Haus wechselnde Ausstellungen und | |
Events organisieren sowie Ateliers vermieten. Da gibt es Räume, in denen | |
Waschbecken zu Deckenlampen umfunktioniert wurden, der wuchtige | |
Treppenaufgang, der erhaben geplant war und an der Enge scheiterte, wird | |
nun mit einer TV-Ecke samt Couch kommentiert. | |
Man darf nun also hoffen, dass wenigstens teilweise in diesem Sinne die | |
Alte Münze weiter genutzt werden wird – auch nach der Sanierung, die | |
derzeit auf mindestens 30 Millionen Euro veranschlagt ist. Und von der noch | |
niemand weiß, wer sie zahlen wird. | |
23 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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