# taz.de -- Koalition der Freien Szene: Gründer geht: Wenn die Möglichkeit zu… | |
> Die Koalition der Freien Szene verliert ihren Mitgründer Christophe | |
> Knoch. Der ist nach sechs Jahren Arbeit vor allem frustriert von der | |
> Landespolitik. | |
Bild: Hier sollen, immerhin, 450 Ateliers entstehen: Das ehemalige Gebäude der… | |
Einer geht, doch der Kampf bleibt erhalten. So wirkt der Geist der | |
Pressekonferenz, zu der die Koalition der Freien Szene am Donnerstag | |
eingeladen hat. Denn es ist sicher kein Zufall, dass der Abschied ihres | |
Sprechers Christophe Knoch mit einer Bilanz der vergangenen sechs Jahre | |
Koalitionsarbeit verbunden wird. | |
Knoch hatte 2012 die Koalition der Freien Szene und ihren | |
Sprecher*innenkreis mitbegründet. Nun steht er hinter dem Rednerpult und | |
balanciert zwischen Motivation und Resignation. Einerseits geht die Arbeit | |
der Koalition weiter. Andererseits hatte seine Nachfolgerin Bettina Bohle | |
bei der Begrüßung erklärt, Knoch gehe nicht aus zeitlichen oder | |
persönlichen Gründen. Grund sei vielmehr die „nicht zufriedenstellende“ | |
Situation der Berliner Kulturszene. | |
So versucht Knoch es zunächst mit einem positiven Rückblick. Die Koalition | |
habe verschiedene Kunstsparten hinter einem Ziel vereint. Vor allem aber | |
gegenüber der Politik habe man sich stärker positionieren können. Die freie | |
Kunstszene sei kein chaotischer Haufen, der einfach mehr Geld fordert oder | |
lamentiert, die Politik verstehe sie nicht. Stattdessen habe die Koalition | |
konkrete Forderungen erarbeitet und dem Parlament vorlegen können. | |
Doch dann kommt der Satz, der die aktuelle Lage beschreibt, die ihn nun zum | |
Rücktritt bewegt: „Der Freien Szene geht es schlechter als noch vor einigen | |
Jahren“. Immer noch gingen weniger als fünf Prozent des Kulturetats in die | |
Freie Szene, in der jedoch 95 Prozent der Künstler*innen der Stadt tätig | |
seien. | |
## Atelierszene leidet unter den Mieten | |
Ihm sei bewusst, dass der Kulturhaushalt in den vergangenen Jahren | |
gestiegen sei, sagt Knoch im anschließenden Gespräch mit der taz. Doch all | |
die Jubelei über Haushaltserhöhungen basiere auf absoluten Zahlen. Es fehle | |
der Kontext: die Verdrängung von Ateliers durch dramatische Mietsteigerung | |
zum Beispiel. | |
Berlin dürfe nicht in die dieselbe Falle tappen wie Paris, London oder New | |
York, einst die Herzen der Kunstszene und mittlerweile für viele | |
Künstler*innen unbezahlbar. Das Tolle an der Kunst sei doch gerade, dass | |
sie die Möglichkeit des Scheiterns biete. In einem „mörderischen System“, | |
dass wirtschaftlich keinen Fehltritt verzeihe, sei so etwas nicht mehr | |
möglich. | |
Vor fünfzehn Jahren, so erinnert sich Knoch, habe er noch mit 600 Euro im | |
Monat leben können: 100 für die Wohnung, 100 für das Atelier und 400 zum | |
Leben. So eine Summe hätte er innerhalb einer Woche durch Nebenjobs | |
erarbeitet, die restliche Zeit war für die Kunst. Heute bräuchte er das | |
dreifache, mit 600 Euro zahle man gerade einmal Miete. „Wo bleibt da die | |
Zeit für künstlerische Arbeit? Wo bleibt die Möglichkeit zu Scheitern?“ | |
12 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniel Stoecker | |
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