| # taz.de -- Geldpolitik der Europäischen Zentralbank: Umstrittener Anti-Krisen… | |
| > Gegen die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank gibt es Bedenken – | |
| > vor allem in Deutschland. Jetzt meldet auch das Verfassungsgericht | |
| > Zweifel an. | |
| Bild: Die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main, deren Kurs nicht… | |
| FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht hat erhebliche Zweifel, ob das | |
| Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank mit EU-Recht vereinbar | |
| ist. Es könnte sich um verdeckte Staatsfinanzierung und unerlaubte | |
| Wirtschaftspolitik handeln. Deshalb legte Karlsruhe jetzt vier Verfahren | |
| dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Dieser soll im Eilverfahren | |
| entscheiden. | |
| Seit März 2015 kauft das Eurosystem, zu dem die Zentralbanken aller | |
| Euroländer gehören, Staatsanleihen in gewaltigen Mengen auf. Papiere im | |
| Wert von 1,5 Billionen Euro haben die Zentralbanken bereits aufgekauft, das | |
| entspricht dem fünffachen Volumen des deutschen Bundeshaushalts. | |
| Dabei kauft die EZB nur zehn Prozent der Summe, neunzig Prozent kaufen die | |
| Bundesbank und ihre Schwesterbanken in anderen EU-Staaten. Jede Zentralbank | |
| kauft nur Papiere des eigenen Staates. Die Zentralbanken können bis zu | |
| einem Drittel der Staatsanleihen auf dem Markt aufkaufen. | |
| Das Programm nennt sich PSPP (Public Sector Purchase Programme) und dient | |
| laut EZB allein geldpolitischen Zielen. Angestrebt wird eine Erhöhung der | |
| Inflation auf knapp 2 Prozent. Der Ankauf von Staatsanleihen durch das | |
| Eurosystem sorge dafür, dass Banken liquide sind und verstärkt Kredite an | |
| Unternehmen und an Privatleute geben. Dies fördere die Konjunktur und führe | |
| zu einem Anstieg der Preise. Eine für die Wirtschaft schädliche Deflation | |
| könne so vermieden werden. | |
| Gegen dieses Programm haben bekannte Euro-Skeptiker Verfassungsbeschwerde | |
| erhoben, unter anderem der Ex-CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler und | |
| AfD-Gründer Bernd Lucke. Sie gehen davon aus, dass die EZB hier rechtliche | |
| Grenzen verletzt. Im ersten Schritt haben sie Erfolg, denn das | |
| Bundesverfassungsgericht folgt ihrer Argumentation ansatzweise. Es hat | |
| jetzt die Verfahren ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt. | |
| Die Richter äußern „Zweifel“, ob das PSPP-Programm mit dem in den | |
| EU-Verträgen enthaltenen Verbot der Haushaltsfinanzierung durch | |
| Zentralbanken vereinbar ist. Das Eurosystem gebe zwar keine rechtliche | |
| Gewissheit, dass es Anleihen aufkauft, aber eine „faktische Gewissheit“. Es | |
| sei auch nicht möglich, zu kontrollieren, ob die Zentralbanken wirklich | |
| eine ausreichende Sperrfrist abwarten, bis sich Marktpreise bilden, denn | |
| die Sperrfrist ist geheim. Das Bundesverfassungsgericht will dies zumindest | |
| im Nachhinein kontrollieren können. | |
| Es gebe außerdem, so die Richter, „gewichtige Anhaltspunkte“ dafür, dass | |
| die EZB ihr Mandat überschritten hat. Es spreche viel dafür, dass die EZB | |
| die geldpolitischen Ziele nur vorschiebe und „überwiegend“ | |
| Wirtschaftspolitik betreibe. Der Aufkauf von Staatsanleihen ermögliche den | |
| EU-Staaten eine günstige Refinanzierung und den privaten Banken, sich von | |
| risikoreichen Staatspapieren zu trennen. „Dies verbessert die | |
| wirtschaftliche Situation der Banken erheblich“, heißt es dazu in dem | |
| Karlsruher Beschluss. | |
| Damit hat Karlsruhe zum zweiten Mal einen Fall dem EuGH vorgelegt. Auch bei | |
| dem ersten Mal im Jahr 2014 ging es um die EZB. Wenn die jetzige Antwort | |
| vorliegt, wird es in Karlsruhe vermutlich eine mündliche Verhandlung geben. | |
| Die Verfassungsrichter wollen die Antwort des EuGH übernehmen, es sei denn, | |
| sie halten diese für „willkürlich“. | |
| 15 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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