Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lärmmessungen bei Autos: Laute(r) Tricks
> Hersteller tricksen offenbar auch bei Lärm-Grenzwerten. Die Ergebnisse
> der Messverfahren im Labor weichen stark von denen auf der Straße ab.
Bild: Im Labor schön leise, auf der Straße richtig laut
Berlin taz | Es sind nicht nur die Abgase und der Verbrauch: Bei Autos und
Motorrädern wird einem ARD-Bericht zufolge auch bei den Lärm-Grenzwerten
getrickst. Die Werte der offiziellen Messverfahren wichen nämlich teils
erheblich vom tatsächlichen Lärm auf der Straße ab, berichtete das Magazin
„Plusminus“ am Mittwoch laut einer Vorabmeldung.
Bei der Typenzulassung von Autos und Motorrädern kommt es trotz aufwendiger
Berechnungen und Tests dem Bericht zufolge allein auf die
Geräuschentwicklung bei exakt 50 Stundenkilometern an. Das führe dazu, dass
etliche Fahrzeuge bei anderen Geschwindigkeiten „bewusst so konstruiert
sind, dass die Emission um ein Vielfaches lauter ist“, heißt es bei
„Plusminus“.
Straßenverkehr gilt seit Langem als die dominierende Lärmquelle in
Deutschland. Über 40 Millionen Menschen fühlen sich durch den Krach von
draußen gestört, fast 3 Millionen leiden auch nachts unter einem Lärmpegel
von über 55 Dezibel – so laut wie ein Gespräch direkt neben dem Bett. Das
führt zu mehr Stresshormonen – und zu Verengungen der Blutgefäße,
Bluthochdruck und Herzerkrankungen.
Dennoch sind die Zulassungsbehörden laut Experten nachlässig, damit die
Industrie bloß keine Wettbewerbsnachteile hat: „Die Prüfbedingungen sind
lax und realitätsfern, die Fahrzeuge wissen genau, in welchem Bereich sie
leise sein müssen“, sagte Arne Fellermann, Verkehrsexperte des BUND, der
taz. Sein BUND-Kollege Holger Siegel behauptet, einige Motorräder könnten
sogar erkennen, dass sie in einer Prüfungssituation sind – und dann
wahrscheinlich einfach die Auspuffklappe schließen. Die Parallele zum
Diesel-Abgasskandal sei deutlich. „Ich habe keine konkreten Hinweise auf
eine Software, die dafür geschrieben ist“, zieht Fellermann eine Analogie
zu den Abschaltvorrichtungen, die in den Autos vieler Dieselhersteller
dafür sorgen, dass Abgase nur gereinigt werden, wenn eine Testsituation
erkannt wird. „Aber wir gehen davon aus.“
Auch die seit Juli 2016 geltende europäische Verordnung über den
Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen gilt unter Fachleuten als zu
industriefreundlich. Sie verschärft die Grenzwerte zwar in den kommenden
Jahren stufenweise, Sportwagen dürfen ab einer Motorleistung von über 272
PS je Tonne Gewicht aber sogar 4 Dezibel lauter röhren als ein
Durchschnittsauto.
Als besonders störend empfinden viele Motorradlärm. Für die Polizei ist es
derzeit extrem schwierig, frisierte Bikes aus dem Verkehr zu ziehen,
moniert der BUND. „Wie sollen die Beamten das denn exakt nach dem Gesetz
nachprüfen?“, fragt Fellermann. Und fordert auch hier eine Reform der
Zulassungsordnung und realistischere, EU-weite Lärmmessverfahren.
Dem Leiter der Verkehrspolizeidirektion Mannheim, Dieter Schäfer, ist der
Krach offenbar zu viel geworden. Er meldete laut „Plusminus“ beim
Kraftfahrtbundesamt Verstöße einiger Fahrzeuge gegen den Grenzwert. Dabei
forderte er eine Nachprüfung zugelassener Serienautos. Es könne nicht sein,
„dass etwas am grünen Tisch serienmäßig genehmigt wird“, das im Realbetr…
großen Lärm verursache. Eine Reaktion des Amts steht bislang aus.
9 Aug 2017
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Dieselskandal
Verkehr
Automobilindustrie
Lärm
Raser
Autos
Straßenlärm
Verkehrspolitik
Dieselskandal
Dieselskandal
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Raser und Poser nerven am Sielwalleck: Mehr Fußball, bitte!
Jedes Wochenende fahren Vollidioten mit fetten Karren um die Wette und
verstopfen damit das Sielwalleck. Und die Polizei schaut zu
Kolumne Fremd und befremdlich: Der Schwanz der Nation
Autoposer sind Leute mit aufgemotzten Autos und dem Horizont eines
Fünfjährigen. Es würde keine Autoposer geben, wenn die Leute nicht so
neidisch auf sie wären.
Kommentar Laute Autos und Motorräder: Die Lärmtests sind eine Farce
Nicht nur bei Abgas und Verbrauch betrügen die Konzerne: Auch beim Lärm
wird offenbar systematisch getrickst – wahrscheinlich sogar legal.
Kommentar Umsteigeprämien: Der Diesel liegt im Koma
Eine Abwrackprämie für Dieselautos? Das großflächige Verschrotten
weitgehend intakter Autos ist ökologisch gesehen nur eines: völliger
Irrsinn.
Abwracken von Autos: „Umweltprämie“ soll Diesel retten
Die Autoindustrie bietet Kunden eine Abwrackprämie an. Experten sehen
dahinter die Stabilisierung des Marktes, nicht den Umweltschutz.
Debatte Dieselaffäre und Wahlkampf: Deutschland, aufwachen!
Was Deutsche vom Balkan lernen können: politisch werden. Der Dieselskandal
hat gezeigt, dass man sich nicht auf „Made in Germany“ verlassen darf.
Emissionen in Deutschland: Es gibt immer mehr Klimakiller
Der CO2-Ausstoß steigt weiter an – vor allem im Verkehr. Es wird damit
immer unrealistischer, das Emissionsziel für 2020 noch zu erreichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.