# taz.de -- Antisemitismus: Ein Satz mit X | |
> Aus dem geplanten Infostand gegen Israel wurde nix: Es gab zwar einen | |
> Stand, aber keine Info. Denn die ist Volksverhetzung und daher verboten | |
Bild: Mehr als Fahne halten war nicht drin: Veranstaltung des Vereins „Die Fe… | |
BREMEN | taz Samstagmorgen um kurz vor zehn auf dem Hillmannplatz: Eher | |
diskret, aber sichtbar ist die Polizei vor Ort. In jeder Seitenstraße, die | |
auf den Platz führt, steht ein Mannschaftswagen. Auf dem Platz selbst haben | |
sich zwei Gruppen versammelt: Die eine, eine Handvoll Menschen des | |
Delmenhorster Vereins „Die Feder“, lässt sich vom Einsatzleiter noch einmal | |
das Prozedere erklären: Keine Leugnung des Existenzrechts Israel. „Da werde | |
ich strenge Maßstäbe anlegen“, sagt der Polizist. Wenn er das Gefühl habe, | |
die Botschaft werde dennoch – verklausuliert – geäußert, dann sei es | |
vorbei. Die sieben Männer und eine Frau nicken. Sie gehen zu ihrem | |
Klapptisch, auf dem eigentlich die Wahlurne stehen sollte. | |
Abstimmen lassen wollten sie heute darüber, ob Israel illegal sei oder | |
nicht. Daraus wird nun nichts, weil die Bremer Versammlungsbehörde ihre | |
Veranstaltung zwar genehmigt hat, aber nur unter Auflagen. Das | |
Existenzrecht Israels darf nicht geleugnet werden, niemand darf behaupten, | |
der Staat sei illegal. Also stehen sie da, vor ihrem leeren Tisch. Keine | |
Wahlurne, kein Infomaterial, und auch der Schriftzug auf dem Banner vor dem | |
Tisch ist abgeklebt. „Israel ist illegal“ steht unter der provisorischen | |
Abdeckung, Überraschung. Als der junge Mann vom „Infotisch“ bemerkt, dass | |
jemand unter die Abdeckung schaut, geht er sofort dazwischen. „Das dürfen | |
wir nicht sagen“, erklärt Hassan Mohsen. „Das ist zensiert.“ Eine riesige | |
Palästina-Flagge aber, die dürfen sie ausrollen. Inzwischen zu zehnt, | |
halten sie die Flagge wie ein Sprungtuch bei einem Feuerwehreinsatz. | |
Die andere Gruppe auf dem Hillmannplatz ist unterdessen deutlich | |
angewachsen: Es sind Israelfreunde, von der Deutsch-Israelischen | |
Gesellschaft etwa oder auch der jüdischen Gemeinde Delmenhorst. In | |
Delmenhorst damals war die Abstimmung nicht verboten worden, genau wie in | |
Hannover, wo der Verein „Die Feder“, der zum Umfeld des iranfreundlichen | |
und fundamental-islamistischen Webportals muslim-markt.de der Brüder Yavuz | |
und Gürhan Özoguz gehört, ebenfalls eine solche Abstimmung durchgeführt hat | |
[1][(taz berichtete)]. | |
Viele der Israelfreunde haben blau-weiße Fahnen dabei, einer hält ein | |
Schild: „Israel ist legal – lebensfroh – lebendig“. Auch für die | |
Israelfreunde gilt eine Auflage des Einsatzleiters: Sie dürfen ihre Flaggen | |
hochhalten, Infomaterial verteilen und mit interessierten BürgerInnen | |
diskutieren. Aber nicht mit den Leuten von der „Feder“, die wollen nämlich | |
nicht. Die Israelfreunde halten sich daran, was gibt es da auch zu | |
diskutieren. Die Stimmung ist inzwischen gelockert, etwa 60 Israelfreunde | |
sind vor Ort und diskutieren lebhaft miteinander und mit Passanten, die | |
zufällig vorbeikommen. Die Anti-Israel-Aktivisten sind immer noch zu zehnt, | |
ihr Infotisch ist nach wie vor wie leergefegt, niemand spricht sie an. | |
„Das beste Signal ist, dass sich die Bremerinnen und Bremer hier ganz klar | |
gegen Antisemitismus stellen“, sagt Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), die | |
sich auch im Vorstand der DIG engagiert. Um kurz nach elf kommt auch | |
Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) zum Hillmannplatz. „Das Existenzrecht | |
Israels infrage zu stellen, ist fast wie eine zivile Kriegserklärung“, sagt | |
er. Deswegen sei die Durchführung einer solchen Veranstaltung nicht nur | |
eine rechtliche Frage. „Da muss man auch politisch Gesicht zeigen.“ | |
Um kurz nach zwölf hat die Anti-Israel-Fraktion schließlich keine Lust | |
mehr. Die Veranstaltung ist zwar bis 13 Uhr genehmigt worden, aber nun | |
rollen sie ihre Palästina-Flagge ein, klappen ihren Tisch zusammen und | |
gehen. | |
Die Israelfreunde zeigen sich zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung: | |
„Wir haben etwa 350 Flugblätter verteilt und viele Anfragen von BürgerInnen | |
bekommen, wie man in die DIG eintreten kann“, sagt deren stellvertretender | |
Vorsitzende Widu Wittekindt. Seine Bilanz ist positiv: „Die Bremer | |
Öffentlichkeit hat sich nicht gegen Israel mobilisieren lassen.“ | |
6 Aug 2017 | |
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## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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