# taz.de -- Keine Zunahme antisemitischer Tendenzen: Antisemitismus bleibt, wie… | |
> Auf die Große Anfrage von SPD und Grünen legt der Senat seine Antwort | |
> vor: Antisemitismus in Bremen ja, Zunahme der antisemitischen Tendenzen | |
> nein | |
Bild: Die Frage nach dem Antisemitismus bewegt die Gemüter: Blick ins Publikum… | |
Bremen taz | Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Grünen und | |
SPD-Fraktionen zum Antisemitismus in Bremen liegt jetzt vor. Grüne und SPD | |
wollten unter anderem wissen, wie stark der Antisemitismus in Bremen ist, | |
ob sich antisemitische Strömungen in den vergangenen Jahren verstärkt haben | |
und welche Maßnahmen und Strategien der Senat dem entgegensetzt. Der Senat | |
stellte zunächst klar: Ja, in Bremen gibt es Antisemitimsus. Zugleich wies | |
er darauf hin, dass antisemitische Strömungen in Bremen zumindest nicht | |
zunehmen. | |
Mit dem Thema Antisemitismus befasste sich auch der taz Salon am Dienstag: | |
Hier diskutierten Podiumsgäste und Publikum im trotz brütender Hitze | |
vollbesetzten Kyoto im Lagerhaus die Frage: „Wie antisemitisch sind wir?“ �… | |
ein Thema, das in Bremen offenbar viele Menschen umtreibt. | |
Hintergrund der Anfrage von Grünen und SPD ist zum einen der konstant hohe | |
– bundesweite – Anteil von etwa 35 Prozent Antisemitismus in Deutschland, | |
der nicht nur an den politischen Rändern, sondern auch in der Mitte der | |
Gesellschaft verwurzelt ist, und zum anderen antisemitische Aktionen in | |
Bremen wie etwa Boykott-Aufrufe gegen israelische Produkte. Zuletzt fiel | |
der Pfarrer einer evangelischen Gemeinde – und Beauftragter der | |
evangelischen Kirche Bremen für interreligiösen Dialog – damit auf, dass er | |
sich im Mailverkehr mit einem Journalisten der Jerusalem Post selbst als | |
Antisemit bezeichnete. | |
Dass antisemitische Strömungen in Bremen trotz allem nicht weiter zunehmen, | |
belegt der Senat ausführlich anhand von Justiz- und Polizeistatistiken – | |
deren Manko allerdings ist, dass sie antisemitische Straftaten meist nicht | |
detailliert ausweisen, sondern alles unter der Rubrik | |
rechtsextremistisch/fremdenfeindlich subsummieren. Dass jedoch gegen | |
vorhandene antisemitische Tendenzen entschieden vorgegangen werden muss, | |
darüber herrscht Einigkeit. | |
Kirsten Kappert-Gonther, Grünen-Abgeordnete und Vorstandsmitglied der | |
Deutsch-Israelischen Gesellschaft wertet die Antwort des Senats so: „Es ist | |
gut, dass der Senat eine so klare Haltung vertritt. Er erkennt an, dass es | |
dieses Problem gibt und dass wir uns hier in Bremen gegen Antisemitismus | |
starkmachen müssen.“ | |
Ein Großteil der Fragen von SPD und Grünen betraf weiterhin die Gewichtung | |
des Themas in der Aus- und Weiterbildung, etwa die Verankerung in | |
Lehrplänen und die Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer. Während es Grünen | |
und SPD besonders wichtig war, dass die Sensibilisierung für Antisemitismus | |
über die historisch-politische Bildung hinausgeht, zeigt sich in der | |
Antwort des Senats, dass hier noch deutlich Luft nach oben ist: So sehen | |
die Curricula zwar eine ausführliche Beschäftigung mit dem | |
Nationalsozialismus und der Shoa vor, bieten zugleich aber wenig | |
Anknüpfungspunkte für eine Thematisierung von heutigem Antisemitismus in | |
seinen verschiedenen Ausprägungen. Doch genau darum geht es auch Kirsten | |
Kappert-Gonther: „Der Senat hat sehr umfangreich dargestellt, welche | |
Angebote es in Bremen gibt, und das würdigen wir,“ so die Abgeordnete. | |
„Allerdings gibt es Studien wie die von Wilhelm Kempf, die belegen, dass | |
viele dieser Angebote die jungen Menschen überhaupt nicht erreichen. Und da | |
muss man jetzt überlegen: Was können wir tun, damit wir unser Ziel auch | |
erreichen?“ Man sollte jetzt überprüfen, ob man nicht „zeitgemäßere | |
Angebote machen“ müsse. | |
Ausbaufähig scheint auch das Engagement der Landeszentrale für politische | |
Bildung zu sein: Nach Aussage des Senats werden nur in Ausnahmefällen | |
eigene Publikationen zum Thema Antisemitismus erstellt. Hauptsächlich werde | |
auf das Material der Bundeszentrale zurückgegriffen. | |
Eine für den Bremer Kontext zentrale Frage, das zeigte auch der gestrige | |
taz salon, ist die Bewertung der Boykott-Aktionen gegen israelische Waren. | |
Die Kernfrage, wo Israelkritik aufhört und Antisemitismus anfängt, zeigt | |
sich an diesem Beispiel besonders deutlich und konnte auch die Diskussion | |
im Lagerhaus nicht beantworten. Der Senat jedoch machte in seiner Antwort | |
auf die Große Anfrage klar: Die Aufrufe zum Boykott israelischer Waren | |
lehne er strikt ab. Für Kirsten Kappert-Gonther ist das eines der | |
wichtigsten Ergebnisse: „Das ist eine klare Haltung des Senats und ein | |
deutliches Bekenntnis gegen die Boykottbewegung.“ | |
14 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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