| # taz.de -- Anschlag vom Breitscheidplatz: Der U-Ausschuss legt los | |
| > Der Amri-Untersuchungsausschuss ist gestartet. Er soll klären, welche | |
| > Fehler Polizei und Behörden gemacht haben. Auch Senatoren werden geladen. | |
| Bild: Der Breitscheidplatz nach dem Anschlag | |
| Der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zum islamistischen | |
| Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt hat seine Arbeit aufgenommen. In den | |
| nächsten Jahren wollen die zwölf Ausschussmitglieder aufklären, ob und | |
| welche Fehler Polizei und andere Behörden vor dem Anschlag im Dezember | |
| machten. Dafür wollen sie prominente Zeugen aus der Politik sowie | |
| Kriminalpolizisten befragen. Genannt wurden der frühere Innensenator Frank | |
| Henkel (CDU), sein Nachfolger Andreas Geisel (SPD) und Ex-Justizsenator | |
| Thomas Heilmann (CDU). Im Mittelpunkt steht immer wieder auch die Frage, ob | |
| der Attentäter Anis Amri vor dem 19. Dezember 2016 hätte gestoppt werden | |
| können. | |
| Der Ausschuss will zunächst umfangreiche Akten vom Bund und aus den Ländern | |
| Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg anfordern und in der | |
| Sommerpause bearbeiten. Die Rede war von rund 25.000 Seiten aus Behörden | |
| wie Polizei, Verfassungsschutz und Innenministerien. Der Ausschuss will | |
| auch prüfen, ob Amri oder ein Bekannter von ihm in Akten des | |
| Bundesnachrichtendienstes (BND) oder des Militärischen Abschirmdienstes | |
| (MAD) auftauchen. | |
| Der Ausschussvorsitzende Burkard Dregger (CDU) sagte: „Dann ist es unsere | |
| Aufgabe, die Akten fleißig zu durchpflügen und die richtigen Fragen zu | |
| identifizieren und die richtigen Zeugen zu benennen.“ In der nächsten | |
| Sitzung am 8. September soll die Vorladung erster Zeugen beschlossen und | |
| die vorläufige Reihenfolge der Befragung festgelegt werden. | |
| Unter den Zeugen ist auch der frühere Vorsitzende der islamistischen | |
| Fussilet-Moschee, in der Amri ein- und ausging und die von der Polizei | |
| observiert wurde. Zudem will der Ausschuss den Sonderermittler Bruno Jost | |
| hören, der nachträgliche Manipulationen in den Akten der Kriminalpolizei | |
| fand, mit denen offenbar Kriminalpolizisten frühere Fehler kaschieren | |
| wollten. | |
| Außerdem dürften Polizeipräsident Klaus Kandt, der Leiter des | |
| Landeskriminalamtes, Christian Steiof, und die Chefin des für politische | |
| Taten zuständigen Staatsschutzes der Kriminalpolizei, Jutta Porzucek, als | |
| Zeugen in Frage kommen. Alle hatten schon umfangreich im Innenausschuss | |
| über die Observation Amris und die Ermittlungen gegen ihn im Jahr 2016 | |
| berichtet. Sie erklärten, die damaligen Prognosen seien nicht in Richtung | |
| „hochgefährlich“ gegangen. Der Untersuchungsausschuss will daher laut den | |
| Ankündigungen noch weiter gehen und auch die Kriminalpolizisten und | |
| Fahnder, die unmittelbar für Amri zuständig waren, befragen. | |
| Etwas uneinig sind sich die sechs Fraktionen über die Reihenfolge: SPD und | |
| CDU wollen zuerst die Sachbearbeiter ins Verhör nehmen und später die | |
| politischen Verantwortlichen. „Damit man weiß, was man den Verantwortlichen | |
| für Fragen stellt“, wie Dregger sagte. AfD und FDP favorisieren den | |
| umgekehrten Weg. „Damit die Aussagen der Politiker nicht angepasst werden | |
| können“, so der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe. | |
| Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram betonte: „Wir müssen die Strukturen | |
| beleuchten, die für die Fehler verantwortlich waren.“ Auch Luthe meinte, | |
| die frühere Sparpolitik in Berlin und der Personalmangel bei der Polizei | |
| könnten zu Fehlern geführt haben. | |
| Der Berliner Untersuchungsausschuss kam genau ein Jahr nach dem | |
| islamistischen Terroranschlag in Nizza zusammen. Der Berliner Attentäter | |
| Amri orientierte sich am 19. Dezember an dem Vorgehen in Nizza: Er | |
| entführte einen Lastwagen und steuerte ihn in den Weihnachtsmarkt an der | |
| Berliner Gedächtniskirche. Bei dem Anschlag starben 12 Menschen, fast 70 | |
| wurden verletzt. | |
| Polizei und Ausländerbehörden wurden später scharf kritisiert, weil Amri | |
| zwar als islamistischer Gefährder und Rauschgifthändler bekannt war und | |
| monatelang überwacht und abgehört wurde. Trotzdem schoben ihn die Behörden | |
| weder ab noch steckten sie ihn ins Gefängnis oder konnten den Anschlag | |
| verhindern. In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits einen entsprechenden | |
| Ausschuss, weil Amri auch dort viel unterwegs war. | |
| 14 Jul 2017 | |
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| dpa | |
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