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# taz.de -- Einladung zum „Dieselgipfel“: Ökos müssen leider draußen ble…
> Verbraucher- und Umweltverbände wurden zum Dieselgipfel nicht eingeladen.
> Die Aktivisten wollen vor Gericht Fahrverbote erreichen.
Bild: Heute aktuell, gab's aber schon 2005: Dieselschwein von Greenpeace
Berlin taz | Es ist eine illustre Runde, die am Mittwoch zum „Dieselgipfel“
im Bundesverkehrsministerium zusammenkommt. Um über Konsequenzen aus dem
Skandal zu reden, dass auch moderne Dieselfahrzeuge meist ein Vielfaches
der EU-Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickoxid ausstoßen, wurden
neben vier BundesministerInnen und neun MinisterpräsidentInnen die Chefs
der Autokonzerne VW, Daimler, BMW, Opel und Ford eingeladen, daneben ihre
Dachverbände VDA und VDIK sowie Arbeitgeberverband, IG Metall und Deutscher
Städtetag.
Auffällig ist, wer fehlt: sämtliche Umwelt- und Verbraucherverbände. Obwohl
sie mit eigenen Untersuchungen viel zur Aufdeckung des Abgasskandals
beigetragen haben und mit Klagen auf Luftreinhaltung überhaupt erst den
Handlungsdruck erzeugt haben, auf den die Politik mit dem Dieselgipfel
reagiert, ist ihre Anwesenheit ausdrücklich nicht erwünscht. Eine wirkliche
Begründung dafür gibt es nicht.
Man habe diejenigen eingeladen, die für die notwendige Reduzierung der
Schadstoffemissionen verantwortlich sind, sagte der Sprecher von
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Montag in Berlin. „Und das
sind die Automobilkonzerne.“ Das den Gipfel mitveranstaltende
Bundesumweltministerium sieht im Fehlen der Umweltverbände ebenfalls kein
Problem. „Es sind diejenigen dabei, die direkt von den Problemen betroffen
sind“, sagte ein Sprecher der taz.
Wieso das etwa auf den Arbeitgeberverband mehr zutrifft als auf die
Umweltverbände, die seit Jahren intensiv zum Abgasskandal arbeiten, bleibt
das Geheimnis der Bundesregierung. Entsprechend empört reagieren die
betroffenen Verbände: Ohne Beteiligung von Kritikern sei das geplante
Treffen „die Fortsetzung der Kungelei des Dieselkartells mit der Politik“,
kritisierte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, die
ihr Interesse an einer Teilnahme beim Gipfel bekundet hatte. Er kündigte
an, am Mittwoch auch ohne Einladung auf Einlass zu drängen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband erklärte: „Millionen Autofahrer sind
von den Dieselmanipulationen, Fahrverboten und möglichen Kartellabsprachen
betroffen.“ Ihre Stimme müsse beim Gipfel der Bundesregierung gehört
werden. „Ein Austausch nur zwischen Politik und Autoindustrie wird der
Dimension der Probleme nicht gerecht.“
## Softwarekosmetik reicht nicht
In der geplanten Form erwarten die Verbände vom Gipfel nicht viel. Im
Mittelpunkt solle der Versuch stehen, die überhöhten Stickoxidwerte allein
durch eine Veränderung der Motorsteuerungs-Software zu senken. Dadurch
sollen die in mehreren Städten drohenden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge
verhindert werden.
Dass das gelingt, bezweifelt Greenpeace-Experte Niklas Schinerl.
„Softwarekosmetik allein kann die Gesundheit der Menschen nicht schützen“,
erklärte er. „Die Hersteller müssen auch an die Hardware ran.“ Das sieht
auch Umwelthilfe-Chef Resch so – mit Verweis auf ein Urteil das
Verwaltungsgerichts Stuttgart von Freitag: Das hatte ausdrücklich
festgestellt, dass die derzeit diskutierte „Nachrüst-Lösung“ nicht
ausreichend sei.
Die Behörde sei „nicht befugt“, das zur Einhaltung der EU-Grenzwerte
erforderliche Fahrverbot für ältere Dieselautos mit Verweis auf solche
Pläne aufzuschieben. Für Resch steht darum fest: „Wir werden uns nicht mit
einem Schummel-Beschluss abspeisen lassen, sondern dagegen alle rechtlichen
Möglichkeiten ausschöpfen.“
Statt nur auf Software-Änderungen zu setzen, fordern Umwelthilfe und
Greenpeace Änderungen an der eingesetzten Technik. Versuche mit einem VW
Passat hätten gezeigt, dass die Kosten für eine wirklich wirksame
Nachrüstung bei 1.500 Euro pro Fahrzeug liegen, sagte Resch. Die
Gesamtkosten von 13,5 Milliarden Euro seien für die Branche angesichts
ihrer Gewinne verkraftbar.
Das Verkehrsministerium hält von genereller Hardware-Nachrüstung nichts.
Allenfalls „für einzelne Modelle“ könnte dies „geprüft werden“, so d…
Sprecher. Und auch die Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer stellte sich
schützend vor die Konzerne: Bei aller Kritik müsse berücksichtigt werden,
„dass es sich um einen strategisch wichtigen Industriezweig in Deutschland
handelt“.
31 Jul 2017
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Dieselskandal
Autoindustrie
Stickoxide
Abgase
Umwelt
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