# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Magische Ausgestoßene | |
> „The Magicians“ ist eine Serie für Harry-Potter-Fans in der Lebenskrise … | |
> absurde Plots und herrliche Misanthropie inklusive. | |
Bild: HauptdarstellerInnen Jason Ralph und Stella Maeve | |
Mit 14 oder 15 schlich ich mich manchmal abends in den Keller, um dort aus | |
Küchenkräutern und Blumenerde brackige Zaubertränke zusammenzubrauen. Es | |
war die große Zeit der Harry-Potter-Bücher, auf Vox lief die Serie „Charmed | |
– Zauberhafte Hexen“, und ich konnte nicht genug kriegen von der Magie. | |
In der Zwischenzeit bin ich erwachsen geworden. Das hat aber ganz und gar | |
nichts geholfen. | |
Und so konnte ich es kaum erwarten, mir die Mysteryserie „The Magicians“ | |
des US-amerikanischen Senders Syfy reinzuziehen. Gerade ist die erste | |
Staffel in Deutschland auf sixx gestartet. Beides sind Spartensender | |
irgendwo in der hintersten Reihe, aber was kümmert das schon einen echten | |
Hexenkunst-Enthusiasten? | |
„The Magicians“ ist der gleichnamigen Buchreihe von Lev Grossman entlehnt | |
und folgt Quentin und Julia, zwei Teenagern aus New York, die beide an | |
einer Uni für Magie vorsprechen dürfen. Eigentlich hatten die beiden | |
Freunde gerade ihre Zeit als Fantasy-Nerds hinter sich lassen und endlich | |
erwachsen werden wollen, da kommt die Magie – die echte Magie – plötzlich | |
in ihr Leben. | |
## Zwielichte Gestalten | |
„The Magicians“ ist aber keine niedliche Zauberwelt wie in den ersten | |
Harry-Potter-Bänden, die klar in Gut und Böse aufgeteilt ist. „The | |
Magicians“ behandelt die Frage, was passiert, wenn Menschen mit ihren ganz | |
alltäglichen Fehlern und Abgründen plötzlich Zauberkraft – sprich Macht – | |
haben. Spoiler: Es wird unschön. | |
Im Gegensatz zu Quentin wird Julia nicht am Brakebills College angenommen. | |
Sie hat in der Aufnahmeprüfung nicht genug Fantasie bewiesen. Julia lässt | |
sich von ihrem Ehrgeiz stattdessen in die organisierte Kriminalität der | |
Zauberwelt treiben: In schmuddeligen alten Fabrikhallen handeln | |
zwielichtige Gestalten und Ausgestoßene mit Zaubersprüchen wie mit | |
illegalen Waffen und betreiben ihre Magie wie eine Sucht, die sie immer | |
weiter in die Scheiße reitet. | |
Aber auch am schicken Zaubercollege ist vieles vor allem Fassade. Quentins | |
KommilitonInnen sind vor allem mit sich selbst und ihren verkorksten | |
Biografien beschäftigt, anstatt gemeinsam kuschlig vor dem Kamin Butterbier | |
zu trinken, spielen sie sich bei jeder Gelegenheit gegeneinander aus. | |
Diese herrlich misanthropische Sicht auf eben gerade erwachsen werdende | |
Teens, die durch Magie keineswegs heldenhaft, sondern eher schlimmer | |
werden, hätte die Serie bestimmt über viele Staffeln hinweg unterhaltsam | |
tragen können. Stattdessen musste auch in dieser Geschichte das (im | |
Fantasygenre offenbar unerlässliche) „absolute Böse“ eingefügt werden: D… | |
„Mottenmann“ kommt durch Spiegel und reißt dann Leuten die Augen aus, wenn | |
er ihnen nicht gleich mit einer Handbewegung den Hals bricht. | |
## Unsensibler Umgang mit sexueller Gewalt | |
Und dann verrennt sich die Serie in immer absurder werdende und lieblose | |
Plots. In den letzten Folgen der ersten Staffel muss man sich fragen, auf | |
welchem besoffenen Schlauchboottrip der Autor die Story zusammengepuzzelt | |
hat. Unsensibler Umgang mit dem Thema sexuelle Gewalt inklusive. | |
Trotzdem, ich werde mir alle Staffeln reinziehen. Es braucht noch viel mehr | |
spannende, unkitschige Zauberserien. Holt die Blöcke raus, AutorInnen! Ich | |
feuer derweil schon mal den Kessel an. | |
26 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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