# taz.de -- Atomwaffenreport des Sipri: Die nukleare Aufrüstung geht weiter | |
> Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut legt seinen Jahresbericht vor. | |
> Zwei Drittel der UN-Mitgliedsstaaten wollen ein weltweites | |
> Atomwaffenverbot. | |
Bild: An Bord des britischen U-Bootes „HMS Vigiliant“: Mit diesem „Joysti… | |
STOCKHOLM taz | Dem Zusammentreffen mangelte es nicht an Symbolik. Am | |
vergangenen Dienstag verabschiedete eine norwegische Delegation auf der | |
nordwestrussischen Kola-Halbinsel den ersten Schiffstransport, mit dem aus | |
der Atommülldeponie der russischen Nordmeerflotte in der Andrejewa-Bucht | |
Strahlenmüll zur Endlagerung und Aufbereitung ins sibirische Majak | |
verfrachtet wurde. | |
Gleichzeitig feuerte im Barentsmeer die „Yury Dolgoruky“, das erste | |
Atom-U-Boot der neuen Borei-Klasse, eine Interkontinentalrakete vom Typ | |
Bulawa ab. Das ist Moskaus derzeit modernste Trägerrakete für strategische | |
Atomwaffen. | |
Dennoch wollen am kommenden Freitag zwei Drittel der UN-Mitgliedsstaaten | |
einen Vertragstext über ein weltweites und vollständiges Verbot von | |
Atomwaffen vorlegen. | |
Dass „die Kernwaffenstaaten bereit sein könnten, ihre Nuklearwaffenarsenale | |
aufzugeben, dafür gibt es wenig Hoffnung“, sagt Shannon Kile, | |
Nuklearwaffenforscher am Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. | |
Dieses veröffentlicht am Montag einen Bericht über den aktuellen Stand der | |
weltweiten Atomwaffenarsenale. | |
## 93 Prozent aller Atomwaffen | |
Darin wird für Anfang 2017 mit 14.935 Atomsprengköpfen eine Reduktion | |
gegenüber den 15.395 von 2016 bilanziert. Davon entfallen 6.800 auf die USA | |
und 7.000 auf Russland. Beide Staaten besitzen zusammen 93 Prozent aller | |
Atomwaffen. | |
Aber diese Zahlen täuschen, konstatiert Sipri. So habe sich das Tempo des | |
Abbaus in den letzten Jahren verlangsamt. Auch werde nur das verschrottet, | |
was längst als veraltet ausgemustert worden sei. Weder Russland noch die | |
USA hätten die Zahl ihrer „deployed warheads“, also der mit „hoher | |
operationeller Bereitschaft“ unmittelbar einsatzbereiten Atomwaffen, | |
entscheidend reduziert: 1.800 sind es bei den USA und 1.950 in Russland. | |
Darüber hinaus steckten beide Länder in kostenintensiven | |
Modernisierungsprogrammen. Das der USA sei noch unter Präsident Barack | |
Obama auf den Weg gebracht worden und „diese ambitionierten Pläne werden | |
von der jetzigen US-Administration weiter verfolgt“, sagt | |
Sipri-Nuklearexperte Hans M. Kristensen. | |
Zusammen mit der Entwicklung neuer Bomber, atomarer U-Boote und | |
Trägerraketen werde dieses Programm laut Berechnungen des US-Kongresses in | |
den nächsten 10 Jahren 400 Milliarden Dollar verschlingen. Bis Mitte der | |
2040er-Jahre könnten es rund 1.000 Milliarden Dollar werden. Für Russland | |
vermutet das Institut, Moskau werde versuchen „eine ungefähre strategische | |
Parität mit den USA aufrechtzuerhalten“. | |
## Technische Verbesserungen | |
Die anderen Nuklearwaffenstaaten hätten ebenfalls begonnen, ihre Arsenale | |
zu modernisieren oder solche Programme angekündigt, schreibt Sipri. Indien | |
und Pakistan würden ihre Atomwaffenlager erweitern und entwickelten die | |
Kapazität ihrer Trägerraketen. | |
In China liefen technische Verbesserungen, Nordkorea habe spaltbares | |
Material für etwa 10–20 Atomsprengköpfe und führe eine Testreihe von | |
Flugversuchen verschiedener Raketensysteme durch. Großbritannien erneuere | |
die Atom-U-Boot-Flotte, über Israel gebe es unbestätigte Informationen, es | |
wolle seine von Deutschland gelieferten U-Boote mit Atomraketen bestücken. | |
3 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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