# taz.de -- Aus Le Monde diplomatique: Willkommen im neuen Atomzeitalter | |
> Obama wollte das US-Atomarsenal reduzieren. Mit Trumps „Nuclear Posture | |
> Review“ wird die Zahl der Kernwaffen steigen. | |
Bild: An dieser Stelle in Oak Ridge, Tennessee, stand einst das sogenannte K-25… | |
In der Zeitspanne zwischen dem Atombombenabwurf auf Hiroshima am 6. August | |
1945 und dem Zusammenbruch der Sowjetunion am 25. Dezember 1991 lebten | |
weite Teile der Welt in Angst vor der atomaren Vernichtung. Trotz vieler | |
Gipfeltreffen und einer Reihe von Rüstungskontrollabkommen gelang es den | |
Supermächten nicht, die Gefahr zu bannen. | |
Erst mit dem Ende des Kalten Kriegs war die Angst vor einem Atomkrieg | |
weitgehend zerstreut. Über die nach wie vor gigantischen Atomwaffenbestände | |
machte sich seitdem offenbar niemand so richtig Gedanken. Doch seit die | |
drei großen Atommächte – die USA, Russland und China – wieder einmal die | |
Modernisierung ihrer nuklearen Waffenarsenale planen und deren Einsatz | |
erwägen, ist die nukleare Bedrohung erneut ein Thema. | |
Die Regierung, die sich am entschlossensten daranmacht, das neue | |
Nuklearzeitalter einzuläuten und atomare Waffen wieder hoffähig zu machen, | |
ist die US-Administration unter Donald Trump. Im „Nuclear Posture Review“ | |
(NPR) vom 2. Februar 2018 dehnt das Pentagon das Spektrum möglicher | |
Szenarien für den Einsatz von Atomwaffen weit über den bisher zulässigen | |
Rahmen hinaus aus und fordert mehr Nuklearwaffen, um entsprechende Einsätze | |
möglich zu machen. | |
Seit 1994 bewertet das US-Verteidigungsministerium in seinem NPR etwa alle | |
acht Jahre die globale Sicherheitssituation, formuliert die offizielle | |
Haltung der Regierung zum Einsatz von Atomwaffen und liefert eine | |
Bestandsaufnahme des Rüstungsbedarfs zur Umsetzung der politischen | |
Vorgaben. Zu allen drei Fragestellungen formuliert das jetzt | |
veröffentlichte NPR eine sehr klare Position. Erstens seien die USA | |
umfassender bedroht als je zuvor – auch durch die zunehmend feindselige | |
Haltung und militärische Durchsetzungsfähigkeit Russlands und Chinas. | |
Daraus folge zweitens, dass Washington seine Nuklearpolitik revidieren | |
müsse, um dem Präsidenten mehr Spielraum für den Einsatz atomarer Waffen | |
einzuräumen. Um dies zu ermöglichen, müssten drittens die erforderlichen | |
neuen Sprengköpfe angeschafft werden. | |
Liest man diese Expertise, könnte man zu dem Schluss kommen, die USA seien | |
gegenüber Russland oder China militärisch ins Hintertreffen geraten und | |
jetzt verzweifelt bemüht, ihre Verteidigungskraft wiederherzustellen. Doch | |
davon kann absolut keine Rede sein: Die USA sind bei den konventionellen | |
Waffensystemen weit überlegen und verfügen über ein riesiges | |
schlagkräftiges Atomwaffenarsenal. Sie haben ein stattliches Aufgebot von | |
Kampftruppen an der Peripherie von Russland und China stationiert, sind | |
aber selbst keiner vergleichbaren Gefahr ausgesetzt. Ungeachtet dieser | |
eindeutigen Fakten wird im jüngsten NPR behauptet, die USA würden von | |
Russland und China akut bedroht und müssten deshalb mehr Nuklearwaffen | |
anschaffen und bereit sein, diese auch einzusetzen. | |
Das bedeutet eine Abwendung der Trump-Administration von der Politik der | |
Vorgängerregierung, die in dem vorangegangenen Nuclear Policy Review vom | |
April 2010 festgelegt worden war. Darin hatte es noch geheißen, die | |
Bedeutung der Kernwaffen für die US-Militärdoktrin müsse verringert und der | |
Bestand an Kernwaffen in Verhandlungen mit anderen Atommächten deutlich | |
reduziert werden. | |
## Ein Manifest für das neue Atomzeitalter | |
Diese Position hatte Präsident Barack Obama erstmals am 5. April 2009 in | |
Prag dargelegt: „Um das Denken des Kalten Krieges zu beenden, müssen wir | |
die Bedeutung der Nuklearwaffen für unsere eigene nationale | |
Sicherheitsstrategie reduzieren und auf andere einwirken, ebenso zu | |
handeln.“ Hinter dieser Sicht der Dinge stand die Überzeugung, dass es | |
möglich war, die Beziehungen zwischen den Großmächten laufend zu verbessern | |
und die nuklearen Waffenarsenale ohne Risiko abzubauen, weil die | |
Perspektive eines Atomkriegs immer unwahrscheinlicher würde. Die | |
Trump-Regierung erteilt solchen Überlegungen eine Absage und beharrt | |
vehement darauf, dass das Gegenteil der Fall sei. In diesem Sinne ist das | |
neue NPR ein Manifest für das „neue Atomzeitalter“. | |
In dem Dokument wird behauptet, dass seit 2010 ein erneuter „Wettstreit | |
zwischen den Großmächten“ ausgebrochen sei: „In unterschiedlichem Maße | |
demonstrieren Russland und China, dass sie die nach dem Kalten Krieg | |
entstandene internationale Ordnung und deren Verhaltensnormen substanziell | |
verändern wollen.“ | |
Als Beleg für diese Behauptung wird unter anderem auf die Annexion der Krim | |
durch Russland und die umstrittenen Errichtung chinesischer Militäranlagen | |
auf Inseln im Südchinesischen Meer verwiesen. Nach Darstellung des neuen | |
NPR verfolgen beide Länder das Ziel, „dem konventionellen Potenzial der USA | |
mit asymmetrischen Mitteln und Wegen entgegenzutreten, womit sie das Risiko | |
von Fehleinschätzungen und einer militärischen Konfrontation mit den | |
Vereinigten Staaten, ihren Verbündeten und Partnern erhöhen.“ Kurzum: | |
Russland und China seien in Begriff, ihre Nukleararsenale so zu | |
modernisieren und zu erweitern, dass sie für die USA und ihre Verbündeten | |
eine noch stärkere Bedrohung darstellen. | |
An keinem Punkt dieses Dokuments wird eingeräumt, dass auch die USA und | |
ihre Partner zu der behaupteten Verschlechterung der Beziehungen zwischen | |
den Großmächten beigetragen haben. Weder die Ausweitung der Nato auf das | |
Gebiet der früheren Sowjetunion noch das provokative Ausgreifen der USA in | |
den asiatisch-pazifischen Raum werden auch nur erwähnt. Ebenfalls | |
ausgeblendet wird die Tatsache, dass die USA nuklear nach wie vor drückend | |
überlegen sind und massiv in konventionelle und weltraumgestützte | |
Waffensysteme investiert haben. | |
Für die Verschärfung der nuklearen Konkurrenz werden allein Russland und | |
China verantwortlich gemacht. Dabei wird insbesondere Russland vorgeworfen, | |
dass es die Vorherrschaft über alle seine Nachbarn anstrebe und sich für | |
einen Krieg gegen die Nato rüste. Dabei setze Russland unverhältnismäßig | |
stark auf atomare Waffen, um den Westen einzuschüchtern und die Nato im | |
Fall eines Falles militärisch zu besiegen. | |
Unter anderem heißt es im NPR: „Die russische Strategie und Doktrin stützt | |
sich maßgeblich auf die Möglichkeit, Atomwaffen als Druckmittel und als | |
militärisches Instrument einzusetzen.“ Zur Umsetzung dieser Strategie sei | |
Russland dabei, „sein Nukleararsenal umfassend zu modernisieren“. Dazu | |
gehöre unter anderem „die vielfältige Verbesserung aller Bestandteile der | |
russischen nuklearen Triade.“ Zudem lege sich das Land neuerdings | |
nichtstrategische Nuklearwaffen zu, die auf künftigen europäischen | |
Kriegsschauplätzen gegen konventionelle Nato-Streitkräfte eingesetzt werden | |
sollen. | |
Die starke Fokussierung auf Russland und auf die Bedrohung der USA, die | |
angeblich von den Russen ausgeht, ist überraschend, wenn man bedenkt, dass | |
Donald Trump davor zurückscheut, Wladimir Putin für die internationalen | |
Wirren der jüngsten Zeit zu kritisieren oder ihm eine Einmischung in die | |
Präsidentschaftswahlen von 2016 vorzuwerfen. Trump spricht sich zwar auch | |
dafür aus, das Atomarsenal seines Landes zu modernisieren, äußert sich aber | |
nicht so kritisch über Russlands nukleare Bestrebungen wie das | |
Verteidigungsministerium im Nuclear Posture Review. | |
Hohe US-Militärs machen Russland als Hauptgegner der USA aus – neben China, | |
Nordkorea und Iran. Nach Meinung dieser Strategen müssen die | |
US-Streitkräfte imstande sein, alle diese vier Länder militärisch zu | |
bezwingen. Obamas freundliche Weltsicht haben sich diese Militärs nie zu | |
eigen gemacht. Jetzt aber, da das Weiße Haus mit internen Angelegenheit | |
beschäftigt ist und die Demokraten im Kongress darauf aus sind, Moskau | |
wegen seiner Wahlhilfe für Trump zu bestrafen, wittern sie die Chance, alle | |
neuen – nuklearen und konventionellen – Waffen finanziert zu bekommen, die | |
seit Langem auf ihrer Wunschliste stehen. | |
Offenbar ist das NPR in dieser Atmosphäre des Misstrauens und der | |
Feindseligkeit zustande gekommen. Das Dokument unterstellt Russland und | |
China ein provokatives Verhalten, das die USA dazu zwinge, sich für ein an | |
den Kalten Krieg erinnerndes Zeitalter der Konkurrenz und des Wettrüstens | |
zu wappnen. | |
Dabei stützt das neue NPR seine Argumentation auf die nie wirklich belegte | |
Behauptung, Russland und China würden in ihren Verteidigungsstrategien von | |
einer erhöhten Nützlichkeit und Einsetzbarkeit ihrer Nuklearwaffen | |
ausgehen: „Während die Vereinigten Staaten die Zahl und Bedeutung von | |
Kernwaffen weiter reduzieren, haben andere Staaten wie Russland und China | |
den entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Sie erweitern ihr Arsenal mit | |
neuartigen nuklearen Kapazitäten.“ Auch hier wird Russland als | |
Hauptschuldiger ausgemacht, da es verstärkt auf einen Erstschlag mit | |
Atomwaffen setze, um überlegene westliche Mächte abzuschrecken. Oder diese | |
sogar, falls die Abschreckung versagt, militärisch in die Knie zu zwingen: | |
„Besonders beunruhigend ist, dass Russland eine nationale | |
Sicherheitspolitik sowie Militärstrategie und -doktrin verfolgt, die eine | |
verstärkte Drohung mit einer begrenzten nuklearen Eskalation einschließt.“ | |
Im NPR wird zudem behauptet, Russland wolle mit dieser neuen Position seine | |
gefühlte Unterlegenheit gegenüber den westlichen Mächten in Europa dadurch | |
wettmachen, dass es zu einem frühzeitigen Einsatz „taktischer Atomwaffen“ | |
oder „nuklearer Gefechtsfeldwaffen“ übergeht. In einem solchen Szenario | |
könnte Russland Atomwaffen mit geringer Sprengkraft gegen ausgewählte | |
konventionelle Nato-Truppen einsetzen, um den Westen zur Aufgabe zu zwingen | |
– die Amerikaner nennen diese Strategie „escalate to de-escalate“. | |
Beweise für diese Behauptung liefert der neue NPR nicht. Tatsächlich sieht | |
die russische Militärdoktrin einen Erstschlag mit Atomwaffen nur für den | |
Fall vor, dass eine feindliche Übermacht russisches Territorium angreift. | |
An dieser Doktrin ändert auch die jüngste Ankündigung Putins nichts, wonach | |
Russland sein Trägerwaffen-Arsenal erheblich erweitert hat (was viele | |
Militärexperten für einen Bluff halten). Jedenfalls entspricht die | |
Strategie Moskaus spiegelbildlich der Nato-Doktrin, die den Einsatz solcher | |
Waffen gegen Russland für den Fall eines nichtnuklearen strategischen | |
Angriffs auf den Westen vorsieht. | |
Dennoch wird im Nuclear Posture Review der Ära Trump aus solchen | |
zweifelhaften Thesen die Forderung nach flexibleren Regeln für den | |
Waffeneinsatz abgeleitet. Woraus folgt, dass die USA eine größere Auswahl | |
von Waffensystemen nutzen können. | |
## Unterstellte Lücke im Gesamtarsenal | |
Das beruht auf der Behauptung, die Russen könnten womöglich davon ausgehen, | |
dass ein US-Präsident zögern würde, den russischen Einsatz von Waffen | |
geringer Sprengkraft mit den massiven Nuklearwaffen des US-Arsenals zu | |
beantworten, weil er Angst vor einer kompromisslosen Vergeltung Moskaus | |
haben müsste. Deshalb müssten die USA auf jeden Fall in der Lage sein, den | |
Einsatz von Waffen mit geringer Sprengkraft anzudrohen. Mit anderen Worten: | |
Sie müssen diese unterstellte Lücke in ihrem Gesamtarsenal schließen. | |
Ganz ähnlich sieht das Nuclear Posture Review das Problem mit China. Das | |
Land verfügt über weniger Atomwaffen als Frankreich, und die Regierung in | |
Peking hat wiederholt erklärt, dass ihre Strategie einen nuklearen | |
Erstschlag nicht vorsieht. Dennoch müssten die USA laut dem neuen NPR in | |
der Lage sein, China mit einer breiteren Palette nuklearer | |
Bedrohungsszenarien von einem eventuell erwogenen Erstschlag abzuschrecken: | |
„Unsere maßgeschneiderte Strategie für China soll das Land von der irrigen | |
Annahme abhalten, es könne sich durch den begrenzten Einsatz nuklearer | |
Gefechtsfeldwaffen einen Vorteil verschaffen.“ | |
Auch andere Länder wie Nordkorea könnten künftig zum Ziel von US-Atomwaffen | |
werden. Da Nordkorea seine wichtigsten militärischen Einrichtungen | |
verbunkert hat, „werden die Vereinigten Staaten solche Ziele auch künftig | |
mit verschiedenen konventionellen und nuklearen Mitteln ins Visier nehmen.“ | |
Darüber hinaus beinhaltet der Bericht angesichts anderer potenzieller | |
Bedrohungen – wie Cyberattacken oder Angriffen aus dem Weltraum – eine | |
umfassende Absicherungsstrategie, die garantieren soll, dass die USA zur | |
Abwehr jederzeit über vielfältige nukleare Optionen verfügen. | |
Um all diese Optionen glaubwürdig zu machen, müsse man das vorhandene | |
Arsenal von Grund auf umgestalten und um neue Waffentypen erweitern. Das | |
atomare Arsenal der USA ist in weiten Teilen mehrere Jahrzehnte alt und hat | |
seine vorgesehene Lebensdauer demnächst erreicht oder schon überschritten. | |
Alle Komponenten der nuklearen Triade – landgestützte | |
Interkontinentalraketen (ICBM), seegestützte Interkontinentalraketen (SLBM) | |
und mit Abwurfbomben und Marschflugkörpern (ALCM) bestückte | |
Langstreckenbomber – müssten durch leistungsfähigere Systeme ersetzt | |
werden. | |
Bereits Präsident Obama hatte sich bereit erklärt, den Startschuss für die | |
Entwicklungsarbeiten an diesen Ersatzsystemen zu geben. Er tat dies, weil | |
er die Unterstützung des Kongresses für die tiefen Einschnitte bei den | |
strategischen Atomwaffen brauchte, die aus den | |
Rüstungskontrollvereinbarungen mit Russland resultieren. | |
## Obamas Wunschdenken | |
Bei den neuen Systemen handelt es sich unter anderem um folgende Projekte: | |
eine neue bodengestützte Interkontinentalrakete zur strategischen | |
Abschreckung (GBSD), die die bisherigen Minuteman-Raketen ablösen sollte; | |
die neuen U-Boote der Columbia-Klasse; einen neuen Bomber, den B-21 Raider; | |
sowie neue Marschflugkörper, die sogenannte Long-Range Standoff-Rakete | |
(LRSO). | |
Die Entscheidung über die Beschaffung dieser neuen Waffensysteme hinterließ | |
Obama allerdings seinem Amtsnachfolger, wobei er womöglich davon ausging, | |
dass eine Präsidentin Hillary Clinton auf das eine oder andere Projekt | |
verzichten würde. Das dürfte aber eher Obamas Wunschdenken gewesen sein, | |
denn in Verteidigungsfragen hatte Clinton bereits als Senatorin einen | |
harten Kurs vertreten und als Außenministerin eine ausgesprochen | |
feindselige Haltung gegenüber Moskau an den Tag gelegt. | |
Die Entwicklung und Herstellung dieser neuen Systeme dürfte viele Jahre | |
dauern und mindestens 1,2 Billionen Dollar kosten. In dem Etatentwurf für | |
2019, den Trump im Februar dem Kongress vorlegte, folgt der Präsident dem | |
NPR und beantragt die entsprechenden Mittel. Der Budgetantrag des Pentagon | |
sieht als ersten Schritt 2,3 Milliarden Dollar für die Entwicklung des | |
B-21-Bombers vor, dazu 3,7 Milliarden Dollar für die Columbia-U-Boote, 600 | |
Millionen Dollar für die LRSO und 300 Millionen Dollar für die GBSD. Das | |
ergibt für 2019 einen Finanzbedarf von 6,9 Milliarden Dollar. | |
Um die maßgeschneiderte und flexible Abschreckungsstrategie umzusetzen, | |
plant das Pentagon außerdem die Anschaffung zusätzlicher Waffen mit | |
geringer Sprengkraft für den möglichen Gefechtsfeldeinsatz gegen Russland | |
und China. Diese „Ergänzungen werden die Abschreckung stärken, indem sie | |
potenzielle Gegner von dem Irrglauben abbringen, sie könnten sich durch den | |
begrenzten Einsatz von Nuklearwaffen einen Vorteil gegenüber den | |
Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten verschaffen.“ | |
Die Neuanschaffungen sind laut NPR erforderlich, da Russland womöglich der | |
Meinung sei, die USA könnten den Einsatz von Nuklearwaffen mit begrenzter | |
Sprengkraft nicht kontern, ohne zu Waffen mit großer Sprengkraft zu | |
greifen. Das trifft jedoch, wie auch die Russen wissen, nicht zu. | |
Im Rahmen ihrer Nato-Verpflichtungen haben die USA sogenannte Dual-Capable | |
Aircrafts (DCA) – speziell F15-Kampfjets – in Europa stationiert, die im | |
Falle eines europäischen Flächenbrands B61-Bomben auf russische | |
Streitkräfte abwerfen könnten. Neue SLBM-Sprengköpfe und seegestützte, | |
nuklear bestückbare Marschflugkörper werden zwar nicht benötigt, um | |
Russland vom Erstgebrauch taktischer Nuklearwaffen abzuschrecken, aber sie | |
entsprechen dem Wunsch nach Diversifizierung des US-Atomwaffenarsenals. | |
Das Geld für all diese Programme, die zum großen Teil über viele Jahre | |
laufen werden, muss der US-Kongress erst noch bewilligen. Es ist gut | |
möglich, dass sich manche technische Dimension, die im Nuclear Posture | |
Review genannt wird, nicht im vollen Umfang verwirklichen lässt. Weitaus | |
bedeutsamer ist der Politik- und Stimmungswandel, mit dem Obamas | |
atomwaffenkritische Ansichten ad acta gelegt werden: Die Trump-Regierung | |
setzt alles daran, Atomwaffen verstärkt zu einem probaten Instrument der | |
US-Militärstrategie zu machen. | |
Das russlandfeindliche Klima, das die politische Klasse der USA erfasst | |
hat, lässt jeden Widerstand gegen den Ausbau des Nuklearpotenzials | |
verstummen; beide Kongressfraktionen stimmten fast geschlossen für eine | |
massive Aufstockung der Militärausgaben. Dies wird zwangsläufig die | |
politische Führung Russlands und Chinas – und weiterer Länder – animieren, | |
einen ähnlichen Kurs einzuschlagen und im Gegenzug die eigenen Arsenale | |
auszubauen. Willkommen im neuen Atomzeitalter. | |
Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld | |
8 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Michael Klare | |
Michael T. Klare | |
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