# taz.de -- Jahresrede des russischen Präsidenten: Putin rüstet auf | |
> In seiner Jahresrede an die Nation stellt der Präsident neue Atomwaffen | |
> vor. Der Werbeeffekt vor der Wahl am 18. März wird gerne mitgenommen. | |
Bild: „Hört jetzt zu“: Journalisten in Moskau lauschen Wladimir Putin | |
Moskau taz | In seiner jährlichen Rede an die Nation hat Russlands | |
Präsident Wladimir Putin am Donnerstag eine massive Aufrüstung angekündigt. | |
Er stellte jüngste Errungenschaften der nuklearen Rüstungsindustrie vor. Es | |
handelt sich um nukleare Waffen, gegen die Abwehrsysteme machtlos sein | |
sollen. Putin nannte eine Hyperschallrakete und „Sarmat“, eine schwere | |
Interkontinentalrakete. | |
Zum ersten Mal hielt Putin seine Jahresrede nicht im Georg-Saal des Kreml. | |
Der tausendköpfige Tross aus Abgeordneten, Senatoren, Honoratioren und | |
geladenen Celebrities erwartete Russlands Präsident in der zur | |
Ausstellungshalle umfunktionierten alten Manege unmittelbar vor den Mauern | |
des Kreml. | |
Eigentlich wäre die Rede im Dezember fällig gewesen. Wegen der | |
Präsidentschaftswahlen am 18. März wurde der Termin verlegt, mutmaßen | |
Beobachter. Der Werbeeffekt des präsidialen Auftritts sollte noch | |
mitgenommen werden, da der Kreml eine niedrige Wahlbeteiligung fürchtet. | |
Grund für die neue Lokalität war auch eine neue Darstellungsform. | |
Ebenfalls erstmals nutzte Russlands Präsident auch Grafiken und Videos zur | |
Unterstützung seines Vortrags. Putin hüstelte immer noch. Schon vor zwei | |
Wochen hatte er sich krankmelden lassen. Im Gegensatz zu den | |
Aufrüstungsplänen war das meiste, was Putin zu ökonomischen Vorhaben der | |
nächsten Amtszeit ankündigte, in früheren Programmentwürfen schon | |
aufgetaucht. | |
## Vertrag unterlaufen | |
Wladimir Putin begründete die Aufrüstung mit dem einseitigen Ausstieg der | |
USA aus dem Vertrag über Raketenabwehr und einer „De-facto-Stationierung“ | |
dieser Systeme innerhalb und außerhalb der USA. Außerdem hatten die USA vor | |
einem Monat ein neues Atomprogramm angekündigt. Demnach plant Washington, | |
kleinere Atomwaffen mit geringerer Sprengkraft zu entwickeln, um flexibler | |
auf Angriffe reagieren zu können. | |
Die USA halten Moskau vor, über mehr Atomwaffen zu verfügen und den | |
INF-Atomwaffen-Vertrag seit 2014 mit der Entwicklung eines bodengestützten | |
Marschflugkörpers unterlaufen zu haben. „Uns wollte keiner hören, hört | |
jetzt zu“, sagte Putin mit beleidigtem Unterton Richtung Washington. Es war | |
wohl eine Aufforderung, in Verhandlungen einzutreten. Die nukleare | |
Abrüstung ist der letzte Bereich, auf dem sich der Kreml mit den USA als | |
Weltmacht präsentieren kann. | |
Der erste Teil der Rede schläferte einige geladene Gäste ein. Putins | |
Präsentation der neuen Waffen wirkte wie ein Erweckungsruf. Waffen, „die | |
andere noch nicht besitzen“, sagte Putin, der Saal klatschte frenetisch. | |
Gesichter leuchteten, Freude machte sich breit, wo manch einem eher | |
Schauder über den Rücken laufen würde. | |
Alte Reflexe wirken in Russland nach. Waffenwucht mobilisiert nach wie vor. | |
Bislang ist offen, wie ernst der Kreml das Ganze meint. Ein neuer | |
Rüstungswettlauf wäre dann möglich, wenn Moskau es darauf anlegt – auch | |
wenn der letzte zum Zusammenbruch der UdSSR geführt hatte. | |
1 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
## TAGS | |
Russland | |
Wladimir Putin | |
USA | |
Atomwaffen | |
Rüstungsindustrie | |
INF-Vertrag | |
Donald Trump | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Russland | |
Russland | |
Memorial | |
Russland | |
Wladimir Putin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Rüstungspolitik der USA: Trump weckt alte Atomkrieg-Ängste | |
Es droht ein neues Wettrüsten zwischen den USA und Russland. Deshalb | |
braucht Europa dringend eine eigenständige Außenpolitik. | |
Rüstungskontrollvertrag INF: Die doppelte Nulllösung | |
Im INF-Vertrag beschlossen Washington und Moskau die Verschrottung | |
bestimmter Waffen. Er ist der wichtigste Rüstungskontrollvertrag des Kalten | |
Krieges. | |
Aus Le Monde diplomatique: Willkommen im neuen Atomzeitalter | |
Obama wollte das US-Atomarsenal reduzieren. Mit Trumps „Nuclear Posture | |
Review“ wird die Zahl der Kernwaffen steigen. | |
Geheimdienste in Russland: Tschekist als Traumberuf | |
Eine Anstellung beim FSB halten immer mehr Russen für einen Glücksfall. Zu | |
dem positiven Image hat auch Präsident Wladimir Putin beigetragen. | |
Opposition in Russland: Putins letzte Wahl | |
Putins Gegner Nawalny darf bei der Präsidentschaftswahl im März nicht | |
antreten. Doch die Jugend macht den Kreml zunehmend nervös. | |
Opposition im Nordkaukasus: Memorial geht es an den Kragen | |
Das Büro der Menschenrechtler in Inguschetien wird durch Brandstiftung | |
verwüstet. In Tschetschenien sitzt ein Vertreter der Organisation in | |
U-Haft. | |
Präsidentschaftswahl in Russland: Alexej Nawalny darf nicht kandidieren | |
Die Wahlkommission untersagt Nawalny, Wladimir Putin 2018 herauszufordern. | |
Der Amtsinhaber hat derweil noch kein Wahlprogramm. | |
Putins große Fernsehshow: Die mediale Offenbarung | |
Bei seiner Jahrespressekonferenz stellt sich Putin als Kandidat für die | |
Präsidentenwahl vor. Konkurrenz oder Probleme gibt es nicht. |