# taz.de -- Unternehmenskultur im Silicon Valley: Uber and out | |
> Travis Kalanick ist als Uber-Chef zurückgetreten. Schade. Ein besseres | |
> Beispiel für den Arschlochkapitalismus des Silicon Valley gibt es kaum. | |
Bild: Travis Kalanick im Juni 2016 in China | |
Früher, da ging Travis Kalanick gern mit seinem Lieblingsbuch hausieren. Da | |
schmückte er mit dem Cover von Ayn Rands „The Fountainhead“ („Der ewige | |
Quell“) sogar noch sein Twitter-Profilbild. Passt doch auch wie Bro-Fist | |
aufs Auge: der Chef des umstrittenen Fahrdienstvermittlers Uber feiert den | |
Roman über den Triumphzug eines nietzscheanisch anmutenden Einzelkämpfers | |
ab, der seine Ziele ungeachtet gesellschaftlicher Regeln verfolgt. | |
Richtig überraschend ist das nicht. Die marktradikale Philosophin Ayn Rand | |
ist mit dem eiskalten Kapitalismus, den sie propagierte, längst zu so etwas | |
wie der Säulenheiligen des Silicon Valley geworden. Auch wenn selbst | |
Kalanick seine Begeisterung für ihr Werk inzwischen etwas zurückhaltender | |
kommuniziert, weil das dann doch nicht ganz so gut kommt: Leidenschaftlich | |
verehrt wird sie von vielen aus der Start-up-Kaste, die einer | |
Disruptionsideologie frönt, laut der sich immer schneller zu bewegen sei, | |
als staatliche Regulierer nachziehen können. Und Altes kaputtzumachen ist. | |
Uber lebt das vor wie kein zweiter Konzern. Binnen acht Jahren machte | |
Mitgründer Travis Kalanick aus einer App, die eigentlich genau das Gleiche | |
tat wie ein Taxiruf, ein 68 Milliarden schweres Unternehmen. Was wohl nie | |
funktioniert hätte, wäre Kalanick nicht willens gewesen, auf dem Weg zum | |
Erfolg auf Regeln gepflegt zu pfeifen. „Prinzipielle Konfrontation“ nennt | |
er das gern. | |
Vielerorts braucht man zum Taxifahren eigentlich Lizenzen? Ignorierte Uber | |
so lange wie juristisch auch nur irgend möglich. Schließlich waren | |
Uber-Fahrer doch auch keine Angestellten, sondern unabhängige | |
Vertragspartner. Denen man zwar die Preise diktieren, das Einnehmen von | |
Trinkgeld untersagen und sie qua Abhängigkeit von internen | |
Bewertungssystemen zu willigen Werkzeugen machen konnte – die aber | |
natürlich keinerlei Schutz genießen oder Ansprüche geltend machen können. | |
Sharing Economy? Arschlochkapitalismus trifft es wohl eher. | |
Aber ein bisschen Rücksichtslosigkeit gehört zum guten Ton, wenn man im | |
Silicon Valley Milliarden wert werden möchte. Kann man auch die Antwort auf | |
Kundenbedürfnisse nennen. Und so beschädigte es Uber nicht, als 2014 | |
bekannt wurde, dass die Firmen-App ihre Kunden ausspionierten konnte – weil | |
eine Funktion namens „God view“ in der Lage war, ihren genauen | |
Aufenthaltsort in einer Stadt zu tracken. Und dass kurz darauf Ubers Pläne | |
publik wurden, kostenintensive Recherchen über allzu kritisch berichtende | |
Journalisten anzustellen, änderte auch nichts am Erfolg des Dienstes. | |
## Er bleibt im Aufsichtsrat | |
Schwieriger wurde es, als Gemunkel über sexistische Unternehmenskultur und | |
ein paar Mad-Men-artige Sprüche von Kalanick zu handfesten Vorwürfen gegen | |
den Konzern wurden: Im Februar erhob die ehemalige Uber-Ingenieurin Susan | |
Fowler Vorwürfe wegen Diskriminierung und sexueller Belästigung, gegen die | |
die Personalabteilung des Konzerns trotz Aufforderung nicht tätig wurde. | |
Andere Vorwürfe folgten – eine Untersuchungskommission sammelte wegen | |
Diskriminierung, sexueller Belästigung, unprofessionellem Verhalten und | |
Mobbing 215 Beschwerden. Wichtiges Führungspersonal ging, 20 Mitarbeitern | |
wurde gekündigt. Und auch das Ignorieren von Regeln klappt nicht mehr: So | |
ermittelt das US-Justizministerium gegen Uber – wenig amüsiert davon, dass | |
der Konzern sich qua geheimer Software vor Kontrolleuren schützen wollte. | |
Google-Schwester Waymo klagte, weil einer ihrer Exmanager tausende | |
vertrauliche Dokumente mit zu seinem neuen Arbeitgeber Uber genommen haben | |
soll. | |
Andere Silicon-Valley-Granden agieren zwar ähnlich skrupellos, kleiden das | |
aber in gefälligere Worte. Bro-Rüpel Kalanick hingegen erinnerte fast | |
täglich daran, was faul ist an der Rücksichtslosigkeit der | |
Silicon-Valley-Unternehmenskultur. Womit sein Rückzug fast schon schade | |
ist. Wobei: Im Aufsichtsrat darf er ja bleiben. Und vielleicht ändert sich | |
ja nun doch etwas. Immerhin erlaubte Uber am Dienstag, an dem Kalarnick | |
offiziell zurücktrat, seinen Fahrern, Trinkgeld anzunehmen. | |
22 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
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