# taz.de -- Frauenfeindliche Polemik bei Google: Der Sexismus im Silicon Valley… | |
> Ein Google-Mitarbeiter schreibt eine Polemik, die Frauen als schlechte | |
> Programmiererinnen beschreibt. Viele aus dem Konzern stimmen dem zu. | |
Bild: Wohl eher kein Lichtblick in der US-amerikanischen Tech-Branche: Google | |
BERLIN taz | Zehn Seiten. So lang ist das Dokument, in dem sich ein | |
Google-Entwickler über die biologischen Unterschiede zwischen Männern und | |
Frauen auslässt, um zu begründen, warum Frauen vermeintlich schlechter | |
programmieren. Das Dokument wurde zunächst innerhalb des Konzerns | |
verbreitet. Seit dem Sonntagabend ist es auch [1][online veröffentlicht]. | |
Frauen seien offener gegenüber Gefühlen und Ästhetischem als gegenüber | |
Ideen, schreibt der bisher unbekannte Autor. Deswegen seien sie häufiger in | |
sozialen oder künstlerischen Berufen tätig. Laut dem Autor sind die | |
Unterschiede nicht einfach nur gesellschaftlich konstruiert, sondern | |
existieren universell in allen Kulturen und haben klare biologische | |
Ursachen. | |
„Google’s Ideological Echo Chamber“ lautet der Titel der Polemik. Der Aut… | |
wirft Google vor, innerhalb des Konzerns herrsche eine „linke Verzerrung“, | |
die eine „politisch korrekte Monokultur“ hervorrufe. Wer anders denkt, | |
traue sich nicht, dies zu äußern. | |
Dabei zeigt das Dokument deutlich, welche Meinungen es nach wie vor über | |
Frauen in der Branche gibt. In den letzten Monaten waren immer wieder | |
[2][Sexismus-Vorwürfe im Silicon Valley] laut geworden. Laut Vice, das | |
[3][zuerst über die Schrift berichtete], gibt es bei Google selbst einige | |
Stimmen, die die Äußerungen des Autors befürworten. | |
„Ehrlich gesagt haben mehr Leute dem zugestimmt, als ich es gerne hätte“, | |
sagte ein*e anonyme*r Miterarbeiter*in zu Vice. [4][Dort heißt es weiter | |
weiter], im Konzern gebe es eine Mischung aus Frauen, die sagen „Das ist | |
schrecklich, das lenkt mich von meiner Arbeit ab und es sollte nicht | |
erlaubt sein“, Frauen und Männern, die sagen „Das ist schrecklich, aber wir | |
müssen ihm seine Stimme lassen“ und Männern, die sagen „Das ist so mutig, | |
ich stimme zu“. | |
## Ziemlich extreme Diskriminierung | |
Das Dokument spiegelt die Silicon-Valley-Mentalität in vielerlei Hinsicht | |
wider, sagt auch Vivek Wadhwa, Forscher an der Carnegie Mellon University, | |
der häufig den Mangel an Vielfalt in der Tech-Branche kritisiert. [5][Dem | |
britischen Guardian] sagte Wadhwa: „Man könnte das vielen Leuten zeigen und | |
sie würden sagen: ‚Ja, dem stimmen wir zu‘.“ Früher hätten Menschen vi… | |
häufiger und ohne Angst solche Äußerungen getätigt. | |
Das Dokument hat dennoch eine Diskussion innerhalb des Silicon Valleys | |
ausgelöst. Yonatan Zunger, der offenbar bis vor kurzem für Google | |
arbeitete, [6][lässt sich öffentlich über die Polemik aus]. Der Autor des | |
Papiers verstehe nicht, dass technische Berufe Kooperation, Zusammenarbeit | |
und Empathie benötigten. Die Schrift sei außerdem sehr schädlich für das | |
Arbeitsklima. | |
Schon im April erklärte das US-amerikanische Arbeitsministerium, dass es | |
bei Google systematische Probleme mit gleichberechtigter Bezahlung gibt. | |
Das Ministerium bezeichnete die Diskriminierung bei Google als „ziemlich | |
extrem“. Ein Anwalt des Arbeitsministeriums sagte im April laut Guardian, | |
dass es starke Anhaltspunkte für eine „sehr entscheidende Diskriminierung | |
gegen Frauen“ in der Hauptgeschäftsstelle von Google gebe. | |
Googles neue Vizepräsidentin für Diversität, Integrität und Kontrolle, | |
Danielle Brown, antwortete [7][mit einem Statement auf das zehnseitige | |
Dokument]. Die Polemik sei „kein Standpunkt, den ich oder der Konzern | |
unterstützen, fördern oder ermutigen“, so Brown. Teil eines offenen Umfelds | |
sei aber auch, dass andere Standpunkte vertreten werden dürfen. Laut Brown | |
setzt Google ein starkes Zeichen gegen Diskriminierung, indem es | |
demografische Daten veröffentlicht und Maßnahmen für Vielfalt und Inklusion | |
durchführt. | |
Die im Juni veröffentlichten Zahlen zeigen allerdings, dass sich der Anteil | |
an Frauen und schwarzen Mitarbeiter*innen 2016 im Vergleich zu 2015 nicht | |
verändert hat, schreibt der Guardian. Es habe einen schwachen Anstieg an | |
Frauen in technischen und Führungspositionen gegeben, der Anteil liege bei | |
Google aber immer noch bei nur 20 Prozent. Der landesweite Durchschnitt | |
liegt in den USA bei 26 Prozent. | |
Es reicht womöglich doch nicht aus, neue Posten mit schick klingenden | |
Titeln zu schaffen, um mit tiefsitzenden Vorurteilen und patriarchalen | |
Strukturen aufzuräumen. Stattdessen sollte der Konzern lieber junge Frauen | |
fördern, die in technischen Berufen arbeiten wollen. Als Branchenführer | |
kann Google so anderen Unternehmen die Zukunft zeigen. Je mehr Frauen in | |
der Branche arbeiten, desto normaler wird das Bild der Programmiererin. | |
Dann fühlen sich auch weniger Männer in der Auffassung bestätigt, sie seien | |
schlichtweg besser im Programmieren. | |
7 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://gizmodo.com/exclusive-heres-the-full-10-page-anti-diversity-screed-1… | |
[2] http://xn--Zahlreiche%20Frauen%20machen%20ihre%20Erfahrungen%20mit%20Sexism… | |
[3] https://motherboard.vice.com/amp/en_us/article/kzbm4a/employees-anti-divers… | |
[4] https://motherboard.vice.com/amp/en_us/article/ywpamw/internal-reaction-to-… | |
[5] https://www.theguardian.com/world/2017/aug/06/google-staffers-manifesto-aga… | |
[6] https://medium.com/@yonatanzunger/so-about-this-googlers-manifesto-1e3773ed… | |
[7] https://motherboard.vice.com/amp/en_us/article/vbv54d/google-on-anti-divers… | |
## AUTOREN | |
Belinda Grasnick | |
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