# taz.de -- Sexismus in der US-Hightech-Industrie: Der Kampf gegen Belästigung | |
> Zahlreiche Frauen machen ihre Erfahrungen mit Sexismus in Technikfirmen | |
> öffentlich. Doch ist Silicon Valley in der Lage, sich zu ändern? | |
Bild: Musste nach Berichten über eine Belästigungskultur bei Uber gehen: Ex-C… | |
NEW YORK ap | Seit Jahren wird Sexismus im Silicon Valley als offenes | |
Geheimnis behandelt. Die Probleme können besonders groß für Frauen an der | |
Spitze von Start-ups sein, deren Firmen auf Geld von Risikokapitalgebern | |
angewiesen sind. Aber etwas ändert sich: Eine wachsende Zahl von Frauen | |
geht an die Öffentlichkeit, berichtet von der sexuellen Belästigung und | |
Diskriminierung, die sie erfahren haben. Die Folgen bisher: | |
Entschuldigungen, Rücktritte – und viel Händeringen. | |
Es ist zwar noch zu früh zu sagen, ob die Enthüllungen von sexistischem | |
Verhalten zu einem tiefgreifenden langfristigen Wandel führen werden. Aber | |
die öffentlichen Vorwürfe, häufig gegen Größen in der Szene, lösen | |
zumindest etwas Selbstreflexion in einer Industrie aus, die seit langem als | |
arrogant und selbstbezogen kritisiert wird. | |
So hat sich der prominente Tech-Investor Dave McClure am vergangenen | |
Wochenende für „unangemessene Avancen“ gegenüber mehreren Frauen | |
entschuldigt. [1][Sein Eingeständnis „Ich bin ein Ekel, es tut mir leid“] | |
folgte einem [2][New York Times-Bericht] über Vorwürfe von Unternehmerinnen | |
gegen ihn und andere bekannte Anleger. Als Konsequenz zog sich McClure am | |
Montag als Geschäftsführer von seinem Venture-Kapital-Unternehmen 500 | |
Startups zurück, das er mitbegründet hatte. | |
Da Sexismus in dieser von Männern dominierten Industrie nichts Neues ist, | |
wie kommt es dann, dass jetzt mehr Frauen mit Vorwürfen an die | |
Öffentlichkeit gehen? Zu verdanken ist das zumindest wohl teilweise Susan | |
Fowler, einer früheren Ingenieurin bei Uber, die über eine Kultur der | |
sexuellen Belästigung in dem Unternehmen berichtete. In der Konsequenz | |
[3][nahm Uber-Topmanager Travis Kalanick seinen Hut] und die Firma hat | |
tiefgreifende Veränderungen versprochen. | |
Ebenfalls im Juni trat Justin Caldbeck, ein Partner in der | |
Venture-Kapital-Firma Binary Capital, zurück, nachdem mehrere | |
Unternehmerinnen mit Belästigungsvorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen | |
waren. Caldbeck entschuldigte sich schriftlich, aber wie er es tat, stieß | |
bei anderen in der Technologie-Industrie auf Kritik. „Man hat das Gefühl, | |
als ob du uns dazu bringen willst, Mitleid mit dir zu haben, weil du deine | |
kostbare Firma verlassen musst. Du hast das selbst verursacht“, [4][schrieb | |
Google-Produktmanager Brenden Mulligan] auf der Internetplattform Medium. | |
Eine von Caldbecks Anklägerinnen, Niniane Wang, erklärte, sie habe beim | |
Lesen der Entschuldigung laut gelacht. | |
## „Wie in den 1950ern“ | |
Und tatsächlich zeigen sich viele weiter skeptisch, ob die Industrie in der | |
Lage ist, sich über Nacht zu ändern. So beklagte der LinkedIn-Mitbegründer | |
und frühere Topmanager Reid Hoffman nach dem Lautwerden der Vorwürfe gegen | |
Caldbeck [5][einen „Mangel an Empörung“]. Er rief Risikokapitalanleger auf, | |
Umgangsregeln einzuführen wie sie es auch in anderen Unternehmen und | |
Einrichtungen gibt. | |
Verstärkt wird zudem nach mehr Frauen in der Industrie gerufen – allgemein | |
in der Branche und in Führungspositionen. In Firmen mit mehr weiblichen | |
Beschäftigten, so das Denken, dürfte es geringere Probleme mit Sexismus und | |
sexueller Belästigung geben. Wird Technologieunternehmen oft vorgehalten, | |
dass sie zu wenige Frauen einstellen, so gilt das auch für | |
Venture-Kapital-Firmen. Hier sind nach Statistiken aus dem vergangenen Jahr | |
nur 26 Prozent der hochrangigen Positionen von Frauen besetzt. | |
Natürlich ist sexuelle Belästigung nicht nur ein Problem in der | |
Tech-Industrie. So schätzte die auf Arbeitnehmerrechte spezialisierte | |
Organisation Restaurant Opportunities Centers United im Jahr 2014, dass | |
Zweidrittel der weiblichen und mehr als die Hälfte der männlichen | |
Beschäftigten im Restaurantgewerbe irgendeine Art von sexueller Belästigung | |
erfahren haben – sei es durch Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte. | |
„Von Technologieunternehmen sollte man eigentlich erwarten, dass sie anders | |
handeln“, sagt Tom Spiggle, Gründer einer Anwaltsfirma, die sich um Rechte | |
am Arbeitsplatz kümmert. „Aber sie haben sich wie Uber verhalten.“ Spiggle, | |
der häufig Beschäftigte in Fällen mutmaßlicher Belästigung sowie | |
Diskriminierung vertritt, spricht von einem „Retro“-Verhaltensmuster und | |
hat Zweifel, dass sich trotz prominenter Fälle etwas bessert. Er sei | |
schockiert gewesen, als er 2009 damit begonnen habe, die ersten Fälle zu | |
übernehmen: „Es fühlte sich wie die 1950er Jahre an.“ | |
5 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://500hats.com/im-a-creep-i-m-sorry-d2c13e996ea0 | |
[2] http://www.nytimes.com/2017/06/30/technology/women-entrepreneurs-speak-out-… | |
[3] /Unternehmenskultur-im-Silicon-Valley/!5420226 | |
[4] https://medium.com/@mulligan/everything-i-hate-about-justin-caldbecks-state… | |
[5] http://www.linkedin.com/pulse/human-rights-women-entrepreneurs-reid-hoffman | |
## AUTOREN | |
Barbara Ortutay | |
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