# taz.de -- Kolumne Behelfsetikett: Der ganze Kiez vibriert | |
> Zur Fête de la Musique am Sommeranfangsmittwoch ist die Stadt so voll wie | |
> nie – aber auch so entspannt wie nie. Das hätte unser Autor gerne öfter | |
Bild: Auf der Cassiopeia-Bühne am Abend der Fête de la Musique hip-hopten „… | |
Moment mal, der Boxi stand doch gar nicht auf der Liste der | |
Veranstaltungsorte zur Fête de la Musique. Von dort kommt aber laute | |
Gitarrenmusik und Gesang. Das Ganze entpuppt sich als Ein-Mann-Show mit | |
großem Wahlkampfstand: Klaus Freudigmann will als Direktkandidat der | |
Internationalistischen Liste MLPD in den nächsten Bundestag. Nun sammelt er | |
Unterschriften für seine Wahlzulassung und greift dazu in die Seiten seiner | |
E-Gitarre. „Musik machen mit Verstärker geht nur, weil heute Fête de la | |
Musique ist“, erklärt eine Standbetreuerin. | |
Nix wie weiter und rauf aufs RAW-Gelände. Absperrgitter und | |
Rucksackkontrolle. Ach so, es geht um Glasflaschen. Eine Handvoll Menschen | |
sind zum Auftakt um 16 Uhr erschienen. Am Badehaus ist Neufundland die | |
erste Band des Tages. Bei gleißendem Sonnenschein verpufft der Bühnennebel, | |
aber die fünf Jungs aus Köln geben alles und spielen Pop, der Spaß macht. | |
„Wir sind heute schon um vier Uhr aufgestanden, um nach Berlin zu fahren“, | |
erzählt der Frontmann. Das gibt Beifall. | |
Eine Gehminute um die Ecke steht beim Cassiopeia die nächste Bühne. „Blond�… | |
heißt die 3er-Combo aus Chemnitz, die coole Indiemukke spielt und die | |
wenigen ZuhörerInnen nach vorne an die Bühne zu locken versucht, denn: | |
„Hier ist der Schatten am schönsten.“ Zwei vielleicht 14-jährige Jungs | |
tanzen gleich los. Babys werden die Ohren zugehalten. Ein Helikopter dreht | |
über uns seine Runden. Ein Bier vom Fass (0,4 Liter) kostet 3 Euro, eine | |
Laugenbrezel unverschämte 4,50 Euro. Ein Promo-Team verteilt Blättchen, | |
Filter und Tabak. Ständig weht ein Dope-Lüftchen. Die Stimmung ist locker, | |
irgendwie schön. | |
## Die Tramlinie 10 kollabiert | |
Zeitsprung: Es ist 20 Uhr. Die Tramlinie 10 kollabiert. Die BVG ist auf so | |
einen Massenansturm von Menschen nicht vorbereitet. Viele gehen zu Fuß. | |
Viele sitzen auf den Rasenflächen am Frankfurter Tor oder vor Läden, die | |
ihr eigenes Musikprogramm machen, und chillen. | |
Rund um das Badehaus und das Cassiopeia ist es jetzt proppevoll. Nun gibt’s | |
HipHop auf die Ohren. Die Massen gehen mit. Die Schlangen am Tresen und | |
vorm Klo nerven. Es riecht nach Bier und gegrillten Würstchen. Und Pisse. | |
Je später der Abend, desto ungenierten erleichtern sich Herren jeden Alters | |
in Gebüschen oder einfach auf dem Gehweg. | |
Was bleibt vom schönen Abend, ist die Erkenntnis: Selten ist die Stadt | |
voller – und zugleich entspannter. Der ganze Kiez vibriert und kommt | |
zusammen. Wenn das doch öfter so wär. | |
25 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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