# taz.de -- Regierungsbildung in NRW: Die Angst vor dem Heidemörder | |
> Armin Laschet soll Ende Juni neuer Ministerpräsident in NRW werden. Doch | |
> er fürchtet Verräter in den eigenen Reihen. | |
Bild: Armin Laschet (l.) und Christian Lindner, Anfang Juni in Düsseldorf | |
BOCHUM taz | Beim Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen machen | |
Christdemokraten und Liberale Tempo: Bereits am 27. Juni soll der | |
Wahlsieger und bisherige CDU-Landtagsfraktionschef Armin Laschet zum neuen | |
Ministerpräsidenten gewählt werden – und nicht wie bisher geplant Mitte | |
Juli. „Der Koalitionsvertrag steht“, konnte Laschet am Dienstagabend nach | |
sieben Verhandlungsrunden in drei Wochen in Düsseldorf verkünden. | |
Inhaltlichen Dissens gebe es nicht mehr, bestätigte auch FDP-Chef Christian | |
Lindner: Bis zur endgültigen Präsentation des Vertrages am Freitag seien | |
lediglich redaktionelle Schlussarbeiten nötig. | |
Fest steht: CDU und Liberale haben massive Einschränkungen für den Bau von | |
Windkraftanlagen beschlossen. Der Mindestabstand zu geschlossener | |
Wohnbebauung soll auf 1.500 Meter verdreifacht werden. Dadurch reduziert | |
sich die verfügbare Fläche zur Aufstellung von Windrädern um 80 Prozent. | |
Mit der Errichtung von Windmühlen im Wald soll ebenfalls Schluss sein. | |
Bereits erteilte Genehmigungen für 450 Anlagen sollen weiter gelten. | |
CDU und FDP planten einen „Windkraft-Boykott“, wollten „die Energiewende | |
vor die Wand fahren“, klagt der neue [1][SPD-Landesparteichef Michael | |
Groschek]. | |
Scheibchenweise hatten die beiden Parteien zuvor die Ergebnisse jeder | |
einzelnen Verhandlungsrunde präsentiert. Beschnitten wurden dabei vor allem | |
Maximalforderungen der FDP: Das Abitur nach 13 Jahren (G9) soll entgegen | |
Lindners Wahlversprechen zum Regelfall, Studiengebühren allein von Menschen | |
aus Nicht-EU-Ländern eingefordert werden. | |
## Kein Shopping rund um die Uhr | |
Nicht durchsetzen konnten sich die Wirtschaftsliberalen auch mit ihrer | |
Forderung nach völliger Freigabe der Ladenöffnungszeiten rund um die Uhr. | |
„Wir haben die absolute Mehrheit verfehlt“, sagte Lindner dazu nur | |
lakonisch. Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage soll aber von vier auf | |
acht pro Jahr verdoppelt werden. | |
Beitragsfrei bleiben soll außerdem das dritte Kita-Jahr. Auch an der | |
Verkleinerung des Braunkohletagebaus Garzweiler II, die auf Druck der | |
Grünen von der Vorgängerregierung unter der Sozialdemokratin Hannelore | |
Kraft beschlossen wurde, wollen CDU und FDP nicht rütteln. Völlig unklar | |
bleibt aber, wie Vorhaben wie schnellere Bauarbeiten auf den stauträchtigen | |
NRW-Autobahnen oder mehr LehrerInnen zur Umsetzung des Abiturs in 13 | |
Schuljahren bezahlt werden sollen. Ein Koalitionsvertrag sei „noch kein | |
Haushaltsplan“, meinte dazu der nordrhein-westfälische Generalsekretär der | |
Christdemokraten, Bodo Löttgen. | |
Seine künftigen MinisterInnen will Laschet aller demonstrativen Einigkeit | |
zum Trotz aber erst Tage nach seiner Vereidigung präsentieren. | |
„Offensichtlich braucht Laschet ein paar Tage“, meint der parlamentarische | |
Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Marc Herter, „damit es in seiner Fraktion | |
keine Frustrierten gibt.“ | |
Laschet kann sich nur auf die denkbar knappste schwarz-gelbe Mehrheit von | |
100 der 199 Parlamentarier stützen. Zwar sollen bei der CDU ein Parteitag | |
und bei der FDP eine Onlinebefragung aller Mitglieder grünes Licht für den | |
Koalitionsvertrag geben. Dennoch scheint der Christdemokrat davor Angst zu | |
haben, bei der Wahl zum Ministerpräsidenten nicht alle Abgeordneten hinter | |
sich zu versammeln und durchzufallen wie 2005 Schleswig-Holsteins | |
SPD-Regierungschefin Heide Simonis, der mindestens ein | |
Koalitionsabgeordneter die Stimme verweigerte. Identifiziert ist der | |
„Heidemörder“ bis heute nicht. | |
14 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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