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# taz.de -- Neuer Chef der NRW-SPD: Groschek soll Schulz retten
> Nach der NRW-Niederlage soll der amtierende Verkehrsminister Groschek
> Landesparteichef werden. Umkämpft bleibt der Fraktionsvorsitz.
Bild: Groschek ist unüberhörbar ein typischer Vertreter der industriefreundli…
Düsseldorf taz | In Nordrhein-Westfalen soll ein erfahrener
Wahlkampfmanager SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Rennen halten: Neuer
Landesvorsitzender der Genossen an Rhein und Ruhr wird der aus Oberhausen
stammende bisherige Verkehrsminister Michael Groschek. Das haben Präsidium
und Vorstand der NRW-SPD bei Sitzungen am Freitagnachmittag in Düsseldorf
einstimmig beschlossen. An den rund zweieinhalbstündigen Beratungen nahm
auch der aus Würselen bei Aachen stammende Schulz selbst teil.
Der 60-jährige Groschek wird Nachfolger der abgewählten Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft, die noch am Wahlabend ihren Rücktritt als Landes- und
stellvertretende Bundesvorsitzende erklärt hatte. Mit nur 31,2 Prozent
hatte die SPD am vergangenen Sonntag in ihrer Herzkammer das schlechteste
Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Er werde künftig „noch enger mit Martin
Schulz zusammenarbeiten, damit die Bundestagswahl ein Erfolg wird“, sagte
Groschek vor JournalistInnen: Wichtig sei, dass sich die SPD nach dem
Wahldesaster „nicht als Trauerkloß ins Schneckenhaus zurückzieht“.
Groschek, der in der Partei nur „Mike“ genannt wird, ist ein Urgestein der
nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten. Mehr als elf Jahre arbeitete er
als Generalsekretär, hat 2010 und 2012 die Wahlsiege Krafts und damit die
Niederlage von CDU-Regierungschef Jürgen Rüttgers nach nur fünf Jahren im
Amt organisiert. Kanzlerkandidat Schulz betonte prompt, mit Groschek an
diese Zeiten anknüpfen zu wollen: „Wir wollen die Bundestagswahl am 24.
September gewinnen – und dazu gehört ein mobilisierter Landesverband in
NRW.“
Groschek ist der Sohn eines Konditormeisters und einer Hausfrau und
unüberhörbar ein typischer Vertreter der industriefreundlichen
Ruhrgebiets-SPD. Der Lehrer für Wirtschaft und Deutsch an berufsbildenden
Schulen war Vorsitzender der Oberhausener Jusos, saß im Ortsvereins- und
Bezirksvorstand. Mandate als Landtags- und Bundestagsabgeordneter folgten.
## Wer wird Fraktionschef?
2012 machte ihn Hannelore Kraft zum Verkehrsminister im Stauland Nummer 1,
wo sich die Autobahnen werktags immer wieder in Parkplätze verwandeln.
Tatsächlich gelang es dem auch in der Bundeshauptstadt gut vernetzten
Groschek, im Rahmen des bis 2030 geltenden Bundesverkehrswegeplan knapp 14
zusätzliche Milliarden Euro für NRW beim aus Bayern stammenden
CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt loszueisen „Schubkarrenweise“
sei „das Geld in Richtung Nordrhein-Westfalen unterwegs“, tönte der
Minister daraufhin im WDR.
Gleichzeitig versuchte Groschek, die SPD auf Kosten des kleineren grünen
Koalitionspartners zu profilieren: Der Oberhausener warnte vor einer
„durchgrünten Gesellschaft“, in der „Egoisten im Mantel einer
Bürgerinitiative“ versuchten, wichtige Projekte wie den Neubau der völlig
maroden Leverkusener Autobahn-Rheinbrücke zu torpedieren. Die Brücke gilt
als wichtigste Rheinquerung Deutschlands – allerdings muss für ihren Neubau
eine Giftmüll-Deponie des Leverkusener Bayer-Konzerns angebohrt werden.
Umkämpft bleibt bei den Sozialdemokraten dagegen die Position des
Fraktionschefs im Düsseldorfer Landtag. Vorstöße des bisherigen
Vorsitzenden Norbert Römer, er könne für eine Übergangszeit von etwa 18
Monaten weiter im Amt bleiben, sollen bei nicht wenigen Abgeordneten auf
Ablehnung stoßen – als einer der engsten Vertrauten der
Nochministerpräsidentin Kraft gilt der 70-Jährige bei vielen als Mann von
gestern.
## CDU und FDP vereinbaren Koalitionsverhandlungen
Möglicher Römer-Nachfolger könnte der bisherige Justizminister Thomas
Kutschaty werden. Durchsetzen müsste sich der 48-Jährige aus Essen
allerdings nicht nur gegen Römer selbst. Auch der bisherige
parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Marc Herter,
soll sich Hoffnungen machen, Römer nach einer Übergangszeit beerben zu
können – ebenso wie der umstrittene bisherige Innenminister Ralf Jäger: In
der Landeshauptstadt kursieren Gerüchte, nach denen Jäger darauf setzt,
seine Pannen im Umgang mit den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der
Kölner Silvesternacht und bei der Überwachung des
Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri könnten in den kommenden eineinhalb
Jahren in Vergessenheit geraten.
Neu besetzt haben die NRW-Genossen immerhin den Posten des
Landesgeneralsekretärs. Amtsinhaber André Stinka war am Donnerstag
zurückgetreten und hatte damit „Verantwortung für das Wahlresultat“
übernommen. Sein Landtagsmandat will Stinka aber – wie Hannelore Kraft auch
– wahrnehmen. Nachfolgerin Stinkas wird die bisherige
Wissenschaftsministerin Svenja Schulze aus Münster.
Die Landeschefs von CDU und FDP, Armin Laschet und Christian Lindner,
vereinbarten unterdessen, in der kommenden Woche formelle
Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Besonders der Wirtschaftsliberale
Lindner, der noch am Wahlabend gesagt hatte, Laschet sei nicht sein
„Wunschpartner“, betonte die harmonische Atmosphäre zwischen den
bürgerlichen Parteien: Schon im Wahlkampf seien beide „mit einer gewissen
Ritterlichkeit“ miteinander umgegangen. Laschet versicherte, er fürchte
keinesfalls, bei der Wahl zum Ministerpräsidenten durchzufallen – zusammen
verfügen CDU und FDP im Düsseldorfer Landtag nur über eine hauchdünne
Mehrheit: 100 der 199 Sitze. „Der Wille zu Gestalten ist groß“, sagte der
Christdemokrat, „und das gegenseitige Vertrauen ist ebenfalls groß.“
19 May 2017
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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