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# taz.de -- Verfilmung von Martin Suter-Romanen: Bestseller in primetimetauglich
> Die ARD zeigt die beiden ersten Detektivromane von Martin Suter. Es ist
> eine armselige Verfilmung mit Fehlbesetzung.
Bild: Das schlimmste an der ganzen Verfilmung? Heino Ferchs (links) Perücke
In den Detektivromanen von Martin Suter ermittelt Allmen, der
Meisterdetektiv ins spe, und sein treu sich unterordnender Begleiter
Carlos. Fast wie Sherlock Holmes und Doktor Watson. Vier Romane –
erschienen zwischen 2011 und 2014 – bestreitet das Paar. Und [1][es hätte
eigentliche eine gute Idee der ARD sein können], die ersten beiden dieser
Räuberpistolen zu verfilmen.
Zumindest die Besetzung lässt sich sehen: Samuel Finzis eigener Charme
steht der Figur des Carlos ganz gut. Bei Suter liest man: „Er kochte,
servierte, bügelte, putzte, reparierte, improvisierte.“ Auch gegen viele
andere ist nichts einzuwenden: Peter Kurth als lästiger Gläubiger –
„vierschrötig, kurzhalsig, rothändig“ (Suter) –, Gustav Peter Wöhler a…
diskreter Kunsthehler, Hanns Zischler als kunstsammelnder Millionär mit
Contenance und Ben Becker in der Standardrolle seines Lebens als rüpelndes
Alphamännchen.
[2][Doch ausgerechnet die Hauptrolle ist mit Heino Ferch eine
Fehlbesetzung]. Auf den ersten Blick ist die Wahl gar nicht so schlecht.
Immerhin ist Ferchs Standardrolle der virile, schweigsame Loner (etwa in
der ZDF-Reihe „Spuren des Bösen“). Ein prädestinierter „hardboiled
detective“.
Doch das Problem: Suters Detektiv ist das genaue Gegenteil. „Sein voller
Name lautete von Allmen [. . .] und hatte ursprünglich keine andere
Bedeutung, als dass sein Träger von den Alpen kam. Aber schon in jungen
Jahren hatte von Allmen in einer republikanischen Geste auf das ,von'
verzichtet und diesem damit eine Bedeutung verschafft, die es nie besessen
hatte.“ Allmen bringt erst sein ganzes Erbe durch und muss dann lernen,
seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu bestreiten – zunächst als Kunstdieb,
später als Kunstdetektiv.
Allmen ist das eigentliche Ereignis der Allmen-Romane, über deren eher
egale Krimiplots man getrost den Mantel des Schweigens hüllen kann. Das
Geheimnis der fünf Libellen und die Jagd nach einem Diamanten ist weder das
eine noch das andere. Deshalb steht und fällt die ganze Verfilmung mit
ihrem Hauptdarsteller.
## Glattgebügelt und primetimetauglich
Nun ist gegen eine ungewöhnliche Besetzung grundsätzlich nichts
einzuwenden. Wohl aber gegen die dämliche Perücke. Gegen die bei Ferch
ungewohnte und aufgesetzte Theatralik, die Ironie sein soll. Gegen die in
keinem der Suter-Romane stehenden Geistesgrößen-Zitate, die Ferch ständig
aufsagen muss (Drehbuch: Martin Rauhaus). Und dann spricht er auch noch
Jean Paul falsch aus (nämlich wie Belmondo). Dem echten, also Suters Allmen
wäre das im Leben nicht passiert, denn „sein Gebiet waren die Sprachen. Er
lernte sie leicht und gerne und hatte sich ihrem Studium über Jahre in den
Hauptstädten dieser Welt gewidmet“.
Wie denkt die ARD offenbar über ihr Publikum, wenn selbst [3][ein so
maximal mainstreamkompatibler Autor wie Martin Suter] noch glattgebügelt
werden muss, um als primetimetauglich zu gelten? Es ist ja nicht so, als
würde Suter unfilmisch erzählen. Warum also musste hier nahezu [4][jede von
Suters Szenen durch eine andere, schlechtere ersetzt werden]? Und warum
nur verzichtet der Film auf den nächstliegenden Schauwert?
„Allmen war Stammkunde bei Herrn Arnold. Der besaß zwei Taxis, einen
Mercedes Diesel und ebendiesen schwarzen chromblitzenden
Amerikanerschlitten, den er für Liebhaber wie Allmen aus der Garage holte“.
So lässt sich Allmen also in einem 1978er Fleetwood Cadillac durch Suters
Romane chauffieren – im Film muss er sich als Fahrgast mit dem Mercedes
Diesel bescheiden. Fast möchte man meinen, Regisseur Thomas Berger habe
mutwillig auf die bislang armseligste Suter-Adaption überhaupt
hingearbeitet.
1987 zeigte die ARD „Der Prins muß her“ mit Peter Sattmann. Auch ein
Serienheld, dem nach seinem Bankrott einfällt, seinen Lebensunterhalt als
Kunstdetektiv zu bestreiten. Man hätte auch einfach diesen Film wiederholen
können. Wäre billiger gekommen. Und besser auch.
29 Apr 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
öffentlich-rechtliches Fernsehen
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deutsche Literatur
Martin Suter
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