Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verfilmung von „Ich bin dann mal weg“: Witze? Nur für Geld
> Devid Striesow bepilgert als Hape Kerkeling den Jakobsweg. Kerkelings oft
> anarchischer Humor hätte dem Film als Beigabe gut getan.
Bild: Hier ist er noch da: Devid Striesow als Hape Kerkeling.
Ist da was da oben? Und wenn ja, was und wo genau? Die Fragen nach
transzendenten Dingen mögen sich gefühlt immer weniger – und darunter
zunehmend fanatische – Menschen stellen, doch es gibt sie immer noch, die
religiösen Bedürfnisse. Der Wunsch nach einer ausgelagerten Zuständigkeit
für letzte Dinge ist denn auch unter Gesichtspunkten der Arbeitsteilung
selbst in säkular-ökonomisch orientierten Gesellschaften nachvollziehbar.
Dazu passt der Erfolg eines Buchs wie „Ich bin dann mal weg“ von Hape
Kerkeling. Dessen Schilderung seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg hat sich
mehr als vier Millionen mal verkauft und gilt als eines der erfolgreichsten
Sachbücher hierzulande – was bei einem bekannten Komiker nicht
selbstverständlich ist, aber vermutlich ebenso wenig hinderlich gewesen
sein dürfte.
Erfolge dieser Größenordnung wecken Begehrlichkeiten der kommerziellen
Weiternutzung. Die Buchverfilmung unter der Regie von Julia von Heinz
(unter anderem „Hanni & Nanni 2“) stellt sich ganz in den Dienst dieser
Verwertungslogik. „Ich bin dann mal weg“ will möglichst vielen Menschen
gefallen. Und bietet zu dem Zweck reisekatalogtaugliche Ansichten der von
Kerkeling beschrittenen Wanderwege in Nordspanien, sympathische bis maximal
dezent nervige Figuren und eine Handvoll Einsichten von unterwegs zum
Mit-nach-Hause-Nehmen.
Der oft anarchische Humor Hape Kerkelings hätte dem Film als Beigabe dabei
durchaus gut zu Gesicht gestanden. Doch Devid Striesow, so passabel er den
aus gesundheitlichen Gründen – nach einem Hörsturz und einer
Gallenblasen-Operation – zur beruflichen Untätigkeit verdammten
„Unterhaltungskünstler“ Kerkeling gibt, mit einem offenen Dauerlächeln, a…
sei er selbst der erleuchtete Buddha, hat im Drehbuch lediglich eine knappe
Handvoll Pointen abbekommen, um unter Beweis zu stellen, womit dieser
Pilger zu Hause sein Geld verdient.
Leider scheint es auch eine gewisse Angst gegeben zu haben, bei einer auf
Dialoge setzenden Handlung den Wiedererkennungseffekt gegenüber dem Buch zu
verringern – oder dessen introspektiven Charakter zu vernachlässigen.
Striesow spricht daher regelmäßig aus dem Off Tagebucheinträge, während die
Kamera durch weite Panoramen streift. „Da oben ist nichts. Nichts“, liest
er etwa vor, und die Blickrichtung des Objektivs schweift dazu himmelwärts.
Ihm zur Seite stehen eine unverwüstliche Martina Gedeck als trauernde
Einzelgängerin und eine sympathisch verquasselte Karoline Schuch als
aufdringliche Journalistin. Die Witzigkeit kommt dann ansatzweise in den
autobiografischen Rückblenden zum Tragen, wenn Kerkelings erste Gehversuche
als Komiker im Familienkreis vor etwas zu akkurat piefiger Ruhrpottkulisse
ins Bild gesetzt werden. Der wandernde erwachsene Hape hingegen antwortet
auf die Frage: „Machst du Witze?“ lapidar: „Nur für Geld.“ Ein gediege…
Weihnachtsfilm für die ganze Familie.
23 Dec 2015
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Verfilmung
Jakobsweg
Devid Striesow
Hape Kerkeling
Hape Kerkeling
öffentlich-rechtliches Fernsehen
Reisen
Kinofilm
Wandern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Film „Der Junge muss an die frische Luft“: Die Welt zum Lachen bringen
Caroline Link verfilmt einfühlsam Hape Kerkelings Kindheitserinnerungen. Es
gelingt ihr, eine Tragikomödie in zartem Ton zu erzählen.
Verfilmung von Martin Suter-Romanen: Bestseller in primetimetauglich
Die ARD zeigt die beiden ersten Detektivromane von Martin Suter. Es ist
eine armselige Verfilmung mit Fehlbesetzung.
Kolumne Generation Camper: Ich bin dann mal religiös?
Pilger sind sich ja sehr ähnlich. Doch religiös sind sie nur vereinzelt.
Schwer deshalb, eine Doktorarbeit in Religion über sie zu schreiben.
Alejandro Iñárritus Film „The Revenant“: Im Chaos von Pfeilen und Schüss…
In „The Revenant“ überzeugt Leonardo DiCaprio vor allem durch körperlichen
Einsatz. Dialoge sind hier pointenfrei und nebensächlich.
Wandern, ein Wundermittel: Bonus-Punkte gibt es extra
Forschungsergebnisse zeigen: Wandern ist ein hervorragendes Mittel gegen
vielerlei körperliches Ungemach. Selbst einige Krankenkassen honorieren das
Kunstfigur Horst Schlämmer: Er ist dann mal weg
Horst Schlämmer ist der beliebteste Politiker Deutschlands. Aber was ist
eigentlich dran an Kerkelings Kunstfigur? Ein Bericht von der Filmpremiere
von "Isch kandidiere".
Kerkeling-Film "Ein Mann, ein Fjord": Klamauk - aber mit Seele
Toller Mann, tolles Drehbuch: In Hape Kerkelings "Ein Mann, ein Fjord!"
(20.15 Uhr, ZDF) sind die kleinen Leute sympathisch und die Besserverdiener
stolpern durchs FDP-Idyll.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.