# taz.de -- Vor Volkskongress in China: Blick aufs Meer | |
> Die chinesische Regierung erhöht die Armeeausgaben moderater als zunächst | |
> angenommen. Doch das Wettrüsten in Ostasien ist nicht vorbei. | |
Bild: Auch die US-Marine im Südchinesischen Meer ist China ein Dorn im Auge | |
PEKING taz | Diese Ankündigung überrascht. Noch zu Wochenbeginn hatte die | |
chinesische Staatszeitung Global Times in einem Leitartikel „einen | |
mindestens zehn Prozent höheren Verteidigungsetat“ gefordert. Die USA seien | |
bereits eine militärische Supermacht, rüsteten aber weiter auf, hieß es in | |
dem Artikel. Die Zeitung steht den Hardlinern der regierenden | |
Kommunistischen Partei nah. Doch offensichtlich konnten sich die Hardliner | |
nicht durchsetzen. | |
Einen Tag vor Beginn der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses | |
verkündete ihre Sprecherin Fu Ying, dass China seine Militärausgaben in | |
diesem Jahr nur „um etwa sieben Prozent“ erhöhen werde – trotz der | |
Spannungen mit den USA. Damit liegt die Steigerung so niedrig wie seit 2010 | |
nicht mehr. Im vergangenen Jahr wuchs der Militäretat offiziell noch um 7,6 | |
Prozent, davor die Jahre sogar zweistellig. | |
Insbesondere im Territorialstreit ums Südchinesische Meer liegt China mit | |
den USA und sämtlichen Anrainerstaaten im Clinch. Peking beansprucht fast | |
das gesamte Gewässer für sich, das für die internationale Schifffahrt | |
inzwischen zum wichtigsten Handelsweg der Welt geworden ist. Seit einiger | |
Zeit versucht China Fakten zu schaffen und lässt künstliche Inseln | |
aufschütten, auf denen sie dann Militärbasen errichtet. Am Samstag rief Fu | |
Ying, die auch mal Chinas stellvertretende Außenministerin war, zur | |
Zurückhaltung auf und behauptet, die weitere Entwicklung in der gesamten | |
Region hänge vom Verhalten der USA ab. „Die US-Aktivitäten bestimmen | |
gewissermaßen das Barometer.“ | |
China ist inzwischen das Land mit dem zweitgrößten Militäretat weltweit. Er | |
lag 2016 bei umgerechnet rund 140 Milliarden US-Dollar und ist damit größer | |
als der von Japan, Südkorea, den Philippinen und Vietnam zusammen. Das | |
Friedensforschungsinstitut Sipri in Stockholm vermutet, dass es viele | |
versteckte Ausgaben gibt. So würden einige Rüstungsausgaben unter dem | |
Forschungsetat verbucht. Ausgaben für Einheiten der bewaffneten Polizei und | |
einige andere Posten würden ebenfalls im Staatshaushalt in anderen Etats | |
aufgeführt. „Es ist ziemlich sicher, davon auszugehen, dass die gesamten | |
Militärausgaben um etwa 50 Prozent höher sind“, sagte Sipri-Mitarbeiter | |
Siemon Wezemann. | |
Chinas Führung informiert traditionell einen Tag vor Beginn des Nationalen | |
Volkskongresses über ihre Rüstungsausgaben. Diese einmal im Jahr tagende | |
Zusammenkunft ist vom Statut her zwar ein Parlament – und offiziell das | |
höchste Organ der Volksrepublik. Die rund 3.000 aus allen Landesteilen | |
angereisten Delegierten nicken die bereits vorher gefassten Beschlüsse in | |
der Regel aber nur noch ab. | |
## Verteidigung und Interessen | |
Bei der Verkündung des Wehretats betonte Sprecherin Fu Ying am Samstag, | |
dass es bei den höheren Ausgaben für Waffen und Soldaten lediglich um die | |
Verteidigung der Volksrepublik und deren Interessen gehe. Mit einer | |
Bevölkerung von 1,37 Milliarden Menschen seien die Pro-Kopf-Ausgaben zudem | |
niedriger als in anderen Ländern. Die Summe liege unter den von | |
US-Präsident Donald Trump geforderten zwei Prozent des | |
Bruttoinlandsproduktes, das die US-Verbündeten innerhalb der Nato | |
aufbringen sollten, betonte Fu Ying. | |
Mit dem Wehretat der USA können die Chinesen tatsächlich nicht mithalten. | |
Erst vor wenigen Tagen hat Trump vor beiden Häusern des US-Kongresses | |
angekündigt, die bisherigen Rüstungsausgaben von jährlich knapp 600 | |
Milliarden Dollar um weitere neun Prozent auf dann über 650 Milliarden zu | |
erhöhen. Trump sprach von der „größten Zunahme der nationalen | |
Verteidigungsausgaben in der amerikanischen Geschichte“. | |
Eine direkte Verbindung der erhöhten Militärausgaben zu Trumps | |
US-Präsidentschaft wollte Volkskongress-Sprecherin Fu Ying aber nicht | |
ziehen. Spannungen zwischen Peking und Washington gab es zwar auch schon | |
unter Obamas Präsidentschaft. Seit Trump im Weißen Haus sitzt, hat sich die | |
Tonart aber noch einmal deutlich verschärft. | |
## Kritik an THAAD | |
In den vergangenen Wochen hat China zudem mehrfach scharfe Kritik an das | |
geplante Raketenabwehrsystem THAAD (Terminal High Altitude Area Defense) | |
geübt, das die USA derzeit in Südkorea errichten will. Vordergründig soll | |
sich das System gegen die Bedrohung aus Nordkorea richten. Aus chinesischer | |
Sicht untergrabe THAAD das „nukleare Gleichgewicht des Schreckens“. | |
Diese Bezeichnung geht auf den Kalten Krieg zurück. Damals gingen die USA | |
und die Sowjetunion davon aus, dass keiner von beiden den nuklearen | |
Ersteinsatz wagen würde. Denn sie müssten unmittelbar mit einem nuklearen | |
Gegenschlag rechnen. Wenn die USA nun mit ihrem Raketenabwehrschild bereits | |
von Südkorea aus ballistische Raketen abfangen können, werde dieses | |
Gleichgewicht unterlaufen, so die Befürchtung der Chinesen. Auch Russlands | |
Präsident Wladimir Putin warnt: Sollte THAAD umgesetzt werden, mache das | |
eine weitere Aufrüstung in der Region notwendig. | |
4 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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