# taz.de -- Merkel in Tunesien und Ägypten: Sphinx besucht Pharao | |
> Wie werde ich bloß die Migranten los? Das scheint sich die reisende | |
> Kanzlerin zu fragen. Sie hofft auf die Kooperation Ägyptens und | |
> Tunesiens. | |
Bild: Scheint nicht der spaßigste Besuch zu sein: Ägyptens Ministerpräsident… | |
BERLIN taz | 485 Migranten und Flüchtlinge sind in den ersten acht Wochen | |
dieses Jahres auf dem Weg nach Europa über das Mittelmeer ertrunken, | |
meldete am Donnerstag die Internationale Organisation für Migration. 16.775 | |
hätten die Meeresüberquerung im gleichen Zeitraum überlebt. | |
Insgesamt dürfte die Zahl der Menschen, die sich 2017 auf den Weg von | |
Afrika nach Europa machen, deutlich höher werden als im Vorjahr: 2016 | |
starben 5.082 Menschen im Mittelmeer, 387.739 wurden registriert, nachdem | |
sie europäisches Ufer erreichten. Auch das schon ein Rekord. | |
Kein Wunder, dass „Sicherheit und Fragen der Migration“ auf der Reise von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Ägypten und Tunesien am Donnerstag und | |
Freitag „im Mittelpunkt der Gespräche“ stehen, wie die Regierung mitteilt. | |
Ägypten und Tunesien grenzen an Libyen, von wo aus die meisten | |
Mittelmeerflüchtlinge aufbrechen. Da es in Libyen keinen funktionierenden | |
Staat gibt, stehen nun die Nachbarn in der Pflicht. | |
Von Ägypten wünsche sich Deutschland „konkrete Maßnahmen, die sich sowohl | |
auf den Bereich der Fluchtursachenbekämpfung, die Unterstützung Ägyptens in | |
der Versorgung der in Ägypten lebenden Flüchtlinge und Migranten als auch | |
auf eine verbesserte Zusammenarbeit auf dem Feld der Rückübernahme eigener | |
Staatsangehöriger durch Ägypten beziehen“. So lautet die Antwort der | |
Bundesregierung auf eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Luise | |
Amtsberg, die der taz vorliegt. | |
## Kein Land will sich für die „Auffanglager“ hergeben | |
Wie soll das gehen, ohne Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen? Im | |
November bestätigte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage | |
der Grünen, es gebe in Ägypten kein Asylanerkennungsverfahren, aber | |
Schusswaffengebrauch gegen Illegale an der Grenze und „Hinweise auf | |
Rückführungen“ ins Nachbarland Sudan. Die Haftbedingungen in Ägypten seien | |
„insgesamt besorgniserregend, was inhaftierte Migrantinnen und Migranten in | |
gleicher Weise wie andere Inhaftierte betreffen dürfte“. | |
Neben Ägypten haben europäische Politiker vor allem Tunesien als Standort | |
für sogenannte Auffanglager ins Gespräch gebracht. Gemeint sind | |
Einrichtungen internationaler Hilfswerke, in denen Flüchtlinge Asyl in | |
Europa beantragen können, ohne nach Europa zu fahren. | |
Kein Land will sich dazu hergeben. Beim Besuch des tunesischen | |
Ministerpräsidenten Youssef Chahed schob Merkel dieser Debatte einen Riegel | |
vor, als sie sagte, das Wort Auffanglager „ist eh nicht Teil meines | |
Sprachschatzes“. | |
Am Freitag wird Merkel in Tunis eine Rede vor dem Parlament halten und | |
ihren Sprachschatz offenlegen müssen. 1.500 Tunesier halten sich nach | |
amtlichen Angaben illegal in Deutschland auf und sind „ausreisepflichtig“, | |
darunter auch islamistische „Gefährder“. Letztes Jahr wurden 116 Tunesier | |
aus Deutschland in die Heimat abgeschoben – zu wenig, sagte Merkel beim | |
Besuch Chaheds: „Hierbei müssen wir schneller werden.“ | |
## Die Chancen auf Visafreiheit stehen schlecht | |
In Tunesien hat es bereits Proteste gegen die Rücknahme mutmaßlicher | |
Islamisten gegeben – das Vorzeigeland des Arabischen Frühlings befindet | |
sich im Abwehrkampf gegen dschihadistische Gruppen. | |
Der pensionierte tunesische Diplomat Farhat Othman schlug diese Woche vor, | |
Tunesien solle im Gegenzug für mehr Rücknahmebereitschaft einen EU-Beitritt | |
verlangen oder zumindest Visafreiheit: „Automatische Rücknahme setzt | |
automatische Einreise voraus.“ | |
Die Chancen darauf stehen schlecht – die EU macht Druck in der | |
Gegenrichtung. Pünktlich zu Merkels Reise verbreitete die EU-Kommission | |
einen „erneuerten Aktionsplan“ für eine „effektivere Rückkehrpolitik“. | |
Darin verspricht sie 200 Millionen Euro für „rückkehrbezogene Aktionen“. … | |
den Vorschlägen gehört eine EU-weite Datenbank aller | |
Aufenthaltsgenehmigungen und ihrer Entzüge. | |
2 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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