# taz.de -- Goldener Bär der Berlinale: Liebe schlägt Politik nur halb | |
> Der Goldene Bär geht bei der 67. Berlinale an einen ungarischen | |
> Liebesfilm, nicht ans finnische Flüchtlingsdrama. Viel Solidarität gibt | |
> es für Deniz Yücel. | |
Bild: Berlinale-Chef Dieter Kosslick in Solidarität mit dem in der Türkei inh… | |
Berlin dpa | Der ungarische Liebesfilm „Körper und Seele“ („Teströl és | |
lélekröl“) hat am Samstagabend den Goldenen Bären der 67. Berlinale | |
gewonnen. Regisseurin Ildikó Enyedi erzählt in ihrem Drama von zwei | |
schüchternen Angestellten in einem Budapester Schlachthof, die ganz langsam | |
ihre Gefühle füreinander entdecken. Ungarn holte den Goldenen Bären zuletzt | |
vor 42 Jahren. | |
Der Österreicher Georg Friedrich wurde von der Jury unter Vorsitz von | |
Regisseur [1][Paul Verhoeven] („Elle“, „Basic Instinct“) mit dem Silber… | |
Bären als bester Schauspieler ausgezeichnet. Friedrich spielt in dem Film | |
„Helle Nächte“ des Berliner Regisseurs Thomas Arslan die Hauptrolle – ei… | |
überforderten Vater, der sich auf einer Norwegen-Reise seinem 14-jährigen | |
Sohn wieder annähern will. Die beiden anderen im Wettbewerb vertretenen | |
deutschen Filmemacher Volker Schlöndorff ([2][„Rückkehr nach Montauk“]) u… | |
Andres Veiel ([3][„Beuys“]) gingen leer aus. | |
Der Silberne Bär für die beste Schauspielerin wurde an die Südkoreanerin | |
Kim Min-hee verliehen. Sie spielt in „On the Beach at Night Alone“ („Bamui | |
haebyun-eoseo honja“) von Hong Sang-soo eine junge Frau auf der Suche nach | |
dem Sinn des Lebens und der Liebe. Der finnische Kultregisseur Aki | |
Kaurismäki erhielt für sein als Bären-Favorit gehandeltes Flüchtlingsdrama | |
„Die andere Seite der Hoffnung“ den Preis für die beste Regie. | |
Berlinale-Direktor Dieter Kosslick solidarisierte sich bei der Gala mit dem | |
in der Türkei in Polizeigewahrsam genommenen Welt-Korrespondenten [4][Deniz | |
Yücel]. Er hoffe, dass Yücel bald wieder freigelassen werde, sagte Kosslick | |
und reckte kämpferisch die Faust in die Luft. | |
Am Sonntagnachmittag soll außerdem vor dem Kino International ein | |
internationaler Autokorso gegen Yücels Inhaftierung starten. Berliner | |
Freunde und Kollegen wollen damit zur Solidarität aufrufen. Der Korso soll | |
über den Alexanderplatz und das Bundeskanzleramt zum Oranienplatz nach | |
Kreuzberg fahren. Die Aktion startet um 15 Uhr. | |
## Berlinale prämierte starke Filmemacherinnen | |
Die Berlinale setzte in diesem Jahr außerdem ein Zeichen für | |
Filmemacherinnen: Den Großen Preis der Jury holte der | |
französisch-senegalesische Regisseur Alain Gomis mit seiner im Kongo | |
spielenden, weiblichen Emanzipationsgeschichte „Félicité“. Polens | |
Altmeisterin Agnieszka Holland wurde für ihren Öko-Thriller „Pokot“ mit d… | |
Alfred-Bauer-Preis geehrt, der für einen Spielfilm vergeben wird, der neue | |
Perspektiven eröffnet. Der Silber-Bär für das beste Drehbuch ging an | |
Sebastián Lelio und Gonzalo Maza für den chilenischen Film „A Fantastic | |
Woman“ („Una Mujer Fantástica“) über eine Transgender-Frau. | |
Die Jury sendete mit ihren Preisen für starke Filmemacherinnen und für | |
Arbeiten mit starken Frauenfiguren auch ein deutliches Signal – denn in der | |
männerdominierten Filmbranche haben es Frauen immer noch schwer. Den | |
Goldenen Bären hatte zuletzt im Jahr 2009 eine Frau gewonnen. Enyedis | |
„Körper und Seele“ wurde auch mit dem Fipresci-Preis des Internationalen | |
Verbandes der Filmkritik und dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. | |
Ungarn hatte das letzte Mal im Jahr 1975 den Gold-Bären mit Márta Mészáros' | |
Film „Die Adoption“ geholt. | |
Erstmals wurde bei der von Anke Engelke moderierten Gala im | |
Berlinale-Palast am Potsdamer Platz auch ein Silberner Bär für die beste | |
Dokumentation verliehen. Den mit 50 000 Euro dotierte Preis gab es für | |
„Ghost Hunting“ („Istiyad Ashbah“) des palästinensischen Regisseurs Ra… | |
Andoni. Der Film lief in der Reihe Panorama Dokumente. | |
Die Auszeichnung für eine herausragende künstlerische Leistung ging an Dana | |
Bunescu für den Schnitt des psychologischen Liebesdrama „Ana, mon amour“ | |
(Regie Calin Peter Netzer/Rumänien). Im Berlinale-Wettbewerb konkurrierten | |
dieses Mal 18 Filme aus aller Welt. Bei dem elftägigen Festival waren in | |
den verschiedenen Reihen insgesamt rund 400 neue Regiearbeiten aus aller | |
Welt zu sehen. | |
19 Feb 2017 | |
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