# taz.de -- Ausländerfeindlichkeit in Südafrika: „Angriff ist die beste Ver… | |
> Südafrikanische Jugendliche greifen seit Wochen nigerianische Migranten | |
> an. Erstmals gibt es Rache. | |
Bild: Gewalttätiger Protest gegen Einwanderung in Südafrikas Hauptstadt Preto… | |
Johannesburg/Abuja taz | Ausländerfeindliche Gewalt hat Südafrika in den | |
vergangenen Wochen heimgesucht. Einwanderer aus Nigeria waren das | |
Hauptziel. Es ist nicht das erste Mal, dass Jugendliche in südafrikanischen | |
Townships auf afrikanische Ausländer losgehen und deren Kleinbetriebe | |
verwüsten – aber erstmals gibt es jetzt Rache in Nigeria. Die Beziehungen | |
zwischen den beiden mächtigsten Ländern Afrikas sind damit wieder auf dem | |
Tiefpunkt. | |
In Nigerias Hauptstadt Abuja wurden am vergangenen Donnerstag die Büros des | |
südafrikanischen Telefonriesen MTN verwüstet; die Schäden gehen in die | |
Millionen. Die singenden und tanzenden Aktivisten des National Youth | |
Council of Nigeria nahmen sich mit ihren Zerstörungen die Jugendlichen zum | |
Vorbild, die zuvor in Südafrikas Hauptstadtprovinz Gauteng Nigerianer | |
angegriffen hatten, unter dem Vorwurf, Drogen- und Prostitutionskartelle zu | |
führen. | |
Wenige Tage zuvor hatte die Sonderberaterin des nigerianischen Präsidenten | |
für Außenpolitik und die Diaspora, Abike Dabiri-Erewa, die Angriffe in | |
Südafrika scharf verurteilt: „Wir haben in den letzten zwei Jahren etwa 116 | |
Nigerianer verloren. Allein 2016 wurden etwa 20 getötet. Das ist für | |
Nigerias Volk und Regierung nicht hinnehmbar.“ Nigerias Außenministerium | |
bestellte Südafrikas Botschafter Lulu Aaron-Mnguni ein, der versicherte, | |
die Überfälle würden untersucht. | |
Südafrikas Polizei hat 136 Gewalttäter festgenommen, die Regierung hat zur | |
Ruhe aufgerufen. Für manche Nigerianer reicht das nicht. „Wir werden alle | |
südafrikanischen Betriebe in unserem Land angreifen“, sagt Ogenyi Enyeama | |
vom National Youth Council of Nigeria. | |
## „Auf Feuer mit Feuer antworten“ | |
Rund 120 südafrikanische Großunternehmen sind in Nigeria tätig, mit über | |
180 Millionen Einwohnern Afrikas interessantester Markt. Dazu gehören neben | |
MTN Hotel- und Supermarktketten, Strom- und Baufirmen, Banken und | |
Brauereien. | |
Der Angriff auf MTN verweist auch auf tiefere Ressentiments. „Südafrikaner | |
denken immer, dass andere Afrikaner dumm sind oder Angst vor ihnen haben“, | |
sagt Osita Owoh vom National Youth Council of Nigeria. „Es reicht. Jetzt | |
ist die Zeit gekommen, auf Feuer mit Feuer zu antworten.“ | |
Technologieunternehmer Olu Okeniyi meint: „Angriff ist die beste | |
Verteidigung. Wenn Boko Haram bloß aufhören würde, Nigerianer zu töten und | |
seine Gewalt gegen den gemeinsamen Feind Südafrika richten könnte!“ | |
Nigerianer in Südafrika haben weiter Angst. Alle Nigerianer in der Provinz | |
Gauteng haben ihre Firmen bis auf Weiteres geschlossen, berichtet Chief | |
Emeka Johnson, Präsident der nigerianischen Gemeinschaft in Südafrika. | |
„Alle Nigerianer sollten sich dringend in Gruppen zusammenschließen, falls | |
sie angegriffen werden“, warnt er. „Wir fordern auch nigerianische Eltern | |
auf, ihre Kinder aus den Schulen in Gauteng zu holen.“ | |
## „Die faulen Südafrikaner plündern unsere Waren“ | |
Die Nigerianer in Südafrika hätten kein Vertrauen in die Behörden: „Wir | |
respektieren den Rechtsstaat, aber alle Nigerianer sollten sich | |
verteidigen, wenn sie angegriffen werden.“ | |
Inzwischen schließen sich in Gauteng andere Einwanderer mit den Nigerianern | |
zusammen. „Wir haben zu lange geschwiegen“, sagt der Somalier Khalid | |
Abdiaziz – die von Somaliern betriebenen Straßenkioske, genannt „spazas“, | |
sind schon öfter Ziele systematischer Gewalt geworden. „Die faulen | |
Südafrikaner plündern unsere Waren und zerstören unser Eigentum und sagen, | |
wir würden ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Wem nimmt denn mein spaza | |
einen Arbeitsplatz weg? Wem nehme ich Arbeit weg, wenn ich Tomaten und | |
Gemüse auf der Straße verkaufe?“ | |
Auch der Mosambikaner Simao Alberto will nicht passiv bleiben. „Viele von | |
unseren Leuten wurden früher getötet und nichts wurde unternommen“, sagt | |
er. „Die Südafrikaner benehmen sich wie Dracula und die Vampire. Dieses Mal | |
schlagen wir zurück.“ | |
27 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Savious Kwinika | |
Emeka Okonkwo | |
Okoro Chinedu | |
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