# taz.de -- Polizeioperation gegen Kriminalität: Südafrikas Migranten in Angst | |
> In Südafrika hat die „Operation Fiela II“ gegen Kriminalität in den | |
> Großstädten begonnen. Sie richtet sich nicht nur gegen Kriminelle. | |
Bild: Aufräumen: im Zentrum von Johannesburg | |
JOHANNESBURG taz | „Operation Fiela“ heißt die neue Polizeiaktion, und | |
unter afrikanischen Migranten in der südafrikanischen Metropole | |
Johannesburg verbreitet sie Angst und Schrecken. Polizisten gemeinsam mit | |
Beamten der Ministerien für Verteidigung und Inneres durchsuchen seit Ende | |
Januar systematisch leer stehende Gebäude auf der Suche nach Verbrechern, | |
um der grassierenden Kriminalität und Unsicherheit, oft mit Drogen und | |
Bandenkriegen verbunden, in zentralen Stadtteilen Johannesburgs Herr zu | |
werden. | |
Das Leben in Hillbrow, einem mehrheitlich von afrikanischen Migranten | |
bewohnten Innenstadtviertel, sei unerträglich geworden, sagt Monica Ndlovu, | |
eine Simbabwerin im Township Soweto unter Berufung auf Gespräche mit | |
Freunden. | |
Die Migrantenorganisation ADF (African Diaspora Forum) schlägt Alarm: „Es | |
hat viele Menschenrechtsverletzungen gegeben. Frauen und Kinder müssen | |
miterleben, wie mitten in der Nacht ihre Türen eingetreten werden. Manche | |
haben ihren Besitz verloren“, sagt ADF-Vorsitzender Marc Gbaffou im | |
Interview. | |
Die Polizeikampagne geht auf eine Initiative des frischgewählten | |
oppositionellen Bürgermeisters von Johannesburg zurück, Herman Mashaba. Die | |
Wahl des Unternehmers an die Spitze von Südafrikas größter Stadt 2016 für | |
die Oppositionspartei DA (Demokratische Allianz) war ein Signal für das | |
Ende der Dominanz der einstigen Befreiungsbewegung ANC (Afrikanischer | |
Nationalkognress) unter der schwarzen Wählerschaft Südafrikas gewesen. | |
Mashaba hatte versprochen, mit Korruption und Kriminalität in Johannesburg | |
aufzuräumen. | |
2017 zog Mashaba vor Gericht, um das Innenministerium der südafrikanischen | |
Regierung von Präsident Jacob Zuma zu verpflichten, gegen papierlose | |
Migranten vorzugehen. Seine Bemerkungen in dieser Hinsicht wurden damals | |
vom ANC als ausländerfeindlich kritisiert. Es gab eine Welle xenophober | |
Gewalt in Johannesburg und auch in der Hauptstadt Pretoria, die sich gegen | |
Migranten aus Nigeria, Simbabwe, Mosambik, Malawi, Somalia, Äthiopien und | |
Pakistan richtete. | |
Einen Gerichtstermin dafür gibt es noch nicht, aber jetzt arbeiten | |
Stadtverwaltung und Innenministerium offenbar zusammen, wobei vieles im | |
Unklaren bleibt. Bürgerrechtsgruppen trafen sich vergangene Woche mit | |
Mitarbeitern des Bürgermeisters, um zu klären, wie weit die | |
Polizeioperation geht – und erfuhren, die Stadt Johannesburg an sich sei | |
daran nicht beteiligt, sagt der simbabwische Exilpolitiker Ngqabutho | |
Mabhena. | |
## Keine No-go-Gebiete, sagt die Polizei | |
Die laufende Operation Fiela II knüpft an die Erfolge der ersten solchen | |
Operation im Jahr 2015 an. Südafrikas Polizeiminister Fikile Mbalula sagt, | |
es gehe darum, in ganz Johannesburg Verstecke von Verbrechern | |
auszuräuchern. Es dürfe nirgendwo No-go-Gebiete geben, so der Minister. Die | |
Razzien richteten sich gegen kriminelle Gangs und ein paar papierlose | |
Einwanderer. | |
„Die Operationen müssen das Vertrauen der Gemeinschaft in die Polizei | |
wiederherstellen“, so Mbalula weiter. „Die Gemeinschaften tendieren dazu, | |
Kriminelle zu schützen, indem sie keine Informationen über sie weitergeben | |
und indem sie Polizisten angreifen. Wir wollen die Gemeinschaften | |
zurückholen und illegalen Vigilantismus zu beenden.“ | |
Die Erfahrungen der Betroffenen sind andere. „Eigentlich haben die | |
Gemeinschaften sich doch dazu verpflichtet, Verbrechensbekämpfung gemeinsam | |
mit ihren afrikanischen Brüdern zu leisten. Es ist nicht gut, wenn | |
Kampagnen gegen Kriminalität dazu benutzt werden, gezielt gegen Ausländer | |
vorzugehen“, so Aktivist Gbaffou. | |
Kritik kommt auch von Organisationen, die sich für Sexarbeiterinnen | |
einsetzen. „Polizeiaktionen, um Gemeinschaften drogenfrei zu machen, sind | |
bloß Werbegags, die Stigmatisierung und Diskriminierung gegen | |
Sexarbeiterinnen und Ausländer festigen“, sagt Lesego Tlhwale, Sprecherin | |
von Sweat2 (Sex Workers Education and Advocacy Taskforce“). | |
Immer wieder würden Anwohner Prostitution für Zunahme von Kriminalität | |
verantwortlich machen. „Und dann werden Sexarbeiterinnen zu Zielscheiben | |
für die Polizei, weil man sie auch mit Drogenschmuggel in Verbindung | |
bringt.“ | |
Manche Betroffene haben auch einfach Angst. Der 36-jährige Nickson Dube aus | |
Simbabwe erinnert sich an die Zeiten vor gut zehn Jahren, als Migranten | |
damit rechnen mussten, auf offener Straße aufgegriffen und in blau-weißen | |
Lieferwagen in das verrufene Abschiebelager Lindela gefahren zu werden. | |
„Jedes Mal, wenn ich ein Polizeifahrzeug sah, musste ich taktisch vorgehen: | |
in die andere Richtung laufen, ohne dass irgendein Passant denkt, dass ich | |
davonlaufe“, erinnert er sich. Diese Zeiten will er kein zweites Mal | |
erleben. | |
13 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Gift Ndolwane | |
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