# taz.de -- Jubel nach Mugabes Rücktritt: Tanz mit der Vuvuzela | |
> Die Menschen in Simbabwe feiern Mugabes Rücktritt. Auch die Emigranten in | |
> Südafrika jubeln. | |
Bild: Feiernde Simbabwer in Hillbrow, Johannesburg: Nichts geht mehr | |
HARARE/JOHANNESBURG taz | Sie singen, sie tanzen, sie feiern wild, zu | |
Tausenden. „Endlich ist die Demokratie gekommen!“, jubelt Anesuishe | |
Muungwa, die auf der Straße in Harare Telefoneinheiten verkauft. „Dies ist | |
ein neuer Anfang für Simbabwe.“ Um sie herum ertönen Hupkonzerte, die | |
Straßen sind hoffnungslos verstopft. | |
Robert Mugabe, der älteste Präsident des Planeten, hat seinen Rücktritt | |
eingereicht. Der 93-Jährige reagierte damit am späten Dienstag darauf, dass | |
das Zentralkomitee von Simbabwes Regierungspartei Zanu–PF (Simbabwe | |
Afrikanische Nationalunion – Patriotische Front), das ihn bereits am | |
Sonntag als Parteichef abgesetzt hatte, gemeinsam mit Abgeordneten der | |
Opposition am Dienstag im Parlament seine Absetzung wegen Amtsunfähigkeit | |
eingeleitet hatte. | |
Der Rücktrittsbrief wurde vom Parlamentspräsidenten öffentlich verlesen, | |
und Simbabwe explodierte mit Jubel, der die ganze Nacht andauert. | |
„Chiwenga anogona, Chiwenga anogona“, grölen die Feiernden. Constantino | |
Chiwenga ist Simbabwes Armeechef, dessen Putsch genau eine Woche vorher | |
Mugabes Entmachtung eingeleitet hatte. Anogona ist das Shona-Wort für | |
„Alleskönner“ oder „Genie“ und wird auch zum Lob Gottes verwendet. | |
„Wäre nicht der Coup der Generäle gewesen, hätten wir diesen Moment der | |
Herrlichkeit nicht erlebt“, erklärt Mildred Mudekunye. „Ich bin so | |
aufgeregt“, sagt Brighton Mafundikwa und schlägt Asyl für Mugabe in | |
Südafrika vor: „Zuma, wenn du willst, gib ihm einen Asylbescheid.“ | |
## Drei Millionen Simbabwer in Südafrika | |
In Südafrika, wo rund 3 Millionen Auswanderer aus Simbabwe leben, strömen | |
die Emigranten ebenfalls zu Tausenden auf die Straßen und veranstalten | |
einen improvisierten Karneval. In der Metropole Johannesburg kommen die | |
Stadtteile Hillbrow, Berea und Yeoville praktisch zum Stillstand. | |
Busse müssen drei Kilometer vor ihrem Ziel umkehren. Beim Versuch, nach | |
Hause zu laufen, schließen sich die Fahrgäste den feiernden Massen an. | |
Die bunte simbabwische Fahne flattert aus Fenstern. Laute Autohupen, | |
scheppernde Musik und Vuvuzela-Tröten vereinen sich zu einem | |
ohrenbetäubenden Konzert. | |
„Es ist ein neuer Anfang“, schreit Vusumuzi Mhlanga. „Es ist der Tag der | |
Unabhängigkeit für uns alle, die aus unserem Land gezwungen worden sind!“ | |
Nebenan hallt aus den Lautsprechern der Sonnyboys-Bar in einer | |
Endlosschleife der simbabwische Superstar Oliver Mtukudzi mit seinem Lied | |
„Wasakara“, das vom Altern handelt und das Simbabwer als Aufruf zum | |
Rücktritt an Mugabe vereinnahmt haben. | |
„Heute beginnt ein neues Zeitalter“, freut sich Butho Sibanda. Der | |
38-Jährige wurde 1980 geboren – das Jahr, als Simbabwe unter Mugabes | |
unabhängig wurde. Und er sagt, was viele Simbabwer in Südafrika in dieser | |
Nacht sagen: „Wir gehen nach Hause und bauen unser Land wieder auf.“ | |
## Südafrikas Opposition begrüßt Rücktritt | |
In Südafrikas Politik schließt sich die Opposition dem Jubel an. „Mugabes | |
Rücktritt ist der erste Schritt zu einem Neuanfang für Simbabwe“, sagt | |
Mmusi Maimane, Führer der wichtigsten Oppostionspartei DA (Demokratische | |
Allianz). | |
Er verbindet dies mit einer Kritik an Südafrikas ANC-Regierung: „Zanu-PF | |
ist, so wie Befreiungsbewegungen quer durch den Kontinent, bloß noch ein | |
Patronagenetzwerk, das sich im Streit um Zugang zu Ressourcen und Macht für | |
diejenigen mit politischen Connections aufreibt.“ | |
Südafrikas linke Oppositionspartei EFF (Economic Freedom Fighters) | |
spricht von einem „perfekten Ergebnis für Frieden und Sicherheit in | |
Simbabwe“ und ruft dazu auf, den Machtwechsel nicht zu missbrauchen. | |
„Wir rufen die Simbabwer dazu auf, niemals ihr Land an die weißen Siedler | |
zurückzugeben“, sagt EFF-Sprecher Mbuyiseni Ndlozi. „Dies ist ein Erbe | |
Mugabes, das um jeden Preis geschützt werden muss. Das Land muss jetzt zum | |
Wohle des gesamten Volkes genutzt werden und als Kornkammer ganz Afrikas | |
wiederhergestellt werden.“ | |
22 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Danai Marumba | |
Marcus Mushonga | |
Savious Kwinika | |
Mthulisi Sibanda | |
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