Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neuer Bürgermeister in Johannesburg: Optimisten spüren frischen W…
> Der neue Bürgermeister aus der Opposition hat ein riesiges Schuldenbudget
> geerbt. Er will härter gegen Korruption vorgehen.
Bild: Hat viele Ideen: Herman Mashaba
JOHANNESBURG taz | Noch ist die Regierung der Opposition in Johannesburg
nicht alt. Es ist etwa fünf Monate her, dass die Demokratische Allianz (DA)
die Geschäfte der größten Stadt Südafrikas übernahm und den Afrikanischen
Nationalkongress (ANC) in die Opposition schickte. Dieses historische
Ergebnis der Kommunalwahlen im August war ein Schock für die einstige
Befreiungsbewegung. Inzwischen hat die DA mit dem Millionär Herman Mashaba
als Bürgermeister einen 10-Punkte-Plan vorgelegt.
Das Potenzial Johannesburgs mit seinem Finanzviertel voller Wolkenkratzer
ist hoch. „Die Stadt kann für Geschäftsleute attraktiv sein und trotzdem
pro Arme“, sagte Mashaba, der sich einen unverbesserlichen Kapitalisten
nennt. Er will die von Korruption und Kriminalität gezeichnete Stadt
„überholen“.
Das Problem mit dem vorherigen ANC-Bürgermeister, sagt Mashaba: Er stand
mehr für Stil als für Substanz. Die ANC-geführte Stadtregierung habe eine
Kultur der Abhängigkeit gestärkt. „Sie hat Millionen ausgegeben, um ein
künstliches Bild der Stadt herzustellen, das noch nicht einmal ihre
stärksten Anhänger glauben konnten“, sagt der Bürgermeister.
Er hat nun ein Schuldenbudget „geerbt“. Es fehlen 170 Milliarden Rand (12
Milliarden Euro) für Infrastruktur in den nächsten zehn Jahren, sagte
Mashaba in einer Rede 100 Tage nach Amtsübernahme. Er will den Privatsektor
dazu bringen, 20 Milliarden Rand pro Jahr in die Stadt zu pumpen, und
Kleinunternehmer fördern. Johannesburg zählt laut Mashaba 881.000
Arbeitslose – bei knapp 5 Millionen Einwohnern.
## Kompromisse schließen
Kein Zweifel: Mashaba, der seit 1985 sein Unternehmen „Black like Me“ mit
Haarprodukten für Schwarze zum Finanzerfolg machte, hat viele Ideen.
Allerdings regiert seine DA, ursprünglich die Partei der weißen
Mittelklasse, in Johannesburg zusammen mit den linkspopulistischen
„Freiheitskämpfern“ der EFF, die militant mehr Verstaatlichung fordern. So
gilt es, Kompromisse zu schließen.
Zunächst sollen mehr Sozialwohnungen entstehen. Ein Team von
Menschenrechtsanwälten ist bereits beauftragt, Wohnblöcke in der Innenstadt
von berüchtigten „Slum Lords“ zurückzuholen. Mehr als 115.000 Menschen
halten dort Gebäude besetzt und leben illegal unter schlechten Bedingungen.
Auch 180 informelle Hüttensiedlungen gehören zur Stadt, oft ohne jegliche
Grundversorgung. Nach DA-Angaben fehlen 300.000 neue Häuser, aber der ANC
habe für 340 Millionen Rand einen neuen, modernen Rathaussaal gebaut.
Optimisten spüren jetzt frischen Wind: Erstmals gibt es laut DA eine
vollständige und transparente Liste für Anwärter auf ein Haus vom Staat.
Dort stehen 79.000 Namen, teilweise schon seit 1996. 2013/14 sei keine
einzige Besitzurkunde in Johannesburg ausgegeben worden – in der ersten
Woche im Amt wurden von der DA 2.000 Urkunden ausgestellt.
## „Ohne Gnade“ gegen illegale Migranten
Gegen illegale Migranten, die in großer Zahl aus den armen Nachbarländern
in das glitzernde Johannesburg strömen, will Mashaba hart und „ohne Gnade“
vorgehen. Solche Äußerungen haben ihm sofort Kritik eingebracht. Das
„Africa Diaspora Forum“ hat lautstark protestiert. „Nicht alle Migranten
sind Kriminelle“, sagt der Vorsitzende Marc Gbaffou. „Gewalt hat keine
Nationalität.“ Mashaba solle Führung zeigen, statt die Bewohner der Stadt
zu spalten. Schließlich sei Johannesburg als Bergbaustadt durch Migranten
erbaut worden.
Letzte Woche wurde eine Sondereinheit der Polizei gebildet, um in
Johannesburg Jagd auf Drogendealer zu machen. Die Straßenschluchten sehen
etwas sauberer aus: Die Putzkolonnen wurden verdoppelt und legen auch
Nachtschichten ein. In der Innenstadt haben sich in einigen Ecken wieder
Restaurants und Läden angesiedelt und beleben Straßenzüge in dem
Asphaltdschungel, der abends weitgehend leer bleibt.
Für Mashaba, dessen Mutter einst zu der riesigen Gruppe billiger
Hausangestellter in Südafrika gehörte, ist klar: „Die Armen müssen zuerst
versorgt werden. Das ist eine Sache der Menschenrechte.“
5 Jan 2017
## AUTOREN
Martina Schwikowski
## TAGS
Südafrika
Johannesburg
Bürgermeister
Südafrika
Gambia
Lesestück Interview
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polizeioperation gegen Kriminalität: Südafrikas Migranten in Angst
In Südafrika hat die „Operation Fiela II“ gegen Kriminalität in den
Großstädten begonnen. Sie richtet sich nicht nur gegen Kriminelle.
Gambia verlässt Haager Strafgerichtshof: Wegen Verfolgung von Afrikanern
Nach Burundi und Südafrika zieht sich auch Gambia vom Internationalen
Strafgerichtshof zurück. Der Vorwurf: Er sei das „internationale
kaukasische Gericht“.
Autorin über historische Krimis: „Die Apartheid prägt uns immer noch“
Malla Nunn wurde in Südafrika geboren und schreibt Kriminalromane. Ein
Gespräch über ihr neues Buch „Zeit der Finsternis“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.