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# taz.de -- Sicherheitskonferenz in München: Zwei Prozent fürs Militär
> Im Fokus der Sicherheitskonferenz steht die schwierige
> USA-Nato-Beziehung. Alle anderen Themen werden davon überschattet.
Bild: Angela Merkel mit US-Vizepräsident Mike Pence auf der Münchner Sicherhe…
München taz | Am Samstagnachmittag steht Claus Schreer auf dem Münchner
Marienplatz. Seit 2002 organisiert der 78-Jährige alljährlich die zentrale
Demonstrationen gegen die Sicherheitskonferenz, die ein paar hundert Meter
weiter im Hotel Bayerischer Hof stattfindet. Das Treffen sei ein
„Etikettenschwindel“, ruft er nun von der Bühne: „Auf der Siko geht es
weder um die friedliche Lösung von Konflikten noch um die Sicherheit für
die Menschen.“
Die Konferenz sei „ein Propagandaforum zur Rechtfertigung der Nato, ihrer
Kriegseinsätze und ihrer Milliardenausgaben für die militärische
Aufrüstung“. Gerade mit Letzterem liegt er in diesem Jahr nicht ganz
falsch.
Drüben im Hotel haben die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz viel darüber
debattiert, wie verbunden sich die USA ihren Nato-Verbündeten noch fühlen –
und wie viel Geld diese künftig in die Aufrüstung stecken müssen, damit die
Freundschaft mit Washington hält.
Klarheit hat die Veranstaltung den Europäern nicht gebracht. Die Diskussion
über die Militärausgaben hat dabei alle anderen wichtigen Themen in den
Schatten gestellt.
## Unterschied zwischen Freiheit und Tyrannei
Zum Niedergang der EU sah die Tagesordnung gerade mal eine Diskussionsrunde
vor – ohne Beteiligung südeuropäischer Staaten. Dass sich das Nato-Mitglied
Türkei von der Demokratie abwendet, ist im öffentlichen Teil der Konferenz
kaum Thema.
Und die Diskussion über all die Konflikte im Nahen Osten ist in die letzten
Stunden der Veranstaltung am Sonntagvormittag gerückt. Wichtige Gäste wie
US-Vizepräsident Mike Pence waren da schon abgereist. Die Nahost-Strategie
der neuen US-amerikanischen Regierung bleibt weiter im Nebel.
Was bleibt also von der Sicherheitskonferenz 2017? Zum Beispiel eine
Bundesregierung, die gegenüber der Regierung in Washington – zumindest
gelegentlich und ganz höflich – aufbegehrt. So spricht Kanzlerin Merkel von
ihrem hohen Respekt für die Arbeit von Journalisten, von der Bedeutung
internationaler Kooperation im Allgemeinen und der des transatlantischen
Militärbündnisses im Speziellen. Das sind eigentlich
Selbstverständlichkeiten deutscher Regierungspolitik, angesichts der neuen
US-Regierung klingt Merkels Auftritt aber doch nach einer kleinen
Lehrstunde.
Zum offenen Streit kommt es dennoch nicht: Auch die US-Vertreter geben sich
außerordentlich freundlich. Vizepräsident Pence sagt: „Im Namen des
Präsidenten kann ich Ihnen versichern, dass die USA weiterhin standhaft die
Nato unterstützen.“ Er spricht über „gemeinsame Werte“ und erzählte von
einer Europareise, die er als 18-Jähriger mit seinem Bruder unternommen
habe. In Berlin sei er über den Checkpoint Charlie in den Osten gereist und
habe dort begriffen, was der Unterschied zwischen „Freiheit und Tyrannei“
bedeute.
## „Der Präsident erwartet …“
Trotzdem ist die Verunsicherung deutscher Regierungsvertreter nach den drei
Tagen in München nicht verschwunden. Wie stark die Bekenntnisse von Trumps
Abgesandten tatsächlich mit den Überzeugungen des US-Präsidenten
übereinstimmen, der noch dazu zu Meinungsumschwüngen neigt, bleibt
weiterhin unklar. Und dann ist da ja noch das Ultimatum, das die
US-Vertreter auf der Sicherheitskonferenzen wiederholen.
Pence pocht mit Nachdruck darauf, dass die Nato-Partner in Zukunft
mindestens zwei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung für das Militär
ausgeben. „Der Präsident erwartet, dass die Verbündeten ihr Wort halten“,
sagt er in Anspielung auf eine alte Nato-Vereinbarung. Bis Jahresende
sollen die Verbündeten einen Plan zur Erfüllung der Vorgabe vorlegen.
Welche Konsequenzen sonst drohen, verrät Trumps Vize allerdings auch in
München nicht.
Der Streit über die Militärausgaben könnte sich durchaus weiter zuspitzen.
Längst nicht alle deutschen Konferenzteilnehmer bekennen sich
uneingeschränkt zu dem Zwei-Prozent-Ziel. Verteidigungsministerin von der
Leyen, die bei Haushaltsverhandlungen ohnehin mehr Geld für die Bundeswehr
herausschlagen möchte, stellte sich zwar hinter die US-Forderung. Angela
Merkel aber zeigt schon etwas mehr Distanz („nicht in eine kleinliche
Diskussion kommen, wer militärischer ist“) und Außenminister Sigmar Gabriel
deutet an, welchen Kurs die SPD künftig fahren könnte: Er wisse nicht, wo
kurzfristig die 25 Milliarden Euro herkommen sollten, die Deutschland
bräuchte, um den Nato-Richtwert einzuhalten.
Das wiederum inspiriert den Linkspartei-Abgeordneten Alexander Neu im
Publikum zu einer Nachfrage. Über das Saalmikrofon erkundigte er sich beim
Außenminister, ob sich die SPD definitiv gegen das Zwei-Prozent-Ziel
positioniere. Gabriel antwortete zwar nicht. Eines ist aber klar: Die
deutschen Konferenzteilnehmer haben hier zumindest ein Thema für den
Bundestagswahlkampf gefunden.
19 Feb 2017
## AUTOREN
Pascal Beucker
Tobias Schulze
## TAGS
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Mike Pence
Schwerpunkt Angela Merkel
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