# taz.de -- Proteste gegen Sicherheitskonferenz: Friedensengel in München | |
> Während im Bayerischen Hof internationale Rüstungsgeschäfte angebahnt | |
> werden, demonstriert draußen die Friedensbewegung. | |
Bild: Proteste gegen die Siko 2017 | |
MÜNCHEN taz | Lisa Fitz hat es eilig. Eigentlich hätte sie überhaupt keine | |
Zeit, sagt sie. Ein Auftritt im Dorfstadl Buttlerhof in Tutzing steht heute | |
noch auf dem Programm der 61-jährigen Kabarettistin. Aber zur | |
traditionellen Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo) | |
ist sie dann doch gekommen. „Das ist schon wichtig, hier Flagge zu zeigen“, | |
sagt sie am Rande der Auftaktkundgebung der taz. „Der Feind ist | |
übermächtig, aber wenn man gar nichts tut, wird es nicht besser.“ Den | |
Kriegsprofiteuren und ihren Handlangern müsse immer und immer wieder die | |
rote Karte gezeigt werden. | |
Lisa Fitz ist eine von mehreren tausend Menschen, die am Samstagnachmittag | |
unter dem Motto „Frieden statt Nato – Nein zum Krieg!“ in der Münchner | |
Innenstadt demonstrieren. Die VeranstalterInnen sprechen von knapp 4.000. | |
„Auf der SiKo geht es weder um die friedliche Lösung von Konflikten, noch | |
um die Sicherheit für die Menschen auf dem Globus“, sagt Claus Schreer. Die | |
Konferenz sei vielmehr „ein Propaganda-Forum zur Rechtfertigung der Nato, | |
ihrer Kriegseinsätze und ihrer Milliarden-Ausgaben für die militärische | |
Aufrüstung“. Der 78-Jährige ist der Sprecher des „Aktionsbündnisses gegen | |
die NATO-Sicherheitskonferenz“. Seit 2002 organisiert er die zentrale | |
Demonstration gegen das Spektakel im Bayrischen Hof. | |
Als Peacenikevent kann die SiKo tatsächlich nicht reüssieren. Seit 1963 | |
gibt es die Münchner Tagung, die sich damals noch „Internationale | |
Wehrkunde-Begegnung“ nannte. Seit ihren Anfangszeiten geprägt vom Kalten | |
Krieg, war sie nie unumstritten. Als halb offizielles Forum für westliche | |
geopolitische GroßerzählerInnen und RüstungslobbyistInnen stößt sie bis | |
heute bei Friedensbewegten auf heftige Kritik. | |
Auch in diesem Jahr nehmen neben mehr als 100 führenden | |
Regierungsvertretern aus aller Welt, die das mediale Bild der Konferenz | |
prägen, wieder zahlreiche hochrangige Militärs und hochkarätige | |
KonzernmanagerInnen an der Tagung teil. Ein lukratives Zusammentreffen: Für | |
die Rüstungsindustrie ist die Sicherheitskonferenz stets ein guter Ort zur | |
Geschäftsanbahnung. Das lassen sie sich auch etwas kosten: Waffenschmieden | |
wie Krauss-Maffei Wegmann, MBDA oder Lockheed Martin gehören traditionell | |
zu den Sponsoren. | |
## Der Bund zahlt | |
Obwohl sich die SiKo selbst als „unabhängig“ bezeichnet, wird ein Großteil | |
der Kosten von der Bundesregierung getragen. Wie aus aus der Antwort des | |
Verteidigungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion | |
hervorgeht, sponsort das Presse- und Informationsamt wie schon im Vorjahr | |
die vermeintliche Privatkonferenz aus einem vom Verteidigungsministerium | |
bereitgestellten Etat für „sicherheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit“ m… | |
500.000 Euro – was etwa 30 Prozent der Gesamtkosten entsprechen soll. | |
Hinzu kommen personelle Unterstützungsleistungen der Bundeswehr. So sind | |
rund 220 Bundeswehrangehörige als HelferInnen abgestellt – von der | |
Transportorganisation über den Sanitätsdienst bis zu Dolmetschleistungen. | |
Darüber hinaus sind noch mehr als 50 Feldjäger zur Sicherstellung des | |
Personen- und Begleitschutzes im Einsatz. | |
Bei der Linkspartei stößt das auf scharfe Kritik. „Die Unterstützung der | |
Münchner Sicherheitskonferenz durch Bundesmittel ist eine völlig | |
ungerechtfertigte Verschwendung von Steuergeldern“, sagt die | |
Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, die die SiKo als | |
„Kriegertreffen“ bezeichnet. „Wenn die offiziellen Organisatoren | |
Nato-Militärs und Rüstungsfirmen zusammenbringen wollen, sollen sie ihr | |
Treffen auch von diesen finanzieren lassen.“ | |
Anders als die Grünen, die lange Jahre ebenfalls das Großevent scharf | |
kritisiert hatten, hat die Linkspartei bis heute nicht ihren Frieden mit | |
der SiKo gemacht. Zwar nehmen seit einiger Zeit auch mehrere Mitglieder | |
ihrer Bundestagsfraktion an der Konferenz teil. Gleichzeitig gehören der | |
bayrische und der baden-württembergische Landesverband der Linkspartei | |
sowie deren Jugendorganisation ’solid weiterhin zu den UnterstützerInnen | |
der Gegendemonstration des Aktionsbündnisses. „Wir müssen den | |
Kriegstreibern in den Arm fallen“, sagt die Bundestagsabgeordnete Sevim | |
Dagdelen. | |
Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz finden traditionell eine Reihe | |
von Protestveranstaltungen statt. So demonstrierten bereits am | |
Freitagmittag auf dem Marienplatz mehrere Dutzend iranische Oppositionelle | |
aus den Reihen der verbotenen und verfolgten Volksmudschahedin gegen das | |
Teheraner Mullah-Regime und den Auftritt des iranischen Außenministers | |
Mohammad Javad Zarif in München. | |
Am Samstag fanden auch noch sowohl eine pro-russische als auch eine | |
pro-ukrainische Kundgebung statt. Und RätekommunistInnen wollten vor dem | |
türkischen Generalkonsulat protestieren. „Muslime für den Frieden“ | |
verteilten in der Fußgängerzone Flyer. Eine Stunde vor der großen linken | |
Demonstration versammelten sich überdies etwa 80 Leute aus dem | |
nationalbolschewistischen und rechten Spektrum unter dem Motto „Raus aus | |
der Nato“ auf dem Rindermarkt – die Gegendemonstrantinnen „gegen | |
Antisemitismus und Verschwörungswahn“ mitgezählt. Von der | |
Querfrontveranstaltung hatte sich das Aktionsbündnis bereits im Vorfeld | |
scharf distanziert. | |
## Theologische Prominenz | |
Wie in den vergangenen Jahren findet parallel zur SiKo zudem seit Freitag | |
die „Internationale Münchner Friedenskonferenz“ statt, die nach Bekunden | |
der OrganisatorInnen „die Möglichkeiten einer zivilen Politik und die | |
Erfolge gewaltfreien Handelns aufzeigen“ soll. Zu den ReferentInnen gehören | |
unter anderem die Schriftstellerin Daniela Dahn, die Pax | |
Christi-Bundesvorsitzende Wiltrud Rösch-Metzler und die örtliche | |
DGB-Vorsitzende und SPD-Stadträtin Simone Burger. | |
Der ursprünglich im Programm angekündigte Soziologe Harald Welzer ist | |
hingegen nicht dabei. Der im alternativen Milieu beliebte Bestsellerautor | |
hat seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Er fürchte, dass er die | |
Positionen und auch das Anliegen der Friedenskonferenz „an vielen Stellen“ | |
nicht teile, teilte Welzer den VeranstalterInnen mit. „Ich glaube, dass in | |
der gegenwärtigen geopolitischen Situation an Abrüstung und Senkung der | |
Rüstungsausgaben in Deutschland nicht zu denken ist“, so Welzer. Von den | |
Forderungen an die deutsche Politik teile er daher lediglich die zur | |
Reduktion der Waffenexporte. | |
Eugen Drewermann kann das nicht nachvollziehen. Der 76-jährige Theologe ist | |
einer der Redner auf der Abschlusskundgebung der Anti-SiKo-Demonstration. | |
„Seitdem ich denken kann bin ich gegen den Krieg und gegen Aufrüstung“, | |
sagt er der taz. Er könne „nicht begreifen, dass man immer noch dem | |
Aberglauben folgt, dass man mit Waffen Frieden produzieren könnte“. | |
18 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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