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# taz.de -- Kartoffel-Winternotprogramm in Hamburg: Auslese beim Erfrierungssch…
> Das Winternotprogramm, das Obdachlose vor dem Erfrierungstod bewahren
> soll, hat wieder Platz. Aber nur, weil ausländische Obdachlose nicht
> reinkommen
Bild: Würden sie ins Winternotprogramm kommen? Das kommt auf ihre Nationalitä…
Hamburg taz | Es soll wie eine Erfolgsmeldung klingen: Das
Winternotprogramm hat wieder freie Plätze. Die Lage habe sich „entspannt“,
zitiert die Nachrichtenagentur epd den NDR. Von insgesamt 940 Plätzen seien
zur Zeit 150 Plätze frei.
Die Frage ist nur, für wen sich die Lage entspannt haben soll. Denn das
Winternotprogramm platzt jetzt nicht mehr aus allen Nähten, wie es bisher
Standard war, weil osteuropäische und afrikanische Menschen abgewiesen
werden. Für sie kann diese Situation im Extremfall lebensbedrohlich sein.
Minusgrade und Gestörte, die Obdachlose anzünden, sind reale Bedrohungen.
„Das Winternotprogramm ist ein staatliches Programm zur Gefahrenabwehr bei
frostigen Nächten“, heißt es auf der Homepage der Stadt Hamburg. „Es
richtet sich ausschließlich an obdachlose Menschen in Hamburg, die anonym
und kostenlos eine Übernachtung suchen.“ Ganz so anonym ist es allerdings
gar nicht. Über ein „Beratungsangebot“ erfragt die städtische
Betreiberfirma Fördern & Wohnen die Hintergründe der Bedürftigen. Wie ist
die Adresse im Herkunftsland? Arbeitet die Person in Hamburg? Wo wurde die
Rückreise gebucht?
Die Sozialberatung sei zwar freiwillig, aber der Sprecher der Sozialbehörde
räumte im Gespräch mit der taz ein, dass die SozialarbeiterInnen gezielt
auf Menschen zugehen, „wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass Personen
nicht zur Zielgruppe des Winternotprogramms gehören“.
Indem sie eine Zielgruppe festlegt, die indirekt an der Nationalität hängt,
liegt die SPD-geführte Sozialbehörde hart auf AfD-Kurs. Okay, die AfD hätte
wohl eher gar kein Notfallprogramm für Obdachlose, wenn sie was zu sagen
hätte. Aber die Behörde nimmt über den Umweg der Freiwilligkeit eine
Auslese nach Nationalitäten vor: Das Programm ist offiziell für alle
Nationalitäten offen – allerdings nicht für „freiwillig“ Obdachlose.
Das heißt: Wer eine Wohnung in Rumänien oder einen Platz in einer
Geflüchtetenunterkunft in Sachsen hat, kommt nicht rein. In
nationalistischer Tradition soll die eigene Bevölkerung zuerst geschützt
werden. Nach dem Motto: deutsches Winternotprogramm den Deutschen. Das
Programm, das eigentlich einen Schutz vor dem Tod durch Erfrieren
darstellen soll, verkommt zum exklusiven Kartoffelnotprogramm.
30 Dec 2016
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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Schwerpunkt Rassismus
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