| # taz.de -- US-Außenminister zum Nahostkonflikt: Zwei Staaten als einzige Lös… | |
| > John Kerry kritisiert in seiner Grundsatzrede Israels Siedlungspolitik | |
| > und fordert die Zwei-Staaten-Lösung. Trump sichert Netanjahu hingegen | |
| > Unterstützung zu. | |
| Bild: Kerry geht mit Israel hart ins Gericht | |
| Washington/Jerusalem/Berlin dpa | Der scheidende US-Außenminister John | |
| Kerry hat in deutlichen Worten an Israelis und Palästinenser appelliert, | |
| die Zweistaatenlösung nicht aufzugeben. Diese sei die einzige Möglichkeit, | |
| dauerhaft Frieden zu schaffen, sagte Kerry am Mittwoch in Washington in | |
| einer mehr als einstündigen Grundsatzrede zum Nahostkonflikt. Darin | |
| kritisierte er die israelische Siedlungspolitik und wies Vorwürfe der | |
| Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zurück, die USA hätten | |
| das Land mit der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat im Stich gelassen. | |
| Der künftige US-Präsident Donald Trump sicherte Israel unterdessen seine | |
| Unterstützung zu und übte scharfe Kritik an der Haltung der scheidenden | |
| Regierung. Netanjahu bezeichnete die Ansprache als „große Enttäuschung“. | |
| Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hingegen begrüßte Kerrys | |
| Appell. | |
| Kerry legte in sechs Punkten seine Vision einer Friedensregelung in dem | |
| Konflikt dar. Er macht sich darin für eine Zweistaatenlösung auf Grundlage | |
| der Grenzen von 1967 mit vereinbartem Landtausch stark. Jerusalem soll | |
| demnach nicht wieder geteilt werden wie 1967, sondern als Hauptstadt beider | |
| Staaten dienen – mit freiem Zugang zu den religiösen Stätten aller drei | |
| monotheistischen Religionen. | |
| Kerry forderte ein Ende der Besatzung. Er gab zu verstehen, dass es für | |
| palästinensische Flüchtlinge kein Rückkehrrecht ins israelische Kernland, | |
| sondern eine Entschädigung und Hilfe bei der Suche nach einer festen Bleibe | |
| geben solle. Zudem müsse die Vereinbarung die Sicherheit Israels | |
| garantieren. | |
| ## Spannungen zwischen den USA und Israel | |
| Der Außenminister sparte nicht mit deutlichen Worten. „Der israelische | |
| Ministerpräsident unterstützt öffentlich eine Zweistaatenlösung, aber seine | |
| jetzige Koalition ist die rechteste Regierung in der Geschichte des Landes | |
| und hat eine Agenda, die von den extremsten Elementen angetrieben wird.“ | |
| Kerry sagte, beide Konfliktparteien hätten die Wahl. Laufe es auf einen | |
| einzigen Staat hinaus, „dann kann Israel entweder jüdisch sein oder | |
| demokratisch“, fügte er hinzu. „Es kann nicht beides sein, und es wird sich | |
| niemals wirklich im Frieden befinden.“ | |
| Es war Kerrys letzte große Rede zum Nahostkonflikt, bevor der Demokrat am | |
| 20. Januar 2017 aus dem Amt scheidet. Er hatte als Vermittler die vorerst | |
| letzten Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern | |
| ermöglicht. Diese scheiterten im April 2014. | |
| Zwischen den USA und Israel war es in den vergangenen Tagen zu Spannungen | |
| gekommen, nachdem der UN-Sicherheitsrat Israel am Freitag zu einem | |
| vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten | |
| einschließlich Ost-Jerusalem aufgefordert hatte. Siedlungen wurden darin | |
| als Verstoß gegen internationales Recht und Hindernis für einen Frieden in | |
| Nahost bezeichnet. 14 Länder stimmten dafür, die USA verzichteten auf ihr | |
| Vetorecht und enthielten sich. Israel reagierte mit Kritik an der Regierung | |
| des scheidenden Präsidenten Barack Obama. | |
| Netanjahu warf Kerry vor, er habe in der Rede den Bau von Häusern in | |
| Jerusalem mit palästinensischem Terror verglichen. Kerrys Verurteilung des | |
| Terrors sei ein „reines Lippenbekenntnis“ gewesen. „Wenn die US-Regierung | |
| den palästinensischen Terror so bekämpft hätte wie den Häuserbau in | |
| Jerusalem, dann hätte der Frieden vielleicht eine Chance gehabt“, sagte | |
| Netanjahu. | |
| ## Steinmeier stellte sich hinter Kerry | |
| „Wir lassen uns von niemandem belehren“, sagte der israelische | |
| Regierungschef. Kernproblem des Konflikts sei weiter die Weigerung der | |
| Palästinenser, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. „Wie kann man | |
| Frieden schließen mit jemandem, der uns unser Existenzrecht abspricht?“ | |
| Damit gleiche die Rede der Resolution des Weltsicherheitsrates gegen die | |
| israelische Siedlungspolitik, „die Kerry bei der UN vorangetrieben hat“, | |
| warf Netanjahu dem scheidenden Außenminister vor. Kerry hatte diese | |
| Darstellung in seiner Rede zurückgewiesen. Die USA hätten den | |
| Resolutionstext nicht entworfen. | |
| Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bekräftigte seine Position, zu einer | |
| Wiederaufnahme von Friedensgesprächen bereit zu sein, falls Israel den | |
| Siedlungsbau stoppt und unterzeichnete Verträge umsetze. | |
| Steinmeier stellte sich hinter Kerry. Dessen Rede sei Mahnung und Auftrag | |
| zugleich: „Mahnung, dass die Zwei-Staaten-Lösung nicht zur Leerformel | |
| verkommen darf. Und Auftrag an beide Seiten, sich klar zur | |
| Zweistaatenlösung zu bekennen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, dieses | |
| Bekenntnis zu untermauern.“ | |
| Der künftige US-Präsident Donald Trump sicherte Israel unterdessen seine | |
| Unterstützung zu und übte scharfe Kritik an der Haltung der scheidenden | |
| Regierung. „Wir dürfen Israel nicht länger mit solch totaler Verachtung und | |
| Respektlosigkeit behandeln“, schrieb der Republikaner vor Kerrys Rede bei | |
| Twitter. | |
| 29 Dec 2016 | |
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