# taz.de -- 33C3 – CCC-Kongress in Hamburg: Funktioniert das? | |
> „Funktioniert für mich“ heißt das Motto des diesjährigen Hackertreffen… | |
> Doch es geht in Hamburg eher darum, dass vieles nicht für alle | |
> funktioniert. | |
Bild: Funktioniert das? Durch den 3D-Tunnel gehen und so Teil des Kongresses we… | |
Hamburg taz | Ein Globus dreht sich auf dem Bildschirm, darunter steht: | |
does it work – funktioniert das? Der 33. Chaos Communication Congress, der | |
am Dienstag in Hamburg begann, stellt die ganz große Frage: Wie können | |
Programmierer und Hacker dazu beitragen, dass die Welt funktioniert. Und | |
zwar für alle. Im Eröffnungsfilmchen wird das diesjährige Motto in | |
Sekundenschnelle umgewandelt. „Funktioniert das für mich?“ – „Funktion… | |
das für dich?“ – „Funktioniert das für uns?“ | |
Die Welt sei voller Fehler, sagt die Aktivistin Elisa Lindinger von der | |
Open Knowledge Foundation bei der Eröffnungsrede: „Ich könnte täglich | |
Mängelberichte über die Welt abschicken.“ Ständig sei manmit Isolation, | |
Depression und Hass konfrontiert. Die Bloggerin Lisa Biselli fordert die | |
Anwesenden auf, sich zu vernetzen um für eine bessere Welt einzutreten. Die | |
Freiheiten der Menschen würden zunehmend eingeschränkt, so Biselli. | |
„Versucht das nächste Jahr zu einem besseren zu machen.“ | |
12.000 Menschen sind dieses Jahr zum CCC-Kongress gekommen, der vorerst der | |
letzte im Hamburger Kongresszentrum sein wird. Das Gebäude wird saniert und | |
die Veranstaltung, die immer größer wird, muss umziehen – noch ist das Ziel | |
unbekannt. Als bei der Eröffnungsrede die Rednerinnen fragen, für wen das | |
der erste Kongress sei, gehen fast alle Hände hoch. Gelächter. Ist die | |
Eröffnung ein Event, das nur Anfänger besuchen? Oder haben die | |
Zuhörer_innen sich einen Spaß erlaubt? | |
Funktionieren Drohnenangriffe in Afghanistan für alle? Funktioniert | |
Verschlüsselung mit absichtlichen Schwachstellen, die staatliche Behörden | |
2016 so oft eingefordert haben, für alle? Funktioniert das, wenn Polizisten | |
aus aller Welt die Computer der Bevölkerung hacken? Funktioniert das, wenn | |
künstliche Intelligenzen diskriminierende Muster übernehmen? Funktioniert | |
kommerzielle Überwachung, auch „Tracking“ genannt, für alle? Die | |
naheliegende Antwort auf die großen Fragen beim Kongress lautet: Nein. | |
Direkt im Anschluss an die Eröffnung spricht Cian Westmoreland, ein | |
ehemaliger Techniker der US-Luftwaffe. Bis 2009 habe er die | |
Informationsinfrastruktur für Drohnenangriffe in Afghanistan mit aufgebaut. | |
Irgendwann funktionierte das aber nicht mehr für ihn, dass auf der anderen | |
Seite Menschen wegen dieser Technologie starben. Er ist zum Whistleblower | |
geworden und warnt nun vor den Gefahren durch den Einsatz von Drohnen und | |
Roboterwaffen. Solche fortgeschrittenen Kriegsgeräte, so Westmoreland, | |
führten dazu, dass Generäle, die oft nicht einmal ihre E-Mail-Programme | |
bedienen könnten, sich in falscher Sicherheit wiegten, welche wiederum den | |
Tod Unbeteiligter zur Folge habe. | |
Durchwachsen war das vergangene Jahr für den Stand der Verschlüsselung in | |
der Alltagstechnik. Seit den Snowden-Enthüllungen haben viele Firmen | |
aufgerüstet: Populäre Chatprogramme wie Whatsapp sind inzwischen komplett | |
verschlüsselt, andere wie Facebook Messenger können verschlüsselt genutzt | |
werden, das sichere Chatprogramm-Signal ist so populär wie nie zuvor. Wenn | |
Nutzer das Worldwide Web benutzen, geschieht das auch immer häufiger über | |
Seiten die mit “https“ beginnen. | |
Doch der Vizechef der US-Organisation Electronic Frontier Foundation, Kurt | |
Opsahl, zeigt [1][in seiner Rede] auf, wie oft Verschlüsselung nun | |
Konflikte zwischen Regierungen und Konzernen erzeugt. Der wohl wichtigste | |
Fall des Jahres war der Versuch der US-Bundespolizei FBI, Apple dazu zu | |
zwingen, die Verschlüsselung eines iPhones zu knacken. Apple wehrte ab und | |
das FBI kaufte stattdessen für über eine Million Dollar eine noch | |
unbekannte Schwachstelle in der Technik. Staaten, die für Schwachstellen | |
Geld ausgeben, funktioniert das? „Schlechte Verschlüsselung ist ein | |
Sicherheitsrisiko“, sagt Opsahl immer und immer wieder und verweist auf die | |
UN, die Verschlüsselung inzwischen als „notwendig“ für das Recht auf freie | |
Meinungsäußerung ansieht. | |
Inzwischen schreiben Menschen ihre Vorurteile auch in die Programme ein, | |
die sie produzieren. Die [2][Forscherin Aylin Caliskan untersucht], | |
inwiefern Sprachprogramme die mit menschlichen Texten „gefüttert“ werden, | |
genauso rassistisch oder sexistisch werden wie die Originale. So übersetzt | |
etwa Google Translate aus geschlechtsloser Sprache „Rechtsanwalt_in“ zur | |
männlichen Form im Deutschen, aber „Lehrer_in“ in die weibliche Form. Auch | |
das, heißt es implizit bei Caliskan, funktioniert nicht – oder zumindest | |
nur für jene, die vom Status Quo profitieren. | |
Durch die Veranstaltungen zieht sich, wie jedes Jahr, der grundsätzliche | |
Glaube daran, dass Technik viele der Probleme „da draußen“ lösen kann. | |
Gegen übergriffige Drohnen helfen Mikrowellen-Pistolen und | |
Anti-Drohnennetze, sagt Westmoreland. Programmierer müssten mehr | |
Verschlüsselung in ihre Software schreiben, damit sie nicht mehr der | |
Ausnahmefall sei. Caliskan hofft aber auf die Gesellschaft: Es bedürfe | |
eines „strukturellen Wandels“, damit die Diskriminierung aus den Programmen | |
verschwinde. Vielleicht braucht es beide Ansätze, um zu funktionieren. | |
27 Dec 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=R0FxTMLmqSM | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=j7FwpZB1hWc | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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