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# taz.de -- CCC-Kongress in Hamburg: Ach, reden wir nicht drüber
> Auf dem Kongress treffen sich Hackerstars. Nicht dabei: Jacob Appelbaum.
> Seit den Missbrauchsvorwürfen gegen ihn herrscht Schweigen.
Bild: Auf dem diesjährigen CCC-Kongress kein Rederecht: Um Jacob Appelbaum ist…
Hamburg taz | Etwas nicht beim Namen zu nennen – das ist ja eigentlich eher
so eine Methode aus dem Harry-Potter-Universum. Doch auch beim diesjährigen
Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC) wird ein Name sorgfältig
ausgespart: Jacob Appelbaum. Der ehemalige Szenenstar, bekannt für
politische Positionierung und charismatische Appelle – und ab Mitte diesen
Jahres auch dafür, dass ihm sexueller Missbrauch und Manipulation
vorgeworfen wurden.
Schon im Vorfeld war klar, dass sowohl Appelbaum als auch seine ehemaligen
Arbeitgeber vom Tor-Projekt, aus dessen Kreisen einige der Vorwürfe gegen
Appelbaum stammen, auf dem Kongress fehlen werden. Doch auch darüber hinaus
ist das Schweigen über seine Person ausgeprägt – zumindest bei den
offiziellen Vorträgen. Und das, obwohl einige der Übergriffe, die Appelbaum
vorgeworfen wurden, sich im Umfeld des letztjährigen Kongresses abspielten.
Selbst im Jahresrückblick der CCC-Pressesprecher blieb Appelbaum – der als
Mitglied immerhin rausgeworfen wurde – unerwähnt.
Natürlich ist diese Zurückhaltung verständlich. Ist in der Sache doch
wahrlich genug unter der Gürtellinie herumgewühlt worden. Und es läuft ja
auch: Mit 12.000 Besuchern ist der Kongress voll wie nie, es gibt mit Hacks
von Onlinebanken, Dieselfahrzeugen und Flugbuchungssystemen mal wieder
breitenwirksame Demonstrationen – gemischt mit allerlei Abseitigem und
Fachspezifischerem. An Themen, mit denen sich der CCC befassen kann und
will, mangelt es nun wirklich nicht. Andererseits: Es wird nicht der
einzige und letzte Fall sein, der Fragen zu Starkult, Missbrauchsvorwürfen
und dem Umgang mit ihnen in der obrigkeitskritischen Hackerszene stellt.
Weswegen es sich durchaus lohnen könnte, diese Themen nicht unter der
Oberfläche gären zu lassen.
Reagiert haben die Kongress-Planer durchaus – sie haben die Keynote zum
Auftakt nun doch vollends gestrichen. Einmal mehr schreibt sich der
Kongress die Öffnung nach außen schon ins Motto: „Works for me“ lautet es
und will so verstanden werden, dass sich die Hacker Technik doch nicht so
gestalten wollen, dass sie allein für sie selbst funktionieren möge.
Sondern so, dass alle davon profitieren könnten.
Die – wenn man es denn so verstehen will – vielleicht deutlichste Referenz
auf den Fall Appelbaum kam vom Sicherheitsforscher Claudio Guarnieri. Man
müsse wegkommen von einer Kultur der Extravaganz und der Stars, sagte er –
in einem Vortrag, indem er ansonsten dazu aufrief, die
IT-Sicherheitsfähigkeiten stärker in den Dienst von Zivilgesellschaften zu
stellen – und dafür die Organisation „Security without Borders“ ins Leben
rief.
Waren es die Russen?
Zurückhaltung gibt es auf dem Kongress auch noch bei einem anderem Thema.
Der politischen Frage nämlich, wer denn nun hinter all den Hacks
politischer Ziele – vor allem im Kontext der US-Wahl – stehen möge. Viele
Vortragenden lösen dieses Problem so elegant wie zwei Forscher aus
Michigan, die die Neuauszählung in mehreren Bundesstaaten anzettelten: Sie
verweisen einfach auf die offiziellen Erklärungen der US-Regierung, die
Russland in der Verantwortung für praktisch alles sieht. Während sie sich
einer eigenen Einschätzung enthalten.
Und doch interessiert diese Frage offenkundig schon – wie hartnäckige
Nachfragen des Publikums bei einem nächtlichen Vortrag zeigte. Fast eine
Stunde lang hatte der Kanadier Jessy Campos von der Sicherheitsfirma Eset
über APT 28 gehalten, den Angreifer, der unter anderem hinter dem Hack
gegen die US-Demokraten gesteckt haben sollen. Ob dahinter wirklich
russische Malware beziehungsweise Auftraggeber stecken?
Campos weist alle Fragen zurück: „Attribution“ – also die genaue Zuweisu…
wer dahinter steckt – mache seine Firma nicht. Im letzten Jahr habe immer
China hinter allen möglichen Angriffen gesteckt, nun sei es Russland –
diese Bemerkung fällt zwar mehrfach, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Was
einerseits schade ist. Andererseits: Als purer Erklärbär ist der CCC ja
auch nicht angetreten.
29 Dec 2016
## AUTOREN
Meike Laaff
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US-Wahl 2024
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