# taz.de -- Nach dem Berliner Anschlag: Anis Amri in Mailand erschossen | |
> Der Tatverdächtige ist bei einer Schießerei getötet worden. Er hatte bei | |
> einer Kontrolle eine Schusswaffe gezogen. Die Polizei erwiderte das | |
> Feuer. | |
Bild: Spurensicherung am Tatort | |
ROM taz | Der Attentäter von Berlin ist nach Angaben italienischer Behörden | |
tot, der deutsche Generalbundesanwalt Peter Frank bestätigte die Meldung am | |
Freitagnachmittag. Anis Amris Flucht endete in der Nacht von Donnerstag auf | |
Freitag um 3.30 Uhr im norditalienischen Sesto San Giovanni. Auf dem | |
Bahnhofsvorplatz der vor den Toren Mailands gelegenen Stadt wollten zwei | |
Beamte einer Polizeistreife bei einer Routinekontrolle seine Personalien | |
feststellen, doch es kam sofort zum Schusswechsel. | |
Wie Italiens Innenminister Marco Minniti am Freitag auf einer | |
Pressekonferenz in Rom erklärte, hatte Amri auf die Aufforderung, seine | |
Papiere zu zeigen, „ohne zu zögern“ seine Kaliber-22-Pistole gezogen, auf | |
einen der Beamten geschossen und ihn an der Schulter getroffen. Daraufhin | |
habe der zweite Polizist Amri erschossen. Der verletzte Beamte, so Minniti, | |
schwebe nicht in Lebensgefahr. Bei dem Toten handele es sich „ohne den | |
Schatten eines Zweifels um Anis Amri“, so der Minister. | |
Weitere Details nannte die örtliche Polizei. Amri habe zunächst „in gutem | |
Italienisch“ erklärt, er habe keine Dokumente. Wie in diesen Fällen üblich | |
sei er aufgefordert worden, seinen Rucksack zu leeren, habe daraufhin die | |
Pistole gezückt und das Feuer eröffnet. Anschließend sei er hinter einem | |
Wagen in Deckung gegangen, die Waffe in der Hand. Der zweite Beamte habe | |
ihn dort erreicht und erschossen. Amri sei allein unterwegs gewesen, außer | |
einem kleinen Messer habe er keine weiteren Waffen und auch kein Telefon | |
mit sich geführt. Italienische Medien meldeten auch, Amri habe „allahu | |
akbar“ ausgerufen, die Polizei mochte dies jedoch nicht bestätigen. | |
Der Tote hatte ein Bahnticket in der Tasche, nach dem er vom im Südosten | |
Frankreichs gelegenen Chambéry über Turin zunächst zum Mailänder | |
Hauptbahnhof gefahren, wo er etwa um ein Uhr nachts eingetroffen sein soll. | |
Danach fuhr er ins nahe Sesto San Giovanni. Dort sei er den Beamten | |
aufgefallen, legte Minniti dar, weil er „sich verdächtig benommen“ habe. | |
## Details über Amris Geschichte | |
Über mögliche Verbindungsleute Amris in Italien oder über sein Reiseziel | |
äußerte sich der Innenminister nicht, er kündigte jedoch „weitere | |
Entwicklungen in den Ermittlungen“ an. Ministerpräsident Paolo Gentiloni | |
erklärte seinerseits, der Fahndungserfolg zeige, dass „diese Regierung | |
präsent ist“ und fügte hinzu: „Unsere Aufmerksamkeit wird weiter sehr hoch | |
bleiben, doch Sicherheit und Zusammenhalt müssen Hand in Hand gehen. Ein | |
zerrissenes Land läuft das Risiko, unsicherer zu sein“. | |
In Italien hatte das Attentat von Berlin auch deshalb hohe Betroffenheit | |
ausgelöst, weil mit der 31-jährigen, in Berlin lebenden und arbeitenden, | |
Fabrizia Di Lorenzo eine Mitbürgerin zu den Opfern den Anschlags gehörte | |
und weil der Attentäter sich zunächst mehr als vier Jahre in Italien | |
aufgehalten hatte, ehe er im Sommer 2015 nach Deutschland ging. | |
Über Amris Jahre in Italien – die er zum größten Teil im Gefängnis | |
verbrachte – wurden weitere Details bekannt, aus denen klar hervorgeht, | |
dass er auch schon von den italienischen Behörden als gefährlicher | |
islamistischer Extremist eingestuft worden war. Im Februar 2011 von der | |
Polizei auf Lampedusa erstmals registriert, fiel er schon in der dortigen | |
Erstaufnahmeeinrichtung auf, weil er sich an Ausschreitungen tunesischer | |
Flüchtlinge beteiligte. Danach war der nach eigenen Angaben Minderjährige | |
in einer Flüchtlingseinrichtung im Städtchen Belpasso unweit von Catania | |
auf Sizilien untergebracht worden. | |
In seiner Unterkunft hatte er im Oktober 2011 zusammen mit vier Mittätern | |
einen Brand gelegt, um gegen die seiner Meinung nach übermäßig lange | |
Anerkennungsprozedur im Asylverfahren zu protestieren. Dies trug ihm die | |
Verurteilung zu vier Jahren Haft ein, die er in diversen Gefängnissen | |
Siziliens abbüßte. | |
Die Website corriere.it zitiert Quellen aus der italienischen | |
Gefängnisverwaltung, aus denen hervorgeht, dass er schon während der Haft | |
als radikaler Islamist auffiel. So habe er im Gefängnis Agrigent einen | |
Mitgefangenen wegen dessen christlichen Glaubens bedroht und ihm | |
angekündigt, er werde ihm „den Kopf abschneiden“. Und so habe er sich nach | |
dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar 2015 zu offenen | |
Freudenbekundungen hinreißen lassen. Amris Name wurde deshalb von der | |
nationalen Gefängnisverwaltung dem „Komitee strategische Analyse | |
Antiterrorismus“ mitgeteilt, einem Komitee, in dem die Gefängnisverwaltung | |
und Italiens Geheimdienste ihre Erkenntnisse austauschen. | |
Und der Tunesier wurde nach seiner Haftentlassung am 18. Mai 2015 zwar für | |
einen Monat in Abschiebehaft genommen, da es aber nicht gelang, | |
Ersatzpapiere von den tunesischen Behörden zu erhalten, wurde er danach auf | |
freien Fuß gesetzt. Seine Daten, inklusive Fingerabdrücke, wurden zwar in | |
die europäischen Datenbanken eingespeist, ansonsten aber erhielt er von | |
Italiens Behörden bloß die Ausweisungsverfügung, die ihn zum Verlassen des | |
Landes binnen sieben Tagen aufforderte. Von da an verloren sich seine | |
Spuren in Italien, bis zu seinem Tod am Freitag in Sesto San Giovanni. | |
23 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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