# taz.de -- Berliner Fahrradpolitik: Mühsamer Start für Geisel | |
> Linken-Abgeordneter kritisiert Hinhaltetaktik von Innensenator Geisel. | |
> Der verspricht eine Entscheidung zur Zulässigkeit des Volksentscheids bis | |
> Anfang Februar. | |
Bild: Allerhöchste Zeit… | |
Auch aus der rot-rot-grünen Koalition kommt nun Kritik am Umgang des | |
früheren Verkehrs- und heutigen Innensenators Andreas Geisel (SPD) mit der | |
Initiative Volksentscheid Fahrrad. Sechs Monate nach Einreichen ihrer | |
Unterschriften fehlt der Initiative weiterhin eine verbindliche | |
Zulässigkeitsprüfung. „Das geht gar nicht“, sagte Michael Efler, | |
Linkspartei-Abgeordneter und langjähriger Sprecher des Vereins Mehr | |
Demokratie, am Montag der taz. | |
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad hatte im Frühsommer 90.000 | |
Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Laut Gesetz muss daraufhin | |
die Senatsverwaltung für Inneres die rechtliche Zulässigkeit des von der | |
Initiative vorgelegten Entwurfs für ein Radgesetz prüfen, die Unterlagen | |
liegen seit Juli vor. Die fachrechtliche Prüfung übernahm in diesem Fall | |
die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr, damals unter Leitung | |
von Andreas Geisel. | |
Laut Recherchen der taz lag Geisels Verwaltung bereits am 12. Oktober ein | |
Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs zum Gesetzentwurf | |
vor. Danach sind vor allem die in Teil zwei des Radgesetzentwurfs | |
enthaltenen Bestimmungen über die Schaffung eines Radverkehrsnetzes und die | |
Erhöhung der Sicherheit „überwiegend nicht mit den bundesrechtlichen | |
Vorgaben des Straßenverkehrsrechts vereinbar“. | |
Geisels Verwaltung brauchte bis zum 7. Dezember, um eine weitgehende | |
identische Einschätzung an den Innensenator zu übermitteln. Tags darauf | |
wurde der neue rot-rot-grüne Senat vereidigt, Innensenator wurde Geisel | |
selbst. Gute Voraussetzungen für eine schnelle Weiterbearbeitung – dennoch | |
liegt bis heute kein Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung vor. Laut seinem | |
Sprecher soll es nun bis Anfang Februar so weit sein. | |
„Allerhöchste Zeit“ sei es dafür, sagte Efler der taz. Er verstehe desweg… | |
den Ärger der Initiative, die durch die lange Verzögerung verunsichert | |
werde. Auch fehle die Planungssicherheit. Efler wies darauf hin, dass die | |
Verzögerung auch die Initiative „Volksentscheid retten“ betreffe, die | |
Veränderungen im Direkte-Demokratie-Gesetz anstrebe und ebenfalls seit | |
Sommer auf das Ergebnis ihrer Prüfung warte. | |
Die Verzögerung sei laut Efler vor allem der alten rot-schwarzen Regierung | |
anzulasten. Künftig solle das nicht mehr passieren: Laut Koalitionsvertrag | |
von Rot-Rot-Grün sollen „klare Fristen eingeführt werden, wie lange eine | |
Zulässigkeitsprüfung höchstens dauern darf“, betont der Abgeordnete. Doch | |
auch bei der neuen Koalition gebe es Klärungsbedarf, was das seltsame | |
Vorgehen des alten und neuen Senators Geisel im Dezember betreffe. | |
Dieser verwahrte sich am Montag gegen Vorwürfe, er würde die | |
Zulässigkeitsprüfung verzögern: Er sei zwar mit dem Thema | |
Fahrradvolksentscheid zuerst als Verkehrssenator befasst gewesen und jetzt | |
als Innensenator ebenfalls zuständig. Doch „daraus den öffentlichen | |
Eindruck zu erwecken, ich würde ein Ergebnis bewusst verzögern, ist absurd | |
und schießt weit über das Ziel hinaus“. Es sei bei Plebisziten Aufgabe der | |
zuständigen Verwaltungen, sowohl eine fachliche als auch juristische | |
Bewertung vorzunehmen. „Diese muss abschließend und rechtssicher sein. Für | |
beides stehe ich ein“, so Geisel in einer Mitteilung. | |
Unterdessen verlangt die Initiative Volksentscheid Fahrrad die sofortige | |
Veröffentlichung des Schreibens vom Dezember sowie des Rechtsgutachtens von | |
Mitte Oktober. Das Informationsfreiheitsgesetz verpflichte den Senat dazu, | |
erklärte Organisator Heinrich Strößenreuther am Montag. Es wäre ein | |
„starkes Stück“, wenn die beiden Schriftstücke nicht herausgegeben würde… | |
Die Senatsverwaltung für Umwelt, inzwischen unter Senatorin Regine Günther | |
(parteilos, für die Grünen), kündigte an, die Papiere zu veröffentlichen, | |
wenn juristisch nichts dagegen spreche. | |
Heinrich Strößenreuther erklärte am Montag, auch die Umstände der Vergabe | |
des Gutachtens an die Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs überprüfen zu wollen. | |
Aufgrund der Höhe des Auftrags hätte die Vergabe ausgeschrieben werden | |
müssen; auch dieser Vorgang müsse jetzt öffentlich werden, so | |
Strößenreuther. Er vermutet, dass die Senatsverwaltung versucht habe, im | |
Vorfeld Einfluss auf das Ergebnis der Prüfung zu nehmen. | |
9 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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