| # taz.de -- Initiative „Volksentscheid retten!“: Klatsche nach zehn Monaten | |
| > Berlins Innensenator hält das Volksbegehren „Volksentscheid retten!“ | |
| > teilweise für rechtswidrig. Die Initiative wirft ihm vor, die Prüfung | |
| > verschleppt zu haben. | |
| Bild: Ist auch schon ein halbes Jahr her: Protest von Mitgliedern der Ini „Vo… | |
| Erneut hat die Innenverwaltung wesentliche Teile eines geplanten | |
| Volksbegehrens für gesetzeswidrig erklärt – und damit wieder den Zorn einer | |
| Initiative auf sich gezogen. Das Volksbegehren „Volksentscheid retten!“ | |
| verstößt laut der Zulässigkeitsprüfung der Verwaltung in einem zentralen | |
| Punkt gegen das Grundgesetz. Genau dieser ist für die gleichnamige | |
| Initiative aber offenbar unverzichtbar. | |
| Die Initiative hatte im Juli 2016 rund 70.000 Unterschriften bei der | |
| Innenverwaltung eingereicht. Damit nahm sie deutlich die erste Hürde zur | |
| Einleitung eines Volksbegehrens. Ziele der Initiative sind niedrigere | |
| Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide sowie die Zusammenlegung von | |
| Volksentscheiden mit Wahlen. Diese Punkte stufte die Innenverwaltung als | |
| zulässig ein. | |
| Die Initiative will jedoch auch erschweren, dass das Abgeordnetenhaus | |
| Gesetze ändert, die per Volksentscheid verabschiedet wurden – wie etwa das | |
| 2014 beschlossene Tempelhofer Feld-Gesetz, das von der damaligen | |
| SPD-CDU-Koalition 2016 modifiziert wurde. Die Bürger sollen solche | |
| Veränderungen mit einem erneuten Referendum verhindern können. Diese | |
| Regelung „verstößt allerdings gegen das Grundgesetz“, teilte die | |
| Innenverwaltung der Initiative wenige Tage vor Ostern mit. Die Verwaltung | |
| beruft sich dabei auf eine Entscheidung des Berliner | |
| Verfassungsgerichtshofes von 2009, laut der das Parlament bestimmte | |
| Volksentscheide „jederzeit“ ändern oder aufheben können muss. | |
| „Für uns ist wichtig, dass ein Einspruchsreferendum eingeführt wird“, | |
| betont Mareike Witt, Mitglied der Initiative, gegenüber der taz. Vorbild | |
| sei dabei Hamburg, wo es dieses fakultative Referendum seit 2009 gibt. Bis | |
| zum 31. Mai muss die Initiative nun entscheiden, wie sie mit dem Ergebnis | |
| der Prüfung umgehen will – die ursprünglich auf 14 Tage begrenzte | |
| Prüfungsfrist hat die Innenverwaltung am Donnerstag auf Bitte der | |
| Initiative verlängert. | |
| „Wir werden uns mit der Mitteilung der Verwaltung intensiv | |
| auseinandersetzen“, kündigt Mareike Witt an. Verändert die Initiative den | |
| Gesetzentwurf nicht, wird ihn der Senat aller Voraussicht nach dem | |
| Verfassungsgerichtshof vorlegen, der ihn dann abschließend auf seine | |
| Zulässigkeit prüfen muss. | |
| Der Entwurf der Initiative „Volksentscheid retten!“ ist bereits der zweite, | |
| der in der noch kurzen Amtszeit von Innensenator Andreas Geisel (SPD) | |
| langwierig geprüft und schließlich in wesentlichen Punkten als gesetzwidrig | |
| eingestuft wurde. So war es Ende Februar bereits der Initiative | |
| „Volksentscheid Fahrrad“ ergangen: Das Land dürfe Fahrradstraßen und ande… | |
| Radwege nicht so einrichten wie im Entwurf vorgesehen, da dafür die | |
| Gesetzgebungsbefugnis fehle, lautete damals das Ergebnis der Prüfung. | |
| Die Radlerinitiative warf Geisel eine Verzögerungstaktik vor, die | |
| „angesichts des Rekordhochs an getöteten Radfahrern“ nicht hinnehmbar sei. | |
| Die Innenverwaltung hatte neun Monate für die Prüfung gebraucht, obwohl | |
| bereits im Oktober 2016 ein beauftragtes Gutachten vorlag, wie die taz | |
| Anfang Januar enthüllt hatte. | |
| Die gleiche Kritik äußert nun Mareike Witt: „Die Prüfung ist vom Senat | |
| verschleppt worden.“ Obwohl laut Witt das vom Senat in Auftrag gegebene | |
| verfassungsrechtliche Gutachten bereits im Oktober vorlag, kam erst im | |
| April die Mitteilung der Verwaltung. „Das sind über zehn Monate, | |
| normalerweise werden zwei Monate benötigt.“ | |
| Die Initiative hatte eine Abstimmung über ihren Gesetzentwurf am Tag der | |
| Bundestagswahl Ende September angestrebt, um nicht am Quorum zu scheitern. | |
| Dieses ist für verfassungsändernde Initiativen deutlich höher als für | |
| einfache. „Diese absichtlich lange Prüfung hat das verhindert“, so Witt. | |
| Diese Taktik des Senats sei ein weiterer Beleg dafür, „dass unser | |
| Volksbegehren nötiger denn je ist: Die Prüfung durch den Senat muss | |
| befristet werden.“ Auch das steht im Entwurf der Initiative. | |
| 21 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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