# taz.de -- Initiative Volksentscheid Fahrrad: Die Wut trifft den Innensenator | |
> Die Initiative Volksentscheid Fahrrad wirft Andreas Geisel Trickserei | |
> vor: Anlass ist eine Prüfung der Verkehrsverwaltung, die die taz publik | |
> gemacht hat. | |
Bild: Mist, wo ist der Radweg geblieben? Ach den gab es nie?! | |
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad wirft Innensenator Andreas Geisel | |
(SPD) vor, aus taktischen Gründen die Sicherheit von Radfahren in Berlin | |
bewusst zu gefährden. „Angesichts des Rekordhochs an getöteten Radfahrern | |
2016 nehmen wir es nicht hin, dass der Senat ein Gesetz zur raschen | |
Verbesserung der Verkehrssicherheit verzögert“, sagte Heinrich | |
Strößenreuther von der Initiative am Wochenende. | |
Hintergrund des aktuellen Furors ist eine Recherche der taz: In der | |
Samstagsausgabe haben wir die bisher unter Verschluss gehaltene rechtliche | |
Stellungnahme der Verkehrsverwaltung für Stadtentwicklung zum Entwurf des | |
Radgesetzes veröffentlicht. Danach ist der von der Initiative vorgelegte | |
Entwurf in wesentlichen Teilen nichtig. | |
Wörtlich heißt es in dem Schreiben der Verwaltung: „Das Land Berlin hat | |
keine Gesetzgebungsbefugnis für die im Gesetzentwurf enthaltenen | |
straßenverkehrsrechtlichen Regelungen.“ Dies betreffe insbesondere | |
Regelungen zur Einrichtung von Fahrradstraßen, grüner Welle und | |
Radschnellwegen – zentrale Teile des von der Initiative geplanten Gesetzes. | |
Das Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an die | |
Innenverwaltung stammt vom 7. Dezember, dem letzten Tag, an dem Geisel | |
Verkehrssenator war. Es stützt sich auf ein Gutachten der | |
Rechtsanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs, das bereits zwei Monate vorher | |
vorlag. Über die Rechtmäßigkeit eines geplanten Volksbegehrens entscheidet | |
der Innensenator. Dies ist seit 8. Dezember – Andreas Geisel. | |
Der neue Innensenator hätte die Zulässigkeitsprüfung also längst | |
abschließen können, erklärt Strößenreuther; er habe dies aber bewusst | |
verzögert. „Es grenzt schon an Unverschämtheit, wie Herr Geisel, ohne je | |
inhaltlich Stellung genommen zu haben, die demokratischen Rechte und die | |
Verkehrssicherheit der Berlinerinnen und Berliner mit Füßen tritt.“ Das | |
Vorgehen mache die Initiative „fassungslos“. Sie hatte den Senat im | |
Dezember wegen Untätigkeit verklagt. „Diese Klage erweist sich als | |
gerechtfertigt“, sagt Strößenreuther mit Blick auf die | |
taz-Veröffentlichung. | |
Die rechtliche Einschätzung der früheren Verwaltung von Geisel kommt für | |
Strößenreuther hingegen nicht überraschend. „Wir waren uns der juristischen | |
Schwierigkeit unseres Gesetzentwurfs bewusst“, betonte er am Sonntag | |
gegenüber der taz – insbesondere was die vorgesehenen zeitlichen und | |
räumlichen Fristen für die Umsetzung der Ziele angeht, etwa eine bestimme | |
Länge von Radstraßen in einer bestimmten Zeit. | |
Laut dem Gutachten, auf dessen Grundlage die Senatsverwaltung ihre | |
fachrechtliche Prüfung abgeschlossen hat, dürfte es „zumindest zweifelhaft�… | |
sein, ob die für die Einrichtung von Radstraßen nötige konkrete | |
Gefahrenprognose rechtlich einwandfrei erstellt werden kann. Schließlich | |
müsste bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes feststehen, wie | |
gefährlich die Lage für Radler einige Jahre später ist. | |
Strößenreuther hält solche juritischen Einschätzungen für Auslegungssache. | |
„Wir wollen, dass für die Radpolitik das Unsicherheitsempfinden der Radler | |
die wesentliche Rolle spielt, und nicht Unfallstatistiken“, betont er. Der | |
Entwurf sei in enger Zusammenarbeit mit Juristen erarbeitet worden. „Wir | |
gehen davon aus, dass er in wesentlichen Teilen zulässig ist.“ Und | |
natürlich sei man bereit, Formulierungen zu verbessern, wenn dies nötig | |
sei. Rechtlich ist das in begrenztem Umfang möglich. | |
Sollte Geisel aber das Gesetz wegen zu großer Bedenken für | |
verfassungswidrig erklären, werde die Initiative dagegen vor dem | |
Landesverfassungsgericht klagen. | |
Die Ankündigung der Grünen, das Mobiltätsgesetz von Rot-Rot-Grün ins | |
100-Tage-Programm aufzunehmen, begrüßte Strößenreuther: „Je schneller was | |
passiert, umso besser.“ | |
8 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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