# taz.de -- Trend zur Fertigkost in Deutschland: Warum selbst kochen? | |
> Nicht einmal zwei von fünf Deutschen bereiten sich selbst täglich ein | |
> warmes Essen zu. Immer mehr sagen: „Ich koche gar nicht.“ | |
Bild: Deutsche lassen kochen: Pizzawerk in Mecklenburg-Vorpommern | |
Berlin taz | Für Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) ist das | |
eine gute Nachricht: „Beim Kochen haben wir die Einheit von Ost- und | |
Westdeutschland erreicht“, sagte Schmidt bei der Vorstellung des | |
diesjährigen Ernährungsreports. Bedeutet: Die Menschen in Ostdeutschland | |
kochen genauso oft und gern selbst wie die im Westen der Bundesrepublik. | |
Wobei man ehrlicherweise sagen muss: genauso ungern und selten. Denn der | |
Trend geht weg vom Selberkochen. | |
Der Anteil derer, die täglich am Herd stehen, ist nämlich innerhalb des | |
vergangenen Jahres um zwei Prozentpunkte auf 39 Prozent gesunken. Und im | |
Gegenzug ist der Anteil der Kochabstinenzler um einen Punkt gestiegen, und | |
zwar auf 12 Prozent. Immerhin scheint sich wenigstens der Nachwuchs lieber | |
an den Herd zu stellen: Knapp 90 Prozent der Jugendlichen machen dies gern, | |
der höchste Wert aller Altersgruppen. Allerdings kocht nur jeder zweite | |
Jugendlich zwei- oder dreimal oder sogar täglich pro Woche. | |
Um Kochlust, Kochkunst und Kochwissen weiter zu steigern, möchte Schmidt | |
ein neues Schulfach einführen: Ernährungsbildung. Schließlich sei Essen | |
mehr als bloße Nahrungsaufnahme. „Es gehört zum kulturellen und sozialen | |
Wir-Gefühl; es steht für Heimat und Gesundheit ebenso wie für die | |
steigenden Erwartungen und Ansprüche an eine nachhaltige und | |
verantwortungsbewusste Lebensmittelproduktion.“ | |
Dass Ernährungskunde deshalb aber ein eigenes Schulfach werden soll, | |
erschließt sich nicht ganz, da solche Themen in verschiedenen Fächern | |
behandelt werden können und sollen. Vor allem aber sollte Ernährungskunde | |
nicht zulasten der Hauptfächer gehen, denn ohne gute Kenntnisse in Mathe, | |
Deutsch und Englisch lassen sich Themen wie Landwirtschaft und globale | |
Nahrungsmittelproduktion nicht begreifen. | |
## Ernährungstipps von Oben | |
Zur Ernährungsbildung der Bevölkerung schafft Schmidt auch neue Behörden. | |
So soll noch in diesem Monat das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) seine | |
Arbeit aufnehmen. „Das Bundeszentrum wird zentrale Stimme für | |
alltagstaugliche, wissenschaftsbasierte Ernährungsempfehlungen sein“, sagte | |
Schmidt. Teil des BZfE soll das Nationale Qualitätszentrum für | |
Schulernährung werden. Dieses Zentrum soll verbindliche Qualitätsstandards | |
für die Verpflegung von Kindern in Schule und Kita entwickeln. | |
Dies dürfte dann auch für Fleischgerichte gelten – der Deutschen | |
Lieblingsspeise, gefolgt von Nudel-, Gemüse- und Fischgerichten. Da sich | |
immer mehr Menschen Transparenz über die Bedingungen der Nutztierhaltung | |
wünschen, kündigte Schmidt eine Kennzeichnung von Fleischprodukten an, die | |
unter eher tiergerechten Bedingungen hergestellt wurden. Eckpunkte für ein | |
staatliches Tierwohl-Label will Schmidt auf der „Grünen Woche“ Ende Januar | |
in Berlin vorstellen. „Zum Nulltarif wird es Tierwohl nicht geben“, sagte | |
Schmidt. Zwar würden viele Verbraucher ankündigen, mehr Geld für Fleisch | |
aus artgerechterer Haltung zu zahlen. Nun müsse aber der Markt zeigen, ob | |
dies auch an der Ladenkasse umgesetzt werde. | |
3 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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