# taz.de -- taz-Serie Gut vorankommen: Mehr Platz und mehr Takt | |
> Rot-Rot-Grün in Berlin will eine Mobilitätswende. Autos sollen | |
> zurückgedrängt, Radfahrer, Fußgänger, Busse und Bahnen gefördert werden. | |
Bild: Die S-Bahn Ring im 5-Minuten-Takt? Noch gibt es dafür zu wenige Fahrzeug… | |
BERLIN taz | Wie herausfordernd es ist, die Mobilität einer wachsenden | |
Stadt zu gewährleisten, erleben die Berliner jeden Morgen und Abend im | |
Berufsverkehr: überfüllte Busse und Bahnen; Autos, Laster, Liefer- und | |
Handwerkerfahrzeuge stehen im Stau, Gedränge auf Geh- und Radwegen an | |
neuralgischen Punkten in der Innenstadt. Es ist der ganz normale Wahnsinn | |
einer Metropole, wie man ihn aus vielen Ecken der Welt kennt. | |
Dabei hat Berlin eigentlich gute Voraussetzungen, selbst ein zunehmendes | |
Verkehrsaufkommen einigermaßen umwelt- und menschenfreundlich zu gestalten: | |
Die Straßenzüge sind breit, sodass es Platz für Rad- und Busspuren gibt. | |
Der öffentliche Nahverkehr ist historisch gewachsen und vergleichsweise gut | |
ausgebaut, und viele Menschen haben eine pragmatische oder sogar ablehnende | |
Haltung gegenüber dem motorisierten Individualverkehr. | |
Davon zeugen nicht nur Unterschriftensammlungen für bessere | |
Radfahrbedingungen, sondern auch die Verkehrsstatistik. Der zusätzliche | |
Verkehr, der durch das Bevölkerungswachstum verursacht wurde, wurde zu 50 | |
Prozent vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgefangen. Um 25 | |
Prozent stieg der Fußverkehr, um 20 Prozent der Radverkehr. | |
Hatte der motorisierte Individualverkehr im Jahr 2008 noch einen Anteil von | |
33 Prozent an allen zurückgelegten Wegen der Berliner, waren es fünf Jahre | |
später nur noch 30 Prozent. Während der Fußverkehrsanteil etwa konstant | |
blieb, stieg der des Radverkehrs im gleichen Zeitraum um zwei Prozentpunkte | |
auf 13 Prozent, und der des ÖPNV um drei Punkte auf 27 Prozent. Der | |
Umweltverbund von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr kam damit zuletzt auf einen | |
Anteil von 70 Prozent. Und die Tendenz ist weiter steigend. | |
## 5-Minuten-Takt auf der S-Bahn Ring geplant | |
Die neue Stadtregierung will diese Entwicklung weiter vorantreiben. SPD, | |
Grüne und Linke sprechen in ihrem Koalitionsvertrag davon, eine | |
„Mobilitätswende einleiten“ zu wollen. Die Koalition will den Straßenraum | |
zugunsten des Umweltverbundes umverteilen und „massiv in den Ausbau der | |
Fahrradinfrastruktur investieren“. | |
So soll es zwei Meter breite Radstreifen auf den Hauptstraßen geben. Auf | |
Nebenstraßen soll ein Radwegenetz entstehen. Zudem ist ein Pilotprojekt | |
Grüner Pfeil für Radler geplant. Die wichtigste Maßnahme, um den | |
Autoverkehr unattraktiver zu machen, ist die Ausweitung der Zonen, in denen | |
das Parken kostenpflichtig ist. Die Koalition plant, bis zum Jahr 2021 das | |
gesamte Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings in Parkzonen zu verwandeln. Damit | |
sollen vor allem Berufs- und Ausgehpendler von einer Fahrt mit dem Auto | |
abgehalten werden. | |
Weniger ambitioniert sind die Koalitionspläne beim Ausbau des ÖPNV-Netzes. | |
Zwar sollen vier neue Straßenbahnlinien in Betrieb genommen werden. Einen | |
Neubau von U- oder S-Bahn-Strecken soll es aber nicht geben. Immerhin | |
verspricht die Koalition, die Takte von U- und S-Bahnen zu erhöhen. | |
Beispielsweise soll es einen 5-Minuten-Takt auf dem S-Bahn-Ring geben – | |
„sobald ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung stehen“. | |
Neben den hohen ÖPNV-Preisen zeigt dieser Hinweis die Krux bei der | |
Verkehrswende: Da viele Menschen nicht bei jedem Wetter Rad fahren oder | |
weite Strecken zu Fuß gehen wollen, wird ein noch leistungsfähigerer ÖPNV | |
benötigt. Dafür aber reichen Zahl und Zuverlässigkeit der Fahrzeuge derzeit | |
nicht aus, außerdem fehlen Fahrer. | |
27 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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