# taz.de -- Wegen Atomausstieg: Vattenfall will noch mehr Geld | |
> Der schwedische Energiekonzern hält seine Klage vor einem Schiedsgericht | |
> auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufrecht. | |
Bild: Soll nach seiner Stilllegung nochmal richtig Geld bringen: Vattenfalls Pa… | |
Freiburg taz | Vattenfall hofft weiter auf 4,7 Milliarden Euro | |
Entschädigung für die deutsche Atomwende im Jahr 2011. Der schwedische | |
Energiekonzern hält seine Klage beim Washingtoner Zentrum zur Beilegung von | |
Investitionsstreitigkeiten (ICSID) aufrecht – auch nach dem aktuellen | |
Teilerfolg beim Bundesverfassungsgericht. | |
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass das | |
Eigentumsrecht von Vattenfall als 50-Prozent-Eigentümer des Atomkraftwerks | |
Krümmel verletzt wurde. Denn Krümmel konnte als einziges deutsches AKW | |
nicht die im Atomkonsens von 2002 zugestandenen 32 Jahre Laufzeit | |
ausschöpfen. | |
Stattdessen verlor Krümmel im August 2011 schon nach rund 27,5 Jahren die | |
Betriebserlaubnis. Vattenfall hat nun Anspruch auf Ausgleich für | |
viereinhalb Betriebsjahre. In welcher Form und in welcher Höhe Vattenfall | |
diesen Ausgleich erhält, muss der Bundestag bis Juni 2018 im Atomgesetz | |
regeln. | |
Die Klage in Washington beruft sich auf die Energiecharta von 1994, einen | |
völkerrechtlichen Vertrag, der ausländische Investoren im Energiebereich | |
schützt. Er verspricht den Investoren eine „faire und gerechte Behandlung“ | |
und den Schutz vor „unangemessenen und diskriminierenden Maßnahmen“. | |
Die Bundesregierung betonte am Mittwoch, dass es sich dort um ein | |
eigenständiges Verfahren handele. „Dennoch wünschen wir uns, dass | |
Vattenfall seine Klage zurückzieht“, hieß es seitens des | |
Wirtschaftsministeriums. Eine Sprecherin von Vattenfall erklärte jedoch: | |
„Wir betreiben das Verfahren in Washington weiter.“ | |
Vattenfall hat die Klage beim ICSID also nicht nur für den Fall eingelegt, | |
dass das Bundesverfassungsgericht die dortige Klage gar nicht zulässt. Dies | |
war aus Sicht des Unternehmens durchaus zu befürchten, da Vattenfall dem | |
schwedischen Staat gehört und sich deshalb eigentlich gar nicht auf | |
deutsche Grundrechte berufen kann. Doch Karlsruhe war großzügig und hat die | |
Vattenfall-Klage dennoch zugelassen. | |
## Höhere Entschädigung möglich | |
Vattenfall hofft also darauf, in Washington eine höhere Entschädigung zu | |
erhalten als auf Grundlage des Karlsruher Urteils. Und hier gibt es vier | |
Ansatzpunkte. Erstens gewährte Karlsruhe nur einen „angemessenen“ | |
Ausgleich, der hinter dem vollen Wertersatz zurückbleiben kann. Die | |
Energiecharta verlangt bei Enteignungen dagegen eine Entschädigung nach dem | |
„Marktwert“. | |
Zweitens hat das Bundesverfassungsgericht für die Rücknahme der 2010 | |
gewährten Laufzeitverlängerung um durchschnittlich 12 Jahre keinerlei | |
Entschädigung gewährt. Das könnte das Schiedsgericht anders sehen. | |
Drittens hat Karlsruhe nur den Ersatz für Investitionen zugelassen, die | |
zwischen Dezember 2010 und März 2011 im Vertrauen auf die | |
Laufzeitverlängerung erfolgten. Vattenfall hat bei Krümmel aber schon von | |
2007 bis 2011 rund 700 Millionen Euro investiert. | |
Viertens moniert Vattenfall in Washington die Brennelementesteuer, die seit | |
2011 erhoben wird. Diese spielte im Karlsruher Verfahren gar keine Rolle. | |
Das ICSID-Schiedsgericht hat im Oktober zwei Wochen lang über die | |
Vattenfall-Klage verhandelt. Ein Urteil wird üblicherweise nach sechs bis | |
acht Monaten verkündet. | |
7 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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