| # taz.de -- US-Rapper über „Black America Again“: „Eine neue Geschichte … | |
| > Der Chicagoer Rapper Common will die Gesellschaft in den USA einen. Er | |
| > ist überzeugt, dass afroamerikanische Musik dabei hilfreich sein kann. | |
| Bild: Der US-amerikanische Rapper Common auf dem Summerfest-Festival in Wiscons… | |
| taz.am wochenende: Common, Ihr neues Album heißt „Black America Again“. | |
| Worauf bezieht sich „Again“? | |
| Common: In der Geschichte der USA hat es im Umgang mit Schwarzen Menschen | |
| immer wieder Ungerechtigkeiten und Unterdrückung gegeben. Auch heute sieht | |
| man, dass junge Menschen in den Straßen umgebracht werden, und fühlt dabei | |
| einen großen Schmerz – es passiert wieder und wieder, here we go again. | |
| Ich habe mein Album deswegen „Black America Again“ genannt, weil wir eine | |
| neue Geschichte schreiben wollen. Ein neues Narrativ entwickeln. Es geht | |
| nicht nur um Unterdrückung, nicht nur um Schmerz, obwohl wir wissen, dass | |
| das alles existiert. Es ist eine neue Geschichte darüber, wer wir als | |
| Menschen sind, über die Schönheit und die Freude. | |
| In dem Song „Letter to the Free“ rappen Sie: „Will the U.S. ever be us? | |
| Lord Willing!“ Wie sind die Erwartungen der Afroamerikaner jetzt, nach dem | |
| Wahlsieg Donald Trumps? | |
| Wir müssen stärker zusammenkommen – nicht nur als Schwarze, sondern | |
| überhaupt alle Menschen in den USA. Als Schwarze müssen wir aber auch | |
| unsere Stärken und unsere Macht erkennen und uns lieben, etwas gemeinsam | |
| aufbauen, uns sozial und ökonomisch unterstützen. Wir müssen uns erinnern: | |
| „God is first.“ Mit Trump als Präsidenten wissen wir, dass da einige | |
| Herausforderungen auf uns zukommen. Die müssen wir zusammen bewältigen, uns | |
| organisieren, empowern und unserer Jugend bessere Tage ermöglichen. | |
| Sie haben gerade von Gott gesprochen. Welche Rolle spielt Religion in Ihrer | |
| Musik? | |
| Ich bin ein Christ, ich glaube an Gott. Meine Spiritualität ist der Anfang, | |
| die Mitte und das Ende von dem, was ich bin. Ich unterwerfe mich aber nicht | |
| ganz bestimmten religiösen Praktiken, und ich lasse mich durch Religion | |
| auch nicht von anderen spirituellen Praktiken abschneiden. Ich bin ein | |
| Christ, aber ich kann mit Muslimen beten. Oder mit Buddhisten meditieren. | |
| Ich glaube, dass Religion, wenn sie richtig praktiziert wird, ein | |
| vereinender Faktor und ein Weg für uns ist, Liebe zu verteilen, uns selbst | |
| kennenzulernen und das Beste aus uns selbst zu machen. | |
| Sie haben gesagt, sie möchten ein Narrativ der Schwarzen Existenz kreieren. | |
| Passend dazu nennen Sie auf „Black America Again“ Referenzen der | |
| afroamerikanischen Geschichte, wie den 13. Verfassungszusatz, der 1865 die | |
| Abschaffung der Sklaverei per Gesetz festlegte und die bis in die 1960er | |
| geltenden diskriminierenden „Jim Crow“-Gesetze. Ist Sampling, das Benutzen | |
| afroamerikanischer Musik wie Soul oder Jazz, also die praktische Version | |
| dieses intellektuellen Narrativs? | |
| Unser neues Narrativ soll und muss weitläufig sein. Es schließt Soul, Blues | |
| und Jazz ein, aber auch Rock, definitiv. Es beinhaltet auch Religion, Tanz, | |
| visuelle Kunst, Fotografie, Lehrer, das Vatersein, all diese Aspekte. Es | |
| ist der allumfassende Teil von Black America, den manche Menschen auf der | |
| Welt und in den Vereinigten Staaten nicht sehen, oder noch nicht kennen. | |
| Sampling war schon immer eine Säule von HipHop. Inwiefern erhält Sampling | |
| das Narrativ aufrecht? | |
| Sampling ist ein Weg, das afroamerikanische Vermächtnis zu ergründen. Es | |
| ist ein Weg, zu den Wurzeln zu kommen, Respekt zu zollen und | |
| afroamerikanische Musik einer neuen Hörerschaft zugänglich zu machen. | |
| Ihr neues Album ist weniger um Samples herum angelegt, wie das zum Beispiel | |
| auf Ihrem bisher erfolgreichsten Album, „Finding Forever“ (2007), der Fall | |
| war. Warum? | |
| Das war eine kreative Entscheidung. Meine Produzenten sind auch Musiker. | |
| Karriem Riggins, der das Album zusammen mit dem Jazzmusiker Robert Glasper | |
| produzierte, verwendet Samples, aber wir haben auch Instrumente | |
| hinzugefügt. Beim Sampling gingen wir ganz unterschiedlich vor, manchmal | |
| sampelten wir Gesang, dann wieder Drumbeats. | |
| Bei manchen Songs hat mir mein Team geraten, auf die vorgesehenen Samples | |
| zu verzichten. Letztendlich habe ich mich durchgesetzt. Ich bin immer | |
| dafür, Samples zu benutzen, weil ich aus der goldenen Ära von HipHop komme. | |
| Aber anders als damals sehe ich mich nicht nur als MC, sondern auch | |
| Musiker, weshalb ich auch gern Instrumente einsetze. | |
| Wenn wir schon von der goldenen Ära sprechen – vergangene Woche ist auch | |
| ein neues Album von A Tribe Called Quest erschienen. Mit den | |
| ATCQ-Mitgliedern, besonders mit Q-Tip, haben sie oft zusammengearbeitet. | |
| Was bedeutet A Tribe Called Quest für Sie? | |
| Eine ganze Menge! Sie haben mich dazu inspiriert, Künstler zu werden. Sie | |
| haben mir geholfen, meine Individualität zu finden. Sie haben mich dazu | |
| gebracht, mich mit Jazz auseinanderzusetzen. Durch A Tribe Called Quest | |
| habe ich erst erfahren, dass man so ungewöhnlich sein kann, wie man will, | |
| und trotzdem alle ansprechen kann. Nicht zuletzt die New Yorker Rapper | |
| haben uns einige der besten Alben aller Zeiten gegeben! | |
| Was, glauben Sie, können Sie mit Musik bewirken? | |
| Ich kann Leute dazu inspirieren, Teil des positiven Wandels auf der Welt zu | |
| sein. Die Musik auf „Black America Again“ wirkt heilsam und aufbauend. Ich | |
| möchte, dass Hörerinnen und Hörer durch meine Musik kennenlernen, wie | |
| vielfältig afroamerikanische Kultur ist – und auch, dass sie eine | |
| Verbindung spüren, dass sie spüren, dass wir alle Menschen sind. | |
| 20 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Yannick Ramsel | |
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