# taz.de -- Volker Beck über Demokratie: „Politik ist kein Biografiestyling�… | |
> Trotz seiner Drogenaffäre will Volker Beck wieder in den Bundestag. Die | |
> Grünen in Nordrhein-Westfalen stimmen über seinen Listenplatz ab. | |
Bild: Der ehemalige innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, trotzt d… | |
taz: Herr Beck, Sie bewerben sich erneut für einen Platz auf der grünen | |
NRW-Landesliste. Sie hatten 2016 ein Verfahren wegen des Kaufs von | |
vermutlich harten Drogen. Wäre für Sie nicht eine Politikpause angebracht? | |
Volker Beck: Gerade jetzt, wo alles, wofür wir gekämpft haben und was wir | |
erreicht haben und was wir noch erreichen wollen, fundamental infrage | |
gestellt wird, will ich vor der Auseinandersetzung nicht kneifen. Viele | |
Leute vertrauen mir als jemandem, der kämpfen kann, sowohl auf den Straßen | |
und Plätzen, im Plenum und am Verhandlungstisch. Deshalb mache ich meiner | |
Partei das Angebot, noch mal vier Jahre für unsere Inhalte zu streiten. | |
Sie haben bisher nicht genau gesagt, was Sie gekauft haben. Warum legen Sie | |
das vor Ihrer Kandidatur nicht offen? | |
Es ist richtig, dass Politikerinnen und Politiker den allgemeinen Gesetzen | |
ohne jeden Abstrich unterworfen sind. Dazu gehören aber auch die gleichen | |
Rechte, nämlich das Recht zu schweigen und das Recht, seine Privatsphäre zu | |
schützen. | |
Sie waren damals innenpolitischer Sprecher. Zu diesem Amt gehört, dass man | |
schon aus Gründen persönlicher Glaubwürdigkeit bestimmte Sachen nicht | |
macht. | |
Ich habe ja die Konsequenzen gezogen und habe mein Amt als innenpolitischer | |
Sprecher abgegeben. Es gab ein Ermittlungsverfahren, das gegen Geldauflage | |
eingestellt wurde. Ich habe auch eingeräumt, dass ich Fehler gemacht habe. | |
Und der Rest betrifft meine Privatsphäre. | |
Cem Özdemir etwa hat nach seiner Flugmeilenaffäre eine politische Auszeit | |
genommen. Fanden Sie das falsch? | |
Jede Situation ist anders. Ich habe andere in ähnlichen Situationen auch | |
öffentlich verteidigt. | |
Ist es für Sie kränkend, nach all den Jahren nicht mehr selbstverständlich | |
für die Landesliste gesetzt zu werden? | |
Niemand ist unersetzlich. Listenaufstellungen sind ein demokratischer | |
Prozess. | |
Das sagen alle … | |
… aber das gehört dazu. Bei meinen ersten drei Listenaufstellungen war | |
nicht klar, ob ich es schaffen werde. 1990 brauchte ich einen vierten | |
Wahlgang, weil jemand meine Wahl wegen meinen Positionen in den | |
schwuleninternen Debatten blockiert hat. 1994 gab es Gegenkandidaturen aus | |
den Bewegungen. 1998 gab es sogar eine Initiative „Beck ab!“ gegen mich, | |
weil ich die Politik eines bestimmten Flügels der Schwulenbewegung nicht | |
unterstützt hatte. | |
Diesmal haben Sie nicht mal ein Votum Ihres Bezirksverbandes bekommen. | |
Ich habe mich darum nicht beworben. Ich will für diese Anliegen kämpfen, | |
aber ich finde es völlig akzeptabel, dass sich die Delegierten ihren Kopf | |
machen und fragen: Sind das tatsächlich unsere Prioritäten? Oder: Wollen | |
wir die durch andere Leute abgebildet sehen? | |
Der öffentliche Eindruck: Die Drogengeschichte hat Sie auch kantiger | |
gemacht, ebenso als Sie 2013 entgegen früherer Dementis zugeben mussten, | |
1988 in einem Buch die „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ gefordert | |
zu haben. Volker Beck war seitdem nicht nur der Teflonpolitiker. Trotzdem | |
gibt es dafür keinen Bonus. | |
Warum sollte es dafür einen Bonus geben? Sicherlich habe ich früher auch | |
Unsinn geschrieben und gedacht. Bei der Pädophiliedebatte war es mein | |
Fehler, dass ich mich zwar schon früh vom absurden Inhalt des Textes | |
distanziert habe, gleichzeitig aber aus meinen Erinnerungen heraus auch die | |
Verfälschungen im Text hervorgehoben habe. Sonst hätte es vielleicht die | |
Berichte im Spiegel oder auch der taz nicht gegeben. Dieser Deutungsstreit | |
überlagert seitdem den Fakt, dass ich bereits in den 80er Jahren einen | |
Bruch gemacht und die Pädophilen mit anderen zusammen aus den Grünen | |
gedrängt habe. | |
Gibt es einen Listenplatz, bei dem Sie sagen, dort anzutreten liegt unter | |
meiner persönlichen Würde? | |
Ich werde nicht ad ultimo kandidieren. Ich mache ein Angebot und werde | |
sehen, wie die Partei darauf reagiert. Und daran werde ich mein weiteres | |
Vorgehen orientieren. Ich kämpfe nicht verbissen darum. Die Partei muss | |
wissen, ob sie das Angebot interessiert. Wenn das nicht so ist, ist das ihr | |
gutes Recht. Da bin ich niemandem böse. Ich weiß auch, was ich meiner | |
Partei zu verdanken habe. | |
Ist es bei Politikern wie bei Sportlern: Es ist schwierig, den richtigen | |
Moment zum Aufhören zu finden? | |
Es geht bei Politik doch nicht um Biografiestyling. Mir geht es um diese | |
Auseinandersetzung mit der politischen Rechten, nicht um mich. Wenn ich die | |
Wahl auf dem Parteitag verliere, habe nur ich verloren. Wenn ich sie | |
gewinne, haben die Leute, die Vertrauen in mich setzen, aus ihrer | |
Perspektive heraus einen, der vier Jahre noch für sie kämpft, gewonnen. | |
Einen weiteren, nicht den Einzigen. Ich glaube, ich bin ein zuverlässiger, | |
nerviger, auch standfester Anwalt für diese Anliegen. Was mir nicht | |
gefällt, ist, so zu tun, alssei es ein Schaden, bei demokratischen Wahlen | |
mal nicht gewählt zu werden. Das dementiert nicht das, was man politisch | |
geleistet hat. Das gehört zur Demokratie. | |
1 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
Martin Reeh | |
Volker Beck | |
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