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# taz.de -- Homophobe Angriffe in Berlin: 113 Mal Hass und Gewalt registriert
> Die Zahl der homophoben und transphoben Übergriffe bleibt auch 2016 hoch
> – und dabei handelt es sich nur um die gemeldeten Fälle.
Bild: Protest gegen Homophobie in Berlin
Das Erlebnis einer Transfrau am Alexanderplatz: Ein Mann spricht sie an,
wird aggressiv. Er schlägt ihr mit der Faust ins Gesicht, dann an die
Brust. „Hure, Hurensohn, du bist doch gar keine Frau“, ruft er. Eine andere
Situation in Neukölln. Bei einer lesbischen Tanzveranstaltung stehen drei
Männer vor dem Fenster. Sie schneiden Grimassen, schlagen die Scheibe ein
und beleidigen die Frauen mit homophoben Sprüchen.
Von diesen Übergriffen aus dem Jahr 2016 berichtete der
Präventionsbeauftragte der Berliner Polizei, Wolfram Pemp, am Dienstag
anlässlich der Verleihung des Respektpreises durch das Bündnis gegen
Homophobie in Moabit. Berlin ist zwar bekannt für seine Liberalität. Laut
dem Lesben- und Schwulenverband LSVD wehten bei den Pride Weeks in diesem
Sommer an 80 Orten in der Stadt Regenbogenflaggen, so viele wie nie zuvor.
Doch Homophobie gehört nach wie vor zum Berliner Alltag.
Pemp zufolge registrierte die Polizei bis Oktober dieses Jahres bereits 113
Straftaten, die sich gegen eine sexuelle Orientierung richteten. Im
Vergleichszeitraum 2015 gab es 107 gemeldete Straftaten. „Die Zahlen sind
ungefähr stabil geblieben“, sagte Pemp. Meistens handele es sich um Taten
wie die geschilderten, aber auch gefährliche Körperverletzungen kämen vor.
Viele der Übergriffe fanden laut Pemp in Mitte, Kreuzberg und Schöneberg
statt, was angesichts der Schwerpunkte der Szene dort nicht verwunderlich
sei.
Die angezeigten Taten dürften nur ein kleiner Teil der Anfeindungen sein,
die Lesben, Schwule oder Transpersonen tatsächlich erleben. Die
Dunkelziffer schätzt man in diesem Bereich als besonders hoch ein.
Nicht nur die Polizei, auch das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo zählt
Übergriffe mit homo- oder transphobem Hintergrund. Obwohl sich Maneo vor
allem an Männer richtet, sind die Zahlen meist etwa doppelt so hoch wie die
Polizei. Im Jahr 2015 kamen die Mitarbeiter auf rund 260 Fälle.
LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert sprach am Dienstag von einer – seiner
Erfahrung nach – anhaltend geringen Anzeigebereitschaft in der Community.
Noch höher sei die Diskrepanz zwischen der Zahl der Vorfälle und den
angezeigten Fällen bei jungen schwulen und transsexuellen Flüchtlingen,
berichtete Steinert: Sie hätten in der LSVD-Beratungsstelle vom Frühjahr
2015 bis zum Frühjahr 2016 rund 130 solcher Fälle gezählt – angezeigt
worden seien aber nur ein bis zwei, sagte Steinert.
## Anzeige lohnt sich
Dabei hat eine Anzeige bei der Polizei für viele Täter durchaus
Konsequenzen: Die Aufklärungsquote liegt in diesem Jahr laut dem
Präventionsbeauftragten der Polizei bislang bei 40 Prozent. Im vergangenen
Jahr habe sie 45 Prozent betragen, so Pemp. Aus polizeilicher Sicht sei das
ein relativ guter Wert. „Es lohnt sich, Strafanzeigen zu erstatten“, so
Pemps Botschaft.
Bislang gibt es bei der Polizei zwei Ansprechpersonen für Lesben, Schwule,
Bi- und Transsexuelle. Seit etwa einem Monat gebe es nun zusätzliche
Ansprechpartner in allen sechs Direktionen, berichtete Pemp. Zudem seien
Delikte der Hasskriminalität seit kurzem in einem Kommissariat
zusammengefasst. „Wir erhoffen uns dadurch eine erhöhte Sensibilität und
einen professionelleren Umgang mit diesen Taten.“
Der Respektpreis, den das Bündnis gegen Homophobie jährlich verleiht, ging
am Dienstag an Gerd Liesegang, Vizepräsident des Berliner
Fußball-Verbandes, der sich seit Jahren für Gleichbehandlung und gegen
Gewalt im Fußball engagiert. Die Begründung der Jury: „Liesegang setzt
klare Zeichen für Toleranz und zeigt, wie man in führender Position
gesellschaftliche Verantwortung übernehmen kann.“
22 Nov 2016
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Homophobie
Übergriffe
Polizei Berlin
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Lesestück Meinung und Analyse
Homophobie
Homophobie
Sexuelle Übergriffe
Polizei
Judentum
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