# taz.de -- Pädagogin Heike Radvan über Homophobie in Meck-Pomm: „Nicht Han… | |
> Eine Studie geht zum ersten Mal umfassend der Frage nach, wie homophob | |
> und trans*feindlich Mecklenburg-Vorpommern ist. | |
Bild: Knutschen auf der Straße: in Mecklenburg-Vorpommern für viele Schwule, … | |
taz: Frau Radvan, wie homophob ist Mecklenburg-Vorpommern? | |
Heike Radvan: Gewalt und Diskriminierungen sind nicht alltäglich. Wir haben | |
in unserer Studie zum ersten Mal umfangreich nach dem Alltag von Lesben, | |
Schwulen und Trans* (LST) gefragt. Und zwar mit einem besonderen Fokus auf | |
Diskriminierungserfahrungen. Obwohl es diskriminierungsfreie Räume in | |
Mecklenburg-Vorpommern gibt, wird der Alltag der LST aber trotzdem durch | |
die Erinnerungen an eigene schlechte Erfahrungen oder das Wissen um die | |
Diskriminierung von Freunden strukturiert. | |
Was bedeutet das? | |
Das macht was mit dem Lebensgefühl der Leute. Die Studie ist aber nur | |
teilweise repräsentativ. | |
Warum? | |
Wir haben uns aus inhaltlichen Gründen für qualitative Methoden | |
entschieden. Wenn ich zu Diskriminierungen forsche, ist es einfach in den | |
meisten Fällen sinnvoll, mit Fragebögen oder lebensgeschichtlichen | |
Interviews zu arbeiten. Zwei unserer Befragungen sind aber repräsentativ: | |
eine zum Alltag homo- und bisexueller Menschen in Rostock und eine | |
vergleichende Studie an zwei Schulen in Mecklenburg-Vorpommern zum Umgang | |
mit Lesben, Schwulen und Trans*. | |
Unterscheiden sich die Ergebnisse je nach Methode? | |
Ergebnisse aus den repräsentativen Befragungen finden sich auch in den | |
später geführten Interviews wieder. Es verdichtet sich also. | |
Machen LST in Mecklenburg-Vorpommern denn nun andere Erfahrungen als in | |
Hamburg, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen? | |
In diesem Umfang liegt eine solche Studie in keinem anderen Bundesland vor. | |
Die Frage ist also schwierig zu beantworten. Unsere Studie sagt vor allem | |
etwas über den ländlichen Raum. Dort gucken die Menschen ganz genau, ob sie | |
Händchen halten oder sich öffentlich küssen. | |
Und entscheiden sich dagegen? | |
Ein Befragter hat uns zum Beispiel gesagt: „Ich würde nicht mit meinem Mann | |
Hand in Hand in MV unterwegs sein.“ In bestimmten Gegenden von Rostock und | |
Greifswald mag das anders sein. Ob mir das aber nicht auch im ländlichen | |
Raum Schleswig-Holsteins passieren kann, kann ich mit unseren Ergebnissen | |
nicht sagen. | |
Welche Forderungen an die Politik leiten Sie ab? | |
Defizite gibt es im öffentlichen Bereich: LST-Themen sind nicht | |
selbstverständlich in öffentlich geförderten Institutionen wie kulturellen | |
Einrichtungen oder in der Verwaltung angekommen. Ein besonderes Defizit | |
haben wir im psycho-sozialen und medizinischen Bereich. | |
Was fehlt? | |
LST müssen nach Berlin oder Hamburg fahren, um sich medizinische und | |
psycho-soziale Unterstützung zu holen. Therapeuten mit diesen Schwerpunkten | |
auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern zu finden, ist ein echtes Problem. | |
Gibt es da eine Lösung? | |
Dagegen hilft eine Stärkung der Selbstorganisation von LST auch in | |
kleineren Städten und eine bessere Ausbildung von Medizinern und Pädagogen. | |
Aber auch kulturelle Einrichtungen und Verwaltungen müssen sich | |
verantwortlich fühlen und mal eine Lesung einer lesbischen Autorin | |
organisieren. Unsere Interviews zeigen, dass das Menschen in der | |
Coming-out-Phase hilft. | |
Wieso hilft eine Lesung? | |
Weil sie dadurch merken, dass sie nicht völlig verlassen sind und nicht | |
weggehen müssen. | |
Wieso denn weggehen? | |
Das ist auch ein Ergebnis unserer Studie: Die Leute verlassen ganz bewusst | |
das Bundesland aufgrund von Diskriminierungen. Sie gehen weg, weil sie als | |
komisch, als anders angesehen werden. | |
13 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Hannes Stepputat | |
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