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# taz.de -- Debatte US-Außenpolitik unter Trump: Präsidiale Atombombe
> Man sollte Donald Trumps potenzielle Außenpolitik nicht verharmlosen: Er
> redet vom Dritten Weltkrieg und vom Einsatz der Bombe.
Bild: Auch Clinton ist gewiss kein Engel
Es sind in Europa, in Deutschland zumal, gar nicht so wenige, die – wie
jüngst Jakob Augstein in [1][seiner Spiegel-Online-Kolumne] – allen Ernstes
die Auffassung vertreten, im Sinne des Weltfriedens sei die Wahl des
republikanischen Kandidaten Donald Trumps der Demokratin Hillary Clintons
vorzuziehen. Der Grund: Sie sei eine Falkin, eine Hardlinerin und
entschiedene Befürworterin US-amerikanischer Militärinventionen. Trump
hingegen „will Amerika aus den Händeln der Welt eher heraushalten, es
keinesfalls tiefer verwickeln“, schreibt Augstein.
Lassen wir einmal dahingestellt, ob ein Rückzug der USA wirklich so
uneingeschränkt positiv für den Weltfrieden wäre. Schließlich gibt es gute
Gründe für die Analyse, gerade der unter Barack Obama eingeleitete Rückzug
der USA aus dem Nahen und Mittleren Osten etwa habe jenes Vakuum
geschaffen, das andere so erfolgreich und mit bekanntem Ausgang besetzen
konnten.
Viel wichtiger aber: Nichts spricht dafür, dass ein Präsident Trump die
US-Außenpolitik friedfertiger gestalten würde. Allein die Tatsache, dass er
von nahezu keinem einzigen außenpolitischen Bereich auch nur den Hauch
einer Ahnung zu haben scheint, ist ja kein Garant für militärische
Zurückhaltung – im Gegenteil.
Im Klartext: Trump spricht seit Monaten davon, das US-Militär sei
unterfinanziert und unter Obama zur Lachnummer verkommen. Er will den
Militäretat signifikant aufstocken, will die Zahl der Soldaten im aktiven
Dienst von 490.000 auf 540.000, die der Kriegsschiffe von 270 auf 350 und
die der Kampfjets von 1.100 auf 1.200 erhöhen. Alles nur zur
Landesverteidigung im Angriffsfall?
## Kenntnisstand eines Siebtklässlers
Warum sollte irgendjemand glauben, ein Kandidat, der seinen Wahlkampf
darauf aufbaut, „Amerika wieder groß“ zu machen und Obama als „schwachen…
Präsidenten geißelt, weil der aufgrund seiner zögerlichen Haltung den
Respekt der Welt verloren habe, werde die US-Militärmacht nicht
rücksichtslos benutzen?
Man muss gar nicht auf jene furchterregende Anekdote zurückgreifen, Trump
habe während eines seiner ersten Sicherheitsbriefings im Sommer mehrmals
nachgefragt, warum die USA ihre Atomwaffen denn nicht einsetzten, wenn sie
schon mal welche hätten. Es genügt eigentlich schon zu wissen, dass er auf
dem außen- und sicherheitspolitischen Kenntnisstand eines Siebtklässlers
ist, um die Gefahr zu erkennen. Denn selbst wenn man überzeugt ist, Trumps
werde als Präsident schon nicht aus einer Laune heraus militärischen Unsinn
anstellen: Mehr als jeder seiner Vorgänger würde Trump von Beratern
abhängen.
Die allermeisten republikanischen Verteidigungs- und Außenpolitikexperten
haben sich längst mit Grausen von ihm abgewandt. Nur einer hält weiter zu
ihm, auch wenn er offiziell nicht zu Trumps Beraterstab gehört: Newt
Gingrich. Neben Chris Christie und Rudy Giuliani ist der ehemalige Sprecher
des Repräsentantenhauses das größte politische Schwergewicht an Trumps
Seite – und ein Kriegstreiber, dem George W. Bush zu zurückhaltend war.
Will man so jemanden wirklich in einflussreicher Position sehen?
Im Übrigen: Trump wettert gegen den Nukleardeal mit dem Iran, er will China
wegen Wechselkursbetrug verklagen, er hält den Klimawandel für eine
Erfindung und will aus dem Pariser Abkommen wieder heraus; er will die
Öffnung zu Kuba rückgängig machen, die Folter im Kampf gegen den Terror
wieder einführen, das Gefangenenlager Guantánamo offenhalten und womöglich
erweitern – wie engstirnig muss man denken, um zu glauben, der Frieden wäre
mit Trump sicherer?
## Angeblicher Dritter Weltkrieg
Das Hauptargument: Clinton. Als Senatorin stimmte sie für den Irakkrieg,
als Außenministerin für die Intervention in Libyen. Sie war gegen Obamas
Truppenrückzug aus Irak und Afghanistan, warb für die Bewaffnung von
Rebellen in Syrien – und ja, sie ist dort für Flugverbotszonen und für eine
härtere Gangart gegenüber Russland.
Mit Ausnahme von Letzterem ist Trump in diesen Punkten mit ihr völlig einer
Meinung – oder war es jedenfalls, wenn gefragt wurde. Noch vor ein paar
Monaten wollte er mit Bodentruppen in Syrien gegen das Assad-Regime kämpfen
und sich anschließend der Bedrohung durch den „Islamischen Staat“ (IS)
annehmen – inzwischen will er mit Russland und Assad gegen den IS kämpfen.
Nach dem Anschlag von Nizza redete er auf dem Sender Fox News dem
konservativen Moderator Bill O’Reilly nach dem Mund und erklärte, man
befinde sich im Dritten Weltkrieg, jetzt müsse die Nato den
Verteidigungsfall ausrufen und der Präsident solle vom Kongress eine
Kriegserklärung verlangen. Man kann froh sein, dass O’Reilly auf die Frage
verzichtete, ob nicht auch der Einsatz von Atombomben angebracht sei. Trump
hätte wohl ja gesagt.
Hillary Clinton ist tief in der bisherigen Außen- und Militärpolitik der
USA verwurzelt. Ja, sie setzt auf Kontinuität, sowohl in den Bündnissen als
auch in der Art des Einsatzes militärischer Gewalt. Aber: Die
US-Bevölkerung, das zeigen konstant alle Befragungen seit rund zehn Jahren,
ist kriegsmüde. Eine Präsidentin, die wiedergewählt werden will, wird das
bedenken – zumal Clinton den Ruf als Hardlinerin bereits hat, sie muss kein
Extratestosteron vorzeigen, um sich als erste weibliche Oberkommandierende
Respekt zu verschaffen.
## Druck der Bernie-Sanders-Linken
Auf ihrer Agenda stehen gerade in der ersten Amtszeit vor allem
innenpolitische Themen. Das war noch bei Barack Obama anders: Er hatte
seinen Wahlkampf 2008 nicht zuletzt mit dem Ärger der US-Amerikaner über
den Irakkrieg gewonnen. Osama Bin Laden fangen und die US-Truppen nach
Hause zu holen – das hatten für ihn Priorität. Für Clinton steht anderes
an, und dafür wird nicht zuletzt der Druck der Bernie-Sanders-Linken
sorgen: Migrationsreform, Bildungsreform, Infrastrukturinvestitionen.
Allerdings stimmt freilich auch, dass sie das syrische Drama als
Konfliktfeld erben wird. Wie sie sich dazu verhält, wird ihre Amtszeit
außenpolitisch definieren. Obamas Hin und Her hat mit zur Eskalation in
Nahost beigetragen. Clintons Nachteil: Die Lage ist verfahren. Ihr Vorteil:
Sie kann es kaum schlechter machen.
27 Oct 2016
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/was-fuer-donald-trump-spricht-kom…
## AUTOREN
Bernd Pickert
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