# taz.de -- Hillary Clinton und die US-Amerikaner: Eine Frau verfolgt sich selb… | |
> Im Präsidentschaftswahlkampf in den USA agiert Donald Trump immer wirrer. | |
> Trotzdem fällt es Hillary Clinton schwer, ihn zu schlagen. Warum? | |
Bild: Hillary Clinton ist vielen US-Amerikanern suspekt. Doch Trump mögen sie … | |
E-Mails verfolgen sie. Am Vorabend der vorletzten Präsidentendebatte hat | |
Wikileaks erneut für die Enthüllung von Informationen gesorgt, die Hillary | |
Clinton unter Verschluss halten wollte. | |
[1][Dieses Mal sind es Details] aus Reden, die sie vor Investmentbankern | |
gehalten hat, für die sie mit 225.000 Dollar die Stunde honoriert wurde und | |
in denen sie Dinge gesagt hat, die ihren Wählern nicht gefallen würden. | |
Doch vor den mehr als 60 Millionen Zuschauern der Debatte will Hillary | |
Clinton sich wieder nicht zu ihren Wall-Street-Reden äußern. Stattdessen | |
stürzt sie sich auf Russland, wo sie die Verantwortlichen für das Hacking | |
vermutet: „Nie in der Geschichte hat ein Gegner, eine ausländische Macht, | |
so hart gearbeitet, um das Ergebnis unserer Wahlen zu beeinflussen.“ | |
Was die Kandidatin als Frage von internationaler Spionage und nationaler | |
Sicherheit behandeln möchte, ist für viele ihrer Landsleute ein weiteres | |
Mosaikstück im Charakterbild ihrer wahrscheinlich künftigen Präsidentin. | |
Die meisten haben in den fast zwei Jahren dieses Wahlkampfs mehr politische | |
Diskussionen gehört, als ihnen lieb ist. Im Endspurt dieser Konfrontation | |
geht es ihnen vor allem um die Persönlichkeit der beiden verbleibenden | |
Kandidaten. | |
Was sie sehen, ist die Alternative zwischen einem Mann, der ein sexuelles | |
Raubtier und Bully – ein Schulhofschläger und Raufbold – ist, und einer | |
hoch qualifizierten Frau, der sie misstrauen. | |
## Niemand hat mehr Erfahrung | |
Hillary Clinton war Unternehmensanwältin, war First Lady in Arkansas und im | |
Weißen Haus, war Senatorin, war Außenministerin. Niemand im Rennen hat mehr | |
Erfahrung. Niemand kennt die Gesetze und ihre Genese besser. Und niemand | |
hat so gute Kontakte zu den Chefs und Entscheidern in Washington und im | |
Rest der Welt. Diese Dinge sind selbst bei hartgesottenen Trump-Anhängern | |
unumstritten. Die Frage ist bloß, ob sie darin Qualitäten erkennen oder | |
Nachteile, weil sie das „Establishment“ stürzen wollen, zu dem Hillary | |
Clinton gehört. | |
Auch darüber, was Hillary Clinton in ihren fast vier Jahrzehnten im | |
öffentlichen Leben nicht hingekriegt hat, sind sich Freunde und Gegner | |
einig. Sie ist weder „cool“ noch beliebt. Es ist ihr nicht gelungen, die | |
Herzen der US-Amerikaner zu erobern. Die halten sie zwar für kompetent. | |
Aber sie finden sie steif, distant und – was am schwersten wiegt – nicht | |
ehrlich. | |
Freunde und Mitarbeiter von Hillary Clinton schwärmen von einer | |
warmherzigen, einfühlsamen und humorvollen Person. Doch in der | |
Öffentlichkeit lässt sie nichts davon durchscheinen. Da hält sie sich an | |
Redevorlagen, die klingen, als wären sie so lange durch Filter von | |
Fokusgruppen und professionellen Beratern gepresst worden, bis nichts | |
Spontanes mehr bleibt. Nur in Ausnahmefällen erzeugt sie Gefühlsausbrüche | |
bei ihrem Publikum. | |
## Tränen fließen – das ist selten bei ihr | |
Einmal geschieht das in Nevada. Da erzählt die zehnjährige Karla Ortiz von | |
ihrer Angst, dass ihre Eltern abgeschoben werden. Als sie zu schluchzen | |
beginnt, holt Hillary Clinton das Mädchen zu sich, umarmt es, nimmt es auf | |
den Schoß und verspricht ihr, dass sie sich für die Eltern einsetzen wird. | |
„Ich werde alles dafür tun, dass du dir keine Sorgen machen musst“, sagt | |
sie. Im Raum fließen Tränen. | |
Bei den meisten Auftritten von Hillary Clinton sind andere für das | |
Emotionale zuständig. Die Mütter von Afroamerikanern, die von der Polizei | |
getötet worden sind. Oder First Lady Michelle Obama, die Sympathieträgerin, | |
die erklärt, dass Hillary Clinton ein Rollenvorbild ist. | |
Hillary Clinton hat ein politisch schwieriges Image in den USA. Schon in | |
den 90er-Jahren im Weißen Haus erreichte sie Unbeliebtheitsrekorde. Damals | |
empörten sich die einen darüber, dass ihre First Lady in der Politik | |
mitmischte, anstatt das Land mit Schönheit und gutem Essen zu | |
repräsentieren, die anderen, dass sie mit der Gesundheitsreform scheiterte. | |
Den einen war sie zu fortschrittlich, den anderen nicht links genug. Sie | |
polarisierte ihre Landsleute in einer Art, wie ihr Mann es nie tat. | |
## „Hillary Hating“ wurde Volkssport | |
Ihr galten die aggressivsten Karikaturen, und das „Hillary Hating“ wurde | |
Volkssport. Ihr einziger Höhenflug in jenen Jahren war die Folge einer | |
Erniedrigung. Es war der Moment, in dem herauskam, dass ihr Mann ein | |
Verhältnis mit einer Praktikantin im Weißen Haus gehabt hatte. Als sie sich | |
entschied, bei ihm zu bleiben, stieg sie vorübergehend in der nationalen | |
Beliebtheit auf. | |
Auf dem Höhepunkt jener Kurve ließ Hillary Clinton sich im Jahr 2000 als | |
Senatorin für den Bundesstaat New York in den Kongress wählen. Doch als sie | |
2008 zu ihrem nächsten Karriereschritt ansetzte und versuchte, als | |
Präsidentin ins Weiße Haus zurückzukehren, holte ihr altes Manko sie wieder | |
ein. | |
Schon damals war sie die qualifiziertere und erfahrenere Kandidatin der | |
Demokraten, aber gegen dem jungen Barack Obama mit dem gewinnenden Lächeln | |
und der umwerfenden Lockerheit, der zudem nicht wie sie für den Irakkrieg | |
gestimmt hatte, war sie chancenlos. Bei einer Fernsehdebatte reagierte | |
Hillary Clinton auf den Hinweis eines Moderators, ihr fehle die | |
„Likeability“, mit einem scheu wirkenden Augenaufschlag und sagte: „Das | |
verletzt meine Gefühle.“ Barack Obama, der neben ihr stand, kritzelte auf | |
ein Blatt Papier, blickte kurz auf und sagte wie nebenbei: „Du bist | |
sympathisch genug, Hillary.“ | |
## Trump ist noch unbeliebter | |
Die Szene war hart. Aber im Vergleich zu der Stimmung des Jahres 2016 wirkt | |
sie geradezu idyllisch. Hillary Clinton ist immer noch nicht beliebt, aber | |
sie hat es jetzt mit einem Gegenspieler zu tun, der noch unbeliebter ist | |
als sie. | |
Seit nur noch die beiden unsympathischen Kandidaten im Endspurt sind, | |
spielt dieses Thema eine untergeordnete Rolle. Die Vertrauenswürdigkeit ist | |
in den Vordergrund gerückt, die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit. | |
Das ist ein Bereich, in dem Hillary Clinton Ballast angesammelt hat, seit | |
sie zum ersten Mal im Weißen Haus war. | |
Damals ging es um den – beinahe täglich in den Medien berichteten, aber nie | |
gerichtlich bestätigten – Verdacht, dass sie und ihr Mann in Arkansas von | |
Insidergeschäften und Vetternwirtschaft profitiert hätten. In Hillary | |
Clintons Jahren als Außenministerin kam mehr dazu. Selbst im laufenden | |
Wahlkampf hat sie den Haufen weiter wachsen lassen und Donald Trump | |
Munition geliefert. Er nennt sie „crooked Hillary“ – betrügerische Hilla… | |
Und lässt seine Anhänger bei Meetings minutenlang „Sperrt sie ein!“ | |
skandieren. | |
## Zu feministisch, zu mächtig… | |
Hillary Clinton ist in ihrer Karriere vielfach mit Vorurteilen gegen Frauen | |
konfrontiert gewesen. In Arkansas war sie den Südstaatlern zu feministisch | |
und hippiemäßig – bis sie anlässlich einer Kandidatur ihres Mannes ihr Haar | |
aufhellte, ihre Brille durch Kontaktlinsen ersetzte und in der | |
Designerkleidung auftauchte, die sie seither trägt. | |
Im Weißen Haus war sie vielen zu mächtig – bis sie sich einem Berater ihres | |
Mannes fügte, der zur Verbesserung der politischen Zusammenarbeit mit den | |
Republikanern im Kongress vorschlug, dass Hillary Clinton im Hintergrund | |
verschwand. Das hat Narben hinterlassen. | |
In diesem Wahlkampf wird sie durch eine andere Lupe betrachtet als Donald | |
Trump. Bei ihr hören manche Kommentatoren eine „harte“ oder „schrille“ | |
Stimme und bemerken, dass sie so streng blickt. Und wenn er von ihrer | |
angeblichen „Schwäche“ und „fehlenden Ausdauer“ spricht, bedeutet das … | |
allem, dass für ihn der Präsident ein Mann ist. | |
Doch mit den Zweifeln an ihrer Glaubwürdigkeit kann Hillary Clinton sich | |
weder hinter Donald Trump noch hinter dem Sexismus im Land verstecken. Das | |
brockt sie sich selbst ein. | |
## Selten gib sie Fehler zu | |
Sie bringt sich immer wieder in Situationen, die das Potenzial zu Skandalen | |
haben. Wenn sie deswegen kritisiert wird, reagiert sie zunächst überhaupt | |
nicht oder ausweichend. Dann ist sie empört darüber, dass es jemand wagt, | |
ihr Fehlverhalten vorzuwerfen. Selten gibt sie einen Fehler zu und legt | |
ihre Karten auf den Tisch, um größeren Schaden abzuwenden. | |
Bei dem neuen Ballast, den Hillary Clinton in den Jahren seit ihrer letzten | |
Präsidentschaftskandidatur angesammelt hat, geht es um so unterschiedliche | |
Dinge wie den E-Mail-Server, den sie an ihrem privaten Wohnsitz | |
eingerichtet hat, um ihre Kommunikation als Außenministerin abzuwickeln. Es | |
sind die hochdotierten Reden, die sie für Wall-Street-Banker, andere | |
Unternehmen und Privatuniversitäten gehalten hat, während sie sich auf | |
ihren neuen Präsidentschaftswahlkampf als „Progressive, die Dinge erledigt“ | |
vorbereitete. Und die beschönigenden Auskünfte über ihre Gesundheit. Immer | |
wiederholt sich ein Motiv, das in der Öffentlichkeit im besten Fall wie das | |
Zurückhalten von Informationen ankommt, im schlechtesten jedoch wie Lügen. | |
Der Chef des FBI, James Comey, hat Hillary Clinton bei einem Hearing im | |
Kongress im Sommer bescheinigt, dass sie „nicht die Wahrheit“ gesagt habe, | |
als sie erklärte, über ihren privaten Server sei kein Geheimmaterial | |
gegangen. Der Kongress hatte Comey vorgeladen, nachdem das FBI Tausende von | |
E-Mails geprüft hatte, die während Hillary Clintons Jahren als | |
Außenministerin über den privaten Server gegangen waren. Dabei kam das FBI | |
zu dem Ergebnis, dass die Außenministerin „extrem leichtsinnig“ mit | |
Geheimmaterial umgegangen sei. Aber von einer Anklage sah es ab. | |
## Clintons E-Mail-Affäre | |
Der private E-Mail-Server war die Ausnahme, bei der Hillary Clinton zugab, | |
dass seine Einrichtung ein Fehler war. Aber sie wartete monatelang bis sie | |
dieses Eingeständnis bei einer Pressekonferenz auf der | |
UN-Weltfrauenkonferenz machte. Und sie vermittelte den Eindruck, es handele | |
sich um Lappalien. Es war das letzte Hindernis, das sie vor dem offiziellen | |
Beginn ihrer Präsidentschaftskampagne aus dem Weg räumen wollte. | |
Doch es war schon zu spät. Die Republikaner im Kongress hatten sich längst | |
auf die „E-Mail-Affäre“ gestürzt und sich auf die ehemalige Außenministe… | |
eingeschossen, von der sie wussten, dass sie eine gefährliche Gegnerin für | |
jeden republikanischen Präsidentschaftskandidaten werden würde. Im | |
Hintergrund hatten Hillary Clintons Anwälte 30.000 E-Mails, die sie als | |
„privat“ einstuften, von dem privaten Server gelöscht. Nur die restlichen | |
E-Mails gaben sie an das Außenministerium zurück, wo ebenfalls eine | |
Untersuchung lief, und von wo die E-Mails an den Untersuchungsausschuss des | |
Kongress gingen. | |
„Die E-Mails haben ihr politisch enorm geschadet“, sagt Paul Begala, der in | |
den 90er Jahren Bill Clinton beraten hat und heute in der Lobbygruppe | |
„Priorities USA“ für Hillary Clinton arbeitet. Als wären die parallelen | |
Untersuchungen im FBI, im Außenministerium und im Kongress noch nicht | |
genug, hielt die Kandidatin stur an ihrer Version fest. Wenige Tage nach | |
Comeys Auftritt im Kongress interpretierte Hillary Clinton in einem | |
Interview die Auskunft des FBI-Direktors in ihrem Sinne um. „Er hat | |
bestätigt, dass ich die Wahrheit gesagt habe“, erklärte sie einem | |
Journalisten, der ihr kopfschüttelnd gegenüber saß. | |
## Wall Street umgarnen oder kontrollieren? | |
Auch die anderen E-Mails, die am Vorabend der Debatte geleakt wurden, | |
schwächen Hillary Clinton politisch. Danach hat sie fünf Jahre nach der | |
Rezession, die von der Wall Street kam und Millionen Menschen ins Elend | |
gestürzt hat, vor der Investmentbank Goldman Sachs erklärt, Selbstkontrolle | |
könne Crashs vermeiden, denn „die Leute, die im Finanzsektor arbeiten, | |
kennen die Branche besser als jeder andere“. Sie sagte, Präsident Obama | |
habe die Gesetze zur Kontrolle der Wall Street eingeführt, um die | |
Öffentlichkeit zu beruhigen. Vor einer anderen Bank verriet sie, 2013 war | |
das, dass sie von einem „hemisphärischen Freihandel mit offenen Grenzen“ | |
träume. | |
Solche Worte vor zahlendem Publikum aus Spitzenverdienern passen nicht zu | |
dem, was Hillary Clinton wenige Monate später vor Wählern sagen sollte, | |
deren Stimme sie haben will. Da ist sie eine Verteidigerin der Interessen | |
der verarmten Mittelschicht und konkurriert mit dem demokratischen | |
Sozialisten Bernie Sanders darum, wer die Wall Street stärker kontrollieren | |
würde. | |
Die bezahlten Reden waren das Kernstück von Hillary Clintons | |
Geschäftsmodell in der Zeit von ihrem Ausscheiden aus dem Außenministerium | |
und bis zum Beginn ihres Präsidentschaftswahlkampfs. In jenen 26 Monaten | |
nach dem Januar 2013 verdiente sie damit 21,6 Millionen Dollar. „Das | |
verschafft den Zugang zu der möglichen künftigen Präsidentin“, erklärt | |
Frederick Cannon, der Vizevorstandsvorsitzende der Investmentbank Keefe, | |
Bruyette & Woods, dass Wall-Street-Unternehmen so viel für | |
Erfahrungsberichte einer Exaußenministerin zahlen. | |
## Politisch unkluge Reden vor der Wall Street | |
Als ihre linken Kritiker im Vorwahlkampf die Herausgabe der Redetexte vor | |
Wall-Street-Bankern verlangen, lehnt Hillary Clinton ab. Bernie Sanders, | |
der ihre Wall-Street-Auftritte zu einem Debattenthema macht, wirft sie | |
empört eine „kunstvolle Schmierenkampagne“ vor. | |
Auch ihre Anhänger rätseln darüber, warum sie die Redeaufträge von den | |
Bankern so kurz vor Beginn ihres linkspopulistischen Wahlkampfs angenommen | |
hat. „Das war politisch dumm“, sagt der Washingtoner Berater Mike Lux, der | |
im ersten Präsidentschaftswahlkampf von Bill Clinton dabei war und später | |
im Weißen Haus gearbeitet hat. | |
Hillary Clinton sitzt ihre Kritiker aus. Als Wikileaks ihre Reden | |
veröffentlicht, ist auf demokratischer Seite niemand mehr übrig, der ein | |
Interesse an einer inhaltlichen Debatte hätte. Hillary Clintons ehemaliger | |
Rivale Bernie Sanders ist ihr Unterstützer geworden. Ein Zufall trägt dazu | |
bei, dass die geleakten Reden schnell in den Hintergrund geraten. Am selben | |
Tag erfährt die Öffentlichkeit von einem Video aus einem Bus, in dem Donald | |
Trump mit seinen sexuellen Übergriffen auf Frauen prahlt. | |
## Schwächeanfall am 11. September | |
Am 11. September erleidet Hillary Clinton am frühen Morgen einen | |
Schwächeanfall. Sie hat vorzeitig die Zeremonie für die Opfer der Attentate | |
von 2001 verlassen und sackt zwischen zwei Secret-Service-Agenten zusammen. | |
Die beiden hieven sie wie eine leblose Puppe in einen schwarzen Wagen. | |
Weniger als zwei Stunden später taucht sie vor der Wohnung ihrer Tochter in | |
Manhattan auf. Sie lächelt, posiert mit einem Kind und versichert, sie | |
fühle sich „great“. | |
Das Land atmet mit ihr auf, bis bekannt wird, dass Hillary Clinton längst | |
wusste, dass sie eine Lungenentzündung hatte. Aber den Journalisten, die | |
nach ihrem Husten fragten, hatte sie erklärt, es sei eine „Allergie“. Sie | |
witzelte: „Vermutlich bin ich allergisch gegen Donald Trump.“ | |
Für eine Frau, die ihr Leben im Rampenlicht der US-Politik verbracht hat, | |
ist die Energie, mit der Hillary Clinton ihre Privatsphäre verteidigt, | |
erstaunlich. Möglicherweise begann sie damit schon in ihrer Kindheit in der | |
weißen Chicagoer Vorstadt Park Ridge, wo sie fast nie Schulfreunde nach | |
Hause einlud, wo ihr jähzorniger Vater den Ton angab. | |
Auf jeden Fall ging sie am Gouverneurssitz von Arkansas und im Weißen Haus | |
Investigativreportern aus dem Weg. „Ich bin sehr privat“, erklärte sie bei | |
ihrer ersten Pressekonferenz nach mehr als einem Jahr als First Lady. Und | |
begründete das mit ihrer religiösen, methodistischen Erziehung im Mittleren | |
Westen. | |
Doch schon damals verstand sie es, die Medien für Attacken zu nutzen. „Dies | |
ist eine große rechte Verschwörung“, erklärte sie Anfang 1998 in einem | |
Interview, als erste Gerüchte über das Verhältnis ihres Mannes mit einer | |
Praktikantin in den Medien waren, aber ihr Mann noch alles leugnete. Es | |
folgte das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton, das scheiterte, aber | |
seine zweite Amtszeit überschattete. | |
## Die Aussichten | |
Trotz der Bedenken wird Hillary Clinton am 20. Januar 2017 voraussichtlich | |
als erste Frau an der Spitze der USA in das Weiße Haus einziehen. Dafür | |
soll eine nie dagewesene breite Kampagne von Spitzenpolitikern, | |
Institutionen und Medien sorgen, die mit der Wahl die Demokratie | |
verteidigen wollen. Es scheint sogar möglich, dass die Demokratische Partei | |
eine der beiden Kammern im Kongress zurückerobert. Damit hätte die | |
Präsidentin die Rückendeckung, um die Reformen, die sie angekündigt hat, | |
tatsächlich durchzuführen: von der Einführung eines bezahlten | |
Elternurlaubs, über die Anhebung des Mindestlohns bis hin zu einem neuen | |
Einwanderungsgesetz. | |
Die private Hillary Clinton wird ab dann 24 Stunden lang unter permanenter | |
Beobachtung von Medien stehen, die in den 90er Jahren, als sie zuletzt im | |
Weißen Haus lebte, noch in den Anfängen steckten. Und die Wähler werden ihr | |
nicht die Schonfrist von früheren Anfängen gönnen. Diejenigen, die von | |
Bernie Sanders kommen, werden sie an soziale Zusagen erinnern und | |
versuchen, ihren außenpolitischen Interventionismus zu bremsen. | |
Die Konservativen werden dafür sorgen, dass sie in der Mitte bleibt, wo sie | |
die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hat. | |
Und die Anhänger von Trump werden ihre Legitimität bestreiten und die | |
Möglichkeiten von Ermittlungsverfahren testen. | |
Alle werden argwöhnisch verfolgen, ob sie als Präsidentin transparent ist. | |
Hillary Clinton weiß, dass sie mit dem Misstrauen umgehen muss. | |
„Vertrauen“, hat sie bei einem Meeting in Chicago gesagt, „muss ich | |
verdienen.“ | |
24 Oct 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Wikileaks-im-US-Wahlkampf/!5348796 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
US-Wahl 2024 | |
USA | |
Hillary Clinton | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
US-Wahl 2024 | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Donald Trump | |
Barack Obama | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Hillary Clinton | |
US-Wahl 2024 | |
US-Wahl 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Russland und die US-Präsidentenwahl: Märchenstunde in Moskau | |
In russischen Medien ist Trump oft der bessere Kandidat, das US-System | |
korrupt – und Moskau der Ort, in dem Wichtiges entschieden wird. | |
Reaktion auf Clintons E-Mail-Affäre: „Bringt sie nach Guantanamo Bay“ | |
1.000 neue Mails wurden gefunden. Was drinsteht, weiß keiner. Trumps Fans | |
jubeln präventiv – und treten noch aggressiver gegen Hillary Clinton auf. | |
Wahlkampf in den USA: Republikaner kämpfen um Hispanics | |
Die Republikaner wollen auch die Einwanderer aus Lateinamerika für sich | |
gewinnen. Doch mit Donald Trump erweist sich das als fast unmöglich. | |
Debatte US-Außenpolitik unter Trump: Präsidiale Atombombe | |
Man sollte Donald Trumps potenzielle Außenpolitik nicht verharmlosen: Er | |
redet vom Dritten Weltkrieg und vom Einsatz der Bombe. | |
Tierschützer gegen Trump: Großwildjagd und Welpenfabrik | |
Der wichtigste Tierschutzverband des Landes sagt dem | |
Präsidentschaftskandidaten den Kampf an. Auch Trumps Söhne stehen in der | |
Kritik. | |
Barack Obama zu Gast bei Jimmy Kimmel: Well played, Mr. President | |
Barack Obama hat in der Sendung von Jimmy Kimmel gemeine Tweets über sich | |
selbst vorgelesen. Einer der zitierten Nutzer ist kein Unbekannter. | |
TV-Duell Trump gegen Clinton: Gefährlicher Verlierer | |
Hillary Clinton tritt 90 Minuten lang solide auf. Trump gelingt das nicht. | |
Ganz nebenbei stellt er den gesamten demokratischen Prozess in Frage. | |
Wikileaks im US-Wahlkampf: Geld für Clinton von Goldman Sachs | |
Hillary Clinton soll vor ihrer Kandidatur zum Präsidentenamt Reden bei der | |
Investmentbank gehalten haben. Sie ließ sich wohl auch von der Bank | |
bezahlen. | |
Kolumne Macht: Das Lachen wird uns vergehen | |
Es ist einfach zu schön, wie sich Donald Trump selbst demontiert. Doch die | |
Selbstzerstörung der Republikaner wird schlimme Folgen haben. | |
Debatte Rechtspopulismus: Was die Trumps nach oben treibt | |
In den USA punktet Präsidentschaftskandidat Trump mit antidemokratischen | |
Fantasien. Dass das klappt, ist gefährlicher als er selbst. |