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# taz.de -- Gegenwind für Jugendhilfe-Reform: Weniger individuelle Hilfen
> Verbände protestieren gegen Entwurf für Jugendhilfegesetz des
> Familienministeriums. Es drohe die Verstaatlichung der Jugendhilfe. Auch
> CDU-Politiker Weinberg äußert Kritik
Bild: Mutter-Kind-Gruppe statt Einzelfallhilfe: Arbeitsentwurf für Jugendhilfe…
HAMBURG taz | Viel Gegenwind aus Hamburg bekommt Familienministerin Manuela
Schwesig (SPD) für ein geplantes neues Jugendhilfegesetz. „Das, was zurzeit
als Arbeitsfassung vorliegt, ist für uns nicht tragbar, weil wesentliche
Parameter der Kinder- und Jugendhilfe verschoben würden“, sagt der
Hamburger Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg. Er ist familienpolitischer
Sprecher der CDU.
Auch aus der Fachszene rollt eine [1][Protestwelle], schon über 60
Unterzeichner soll eine „[2][Hamburger Erklärung]“ haben, die der
alternative Wohlfahrtsverband Soal initiierte und die am Donnerstag die
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) erreichen soll, wo das Thema
Jugendhilfefinanzierung auf der Tagesordnung steht. Der Appell: Schwesig
möge „die Reißleine ziehen“. Statt wie geplant ein Gesetz noch vor der Wa…
2017 durchzudrücken, benötige man „mehr Zeit, echte Beteiligung und
Dialog“.
Noch gibt es keinen offiziellen Entwurf. Die Aufregung entzündet sich an
dem [3][„Arbeitsentwurf“], den Schwesig am 23. August der Fachwelt
vorlegte. Es sei der Hamburger Senat, der hier „maßgeblich“ seine Ideen
durchsetzte, heißt es in dem Aufruf. Deswegen bezögen nun die Vertreter der
Hamburger Jugendhilfe Stellung.
Zum Beispiel sollen Eltern oder Jugendliche, die zur Alltagsbewältigung
eine sozialpädagogische Einzelhilfe brauchen, vorrangig an Gruppenangebote
verwiesen werden. Das können zum Beispiel Mütter-Kind-Treffs in der Nähe
sein. Und über die Form der Unterstützung – bisher eine Aushandlungsfrage �…
soll künftig das Jugendamt bestimmen. Auch die Rechte der freien
Trägersollen eingeschränkt werden. Künftig könnte eine Kommune einem
Anbieter die Kostenerstattung verweigern, wenn der nicht zum Angebot passt.
Auch über die Finanzierungsform der Angebote entscheidet der Staat allein.
„Für uns ist wichtig, dass es weiterhin individuelle Ansprüche auf Hilfen
zur Erziehung gibt und diese nicht durch allgemeine Leistungs- und
Strukturangebote ersetzt werden“, sagt Weinberg. Und für seine Partei sei
der „kooperative Gedanke“ im Zusammenwirken von Eltern, Kindern, Trägern
und Jugendamt „zentral“.
Statt vom Kind her zu denken, werde „vom Staat aus gelenkt“, kritisieren
auch die Unterzeichner der Erklärung. Dieser Staat sei ein „allmächtiger“,
dem es darum gehe, Kosten in den Griff zu kriegen.
Was nicht ganz stimmt. Die Stadt Hamburg betreibt seit Jahren eine Reform
der „Hilfen zur Erziehung“, basierend auf der Idee, dass nebenher erbrachte
Unterstützung in Sozialräumen wie Bauspielplätzen oder Müttercafés
wirkungsvoller sein kann als spezialisierte Problemdienste. Doch gegen ein
entsprechendes Zwölf-Millionen-Euro-Programm hat ein privater freier Träger
[4][erfolgreich geklagt]. Auch deshalb hat der Senat ein Interesse daran,
die Rechtsverhältnisse zu ändern.
Die Idee der Sozialraumorientierung „ist richtig“, schreibt zum Beispiel
der Sozialwissenschaftler Christian [5][Schrapper] von der Universität
Koblenz-Landau in einer Stellungnahme. Doch Schwesig habe diese
Infrastrukturangebote nicht verbindlich im Gesetz verankert. Sollten
individuelle Hilfebedarfe so befriedigt werden, müsste eine langfristig
gesicherte Finanzstruktur vereinbart sein. Sonst drohe der Spardruck.
Aber der droht sowieso. Denn die Finanzminister liebäugeln seit Längerem
mit einer „Regionalisierung“ der Sozialgesetzgebung, was heißt, dass die
Rechte der Bürger von Land zu Land variieren – je nach Kassenlage. Doch als
sich Bund und Länder Mitte Oktober auf neue Finanzbeziehungen einigten,
fehlte dieser Punkt auf der Beschlussliste. „Die Länder wollten das nicht.
Das ist vom Tisch“, sagt ein Sprecher des Finanzministers.
Nur passt das nicht zu der Botschaft, mit der CSU-Politikerin Gerda
Hasselfeldt am 6. Oktober vor die Presse trat: Junge Volljährige und
unbegleitete Flüchtlinge sollten Hilfen „nur noch in begründeten
Ausnahmefällen“ erhalten. Und für diesen Kreis sollten die Länder die
„Kompetenz“ erhalten, über „Inhalt und Umfang der Leistung selber zu
bestimmen“.
Auf Nachfrage der taz erklärt die CSU-Landesgruppe, es sei in der Großen
Koalition vereinbart worden, „dass Bundesministerin Schwesig hierzu zeitnah
einen Gesetzentwurf erarbeiten soll“. Noch mehr Wasser auf die Mühlen der
Kritiker.
23 Oct 2016
## LINKS
[1] /Neufassung-Kinder--und-Jugendgesetz/!5344434
[2] http://www.soal.de/news/hamburger-erklaerung.html
[3] http://www.afet-ev.de/aktuell/SGB-VIII-Reform/PDF-SGB-VIII-Reform/Arbeitsfa…
[4] /Verwaltungsgericht-kippt-Projekt-der-Sozialbehoerde/!5282982
[5] http://www.afet-ev.de/aktuell/SGB-VIII-Reform/PDF-SGB-VIII-Reform/Schrapper…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Familie
Jugendamt
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Jugendhilfe
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Betrug
Gleichstellung
Jugendschutz
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