| # taz.de -- Hilfe für Familien: Träger verklagt Stadt | |
| > Jugendhilfeträger stellt Eilantrag bei Gericht: Senator soll Richtlinie | |
| > zu Sozialraum-Angeboten zurückziehen. | |
| Bild: Traurig: Das reiche Hamburg beschneidet die Unterstützung für bedürfti… | |
| Der Jugendhilfeträger „Miko“ hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen die | |
| Umsteuerung in der Jugendhilfe eingereicht. Per Eilantrag fordert er, die | |
| entsprechende Globalrichtlinie außer Kraft zu setzen. „Wir sehen Grundsätze | |
| des Kinder- und Jugendhilferechts beschädigt“, sagt Geschäftsführer Michael | |
| Kolle. Seit die Sozialbehörde die Jugendämter angewiesen habe, Familien | |
| vorrangig an Sozialräumliche Hilfen und Angebote (SHA) zu verweisen, | |
| bekämen viele nicht mehr die Unterstützung, die sie brauchen. | |
| „Miko“ ist ein Träger, der unter anderem Sozialpädagogische Familienhilfe | |
| (SPFH) anbietet, bei der Familienhelfer Eltern und Kinder im Alltag | |
| unterstützen. Mit der Globalrichtlinie hat SPD-Sozialsenator Detlef Scheele | |
| verfügt, dass die Bezirke SHA-Projekte aufbauen. Die sollen „verbindliche | |
| Hilfen“ als Alternative zu förmlichen Hilfen zur Erziehung (HZE) anbieten | |
| und damit Kosten senken. Dafür handelt die Behörde mit den Bezirken | |
| Zielzahlen aus. Auch ist die Weiterfinanzierung eines SHA-Angebots daran | |
| gekoppelt, ob im Umfeld die HZE-Zahlen sinken. | |
| Diese neue Art der Steuerung sei rechtswidrig, sagt Professor Knut Hinrichs | |
| von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), der für „Miko“ ein | |
| Gutachten erstellte. Denn die Hilfe müsse bedarfsgerecht sein, Klienten | |
| hätten ein Wunsch- und Wahlrecht. Das gebe es nicht mehr, wenn die | |
| Verweisung an Sozialraumangebote Vorrang vor den Einzelfallhilfen erhält. | |
| ## Unpassende Hilfe | |
| Die Umsteuerung sei bereits in vollem Gange, sagt Kolle. „Klienten, die | |
| früher zu uns kamen, wird jetzt gesagt: Gehen sie doch zum Beratungsangebot | |
| XY.“ Das sei oft nicht die passende Hilfe und führe zur Verfestigung der | |
| Probleme. „Eine Mutter sagte mir: ’Das schaffe ich nicht mit meinen drei | |
| Kindern.‘ Ein halbes Jahr später rief sie wieder an, nun sei eines der | |
| Kinder aus der Familie genommen worden.“ Der Wegfall ambulanter Hilfen | |
| führe zu einem Anstieg bei den Heimunterbringungen. „Das Ganze wird nur | |
| teurer“, sagt Kolle. | |
| Kolles Vorgehen gilt als mutig, weil er sich mit den potenziellen | |
| Auftraggebern anlegt. Ihm sei, sagt er, am Erhalt des bisherigen | |
| Hilfssystems gelegen. Formal nutzt der Träger für die Klage aber einen | |
| anderen juristischen Hebel. Das neue Finanzierungs- und Steuerungsmodell | |
| sei ein Eingriff in die im Grundgesetz geschützte „Berufsausübungsfreiheit�… | |
| und benachteilige die einzelnen, im Wettbewerb stehenden Träger. Das setzt | |
| ihn dem Vorwurf aus, er wolle seine Pfründe retten. | |
| „Miko“ sei ein „gewerbliches Unternehmen, das sein Geld mit ambulanten | |
| Hilfen zur Erziehung verdient“, schickt Scheeles Sozialbehörde ihrer | |
| Stellungnahme voraus. Gegen die Globalrichtlinie sei keine Klage zulässig, | |
| weil sie keine Außenwirkung habe und sich ans Bezirksamt richte, sagt | |
| Sprecherin Nicole Serocka. Die Erfolgsaussichten lägen bei „Null“. | |
| Das sieht Hinrichs anders. Denn wenn Träger bisher gegen Sozialraumsbudgets | |
| klagten – was bereits 2004 in Hamburg der Fall war – bekamen sie Recht. | |
| Hinrichs: „In der Verwaltungsrechtssprechung ist das durchjudiziert.“ Die | |
| Entscheidungen dauerten bis zu ein Jahr. | |
| 22 Jun 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Familie | |
| Sozialbehörde | |
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