# taz.de -- Rechtsanspruch auf Familienhilfe: Kurswechsel befürchtet | |
> Laut einem Behördenpapier überlegen mehrere SPD-regierte Länder, den | |
> Rechtsanspruch von Eltern auf Erziehungshilfe zu kippen. Die GAL ist | |
> strikt dagegen. | |
Bild: Mehr solcher Fälle drohen, fürchten die Grünen: Hinter dieser Tür ver… | |
Seit Jahren schon steigen die Kosten der Hilfen zur Erziehung stetig an. Da | |
Familien einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützung haben, bleibt Städten | |
wie Hamburg kaum etwas übrig, als zu zahlen. Nach Informationen der GAL | |
wollen nun die SPD-regierten Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin über | |
den Bundesrat das Jugendhilfegesetz ändern. | |
Der Rechtsanspruch solle gekippt werden, sagt die GAL-Politikerin | |
Christiane Blömeke. Das geht jedenfalls aus einem Papier hervor, das die | |
Hamburger Sozialbehörde im Mai bei einem Treffen der SPD-Staatsräte in | |
Berlin vorlegt hat. | |
Bis zum Herbst, so heißt es in dem Schreiben, soll eine Arbeitsgruppe der | |
A-Länder "unter Federführung von Hamburg" tagen und unter anderem Eckpunkte | |
für eine Gesetzes-Novellierung erarbeiten. Demnach macht die | |
Erziehungshilfe in Form des individuellen Rechtsanspruchs - und die starke | |
Stellung freier Träger - das System "immer teurer". Die Einzelfallhilfe, | |
bei der Sozialpädagogen in die Familien gehen, laufe "in sehr vielen Fällen | |
ins Leere". | |
Statt eines individuellen Rechtsanspruchs auf diese Hilfe solle es eine | |
"Gewährleistungsverpflichtung" der Kommunen geben, bei Erziehungsproblemen | |
bedarfsgerechte Unterstützung vorzuhalten. Der Sozialarbeiter, der in die | |
Familie geht, würde von der Regel zur Ausnahme, stattdessen soll es | |
Gruppenangebote in Schulen oder Kitas geben, die auch verpflichtend sein | |
sollen. Ferner soll das Gesetz so geändert werden, dass für ganze | |
Stadtteile "Versorgungsverträge mit Trägern" abgeschlossen werden können. | |
Bisher ist das verboten. | |
Die Grünen lehnen diesen Kurswechsel erklärtermaßen ab. Dort, wo sie | |
zusammen mit der SPD regieren, würden sie eine Gesetzesänderung nicht | |
mittragen, sagt GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. "Es ist ein ganz großes | |
Rad, das die SPD hier in Gang setzt." De facto werde "der Rechtsanspruch | |
abgeschafft", so Kerstan. Die genannte Gewährleistungsverpflichtung habe | |
nicht die gleiche Wirkung. | |
Käme die Gesetzesnovelle, würden die Länder sich Jugendhilfe "nur dann | |
leisten, wenn es die Kasse hergibt", ergänzt Blömeke. In der Folge könnte | |
es zu weiteren tragische Fälle von Kindesvernachlässigung kommen, "bei | |
denen man nachher feststellt, dass sie zu verhindern gewesen wären". | |
Auch Blömeke findet es richtig, neue Wege zu gehen und etwa | |
Eltern-Kind-Zentren verpflichtend im Gesetz zu verankern. "Es muss aber | |
auch weiterhin die Familienhilfe geben", sagt sie. Warum, zeige sich bei | |
den Kita-Plätzen: Diese würden in Hamburg erst spürbar ausgebaut, seit es | |
darauf einen Rechtsanspruch gibt. | |
Am heutigen Freitag will Blömeke das Thema im Familienausschuss zur Sprache | |
bringen. Außerdem reicht die GAL eine Große Anfrage an den Senat ein, in | |
der sie auch nach der Wirksamkeit der Familienhilfen fragt. Denn die in dem | |
kursierenden Papier behauptete Erfolglosigkeit sei mitnichten belegt. | |
Sozialbehördensprecherin Julia Seifert sagt, es handle sich nur um ein | |
"Diskussionspapier", das "sehr zugespitzt" sei. Die Staatsräte der | |
SPD-regierten Länder seien sich darin einig, dass die Erziehungshilfen | |
besser gesteuert werden könnten. Die rechtliche Situation stehe dabei | |
"nicht im Vordergrund". Dass es bei den geplanten Beratungen zu einer | |
Gesetzesinitiative kommen könnte, mag Seifert nicht ausschließen. | |
11 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Familie | |
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